Tod Eines Mäzens
Hals. »Ich sollte ja sterben.«
Wir schwiegen eine Weile. Genossen den Augenblick. Kosteten es aus, dass Lucius Petronius Longus noch am Leben war.
»War das«, krächzte er, »meine Toga, die du kaputtgemacht hast?« Eine Toga tragen zu müssen, war ihm zuwider, wie jedem guten Römer. Leider war es ein notwendiges Übel.
»Ich fürchte, ja.« Ich lehnte mich gegen die Außenwand und merkte, dass mir etwas übel wurde. »Total zerrissen, wie’s aussieht. Ich würde dir ja meine geben, aber Nux hat darauf ihren Welpen geworfen.«
Petronius hockte sich hin, er konnte nicht mehr aufrecht stehen, und hielt sich den Kopf mit den Händen. »Wir können uns zueinander passende kaufen, wie beste Freunde.« Eine Pause entstand. Nicht zum ersten Mal in unserem Leben waren wir beste Freunde, denen es ziemlich schlecht ging. Heute konnten wir es nicht mal auf eine ausschweifende Nacht schieben. »Danke, Falco.«
»Dank mir lieber nicht.« Petro hatte einiges abgekriegt, bevor ich eingetroffen war. Er war kurz davor, ohnmächtig zu werden. Ich war zu schwach, um ihm zu helfen, aber ich hörte jetzt die Vigiles die Treppe heraufkommen. »Mein lieber Lucius, ich hab dir noch nicht gestanden, was ich deiner Amphore angetan habe.«
»Doch nicht der mit dem Chalybonium? Den wollte ich wirklich gern mal probieren …«
»Importiert, ja? Muss dich eine Menge gekostet haben!«
»Du verdammte Nervensäge«, murmelte Petronius schwach. Dann fiel er vornüber. Ich hatte keine Kraft, ihn aufzufangen, aber es gelang mir, meinen linken Fuß auszustrecken, sodass sein Gesicht – nicht mehr in diesem erstickten Knallrot – auf meinem Fuß landete. Zumindest war das ein besseres Kissen als der Boden.
XLV
Ich erwachte spät, wieder in meinem eigenen Bett. Meine Schwester Maia hatte den Kopf durch die Schlafzimmertür gesteckt. »Magst du was zu trinken? Ich habe heißen Mulsum gemacht.«
Mit vorsichtigen Bewegungen schlich ich ins Wohnzimmer. Mir tat alles weh, aber es war mir schon schlechter gegangen. Diesmal war nichts gebrochen oder aufgeschlitzt worden. Ich hatte keine inneren Blutungen.
Nux und der Welpe wedelten begeistert mit dem Schwanz. Der Welpe wedelte ständig mit seinem kleinen Wurmfortsatz, aber Nux hieß mich echt willkommen. Julia taperte mit ihrem hölzernen Gehgestell auf Rädern herum, das sie eigentlich nicht mehr brauchte; sie genoss nur den Radau. Maia war offensichtlich zum Aufpassen hier.
Von Helena war nichts zu sehen. »Weißt du, was sie macht?«
»O ja!« , erwiderte Maia nachdrücklich. »Ich weiß genau , was sie im Sinn hat.« Den Becher in beiden Händen, warf ich ihr einen fragenden Blick zu. Ihr Ton änderte sich. »Anscheinend tauscht sie ihr Büchereibuch um.« Wechselte griechische Romane mit Passus aus. Maia hatte offensichtlich nicht vor, mir zu sagen, warum sie so ungehalten geklungen hatte. Irgendwelcher Mädelskram, für den ich noch nicht alt genug war.
»Wie geht’s Petronius?« Die Vigiles hatten ihn gestern Nacht auf einer Trage hergebracht und auf unsere Leseliege gebettet.
»Ist wach.«
»Wach genug, um euch beide im Auge zu behalten«, krächzte er selbst, als er im Türrahmen auftauchte, barfuß, mit nackter Brust und in ein Laken gehüllt. Julia rollte zu ihm hinüber und stieß hart gegen sein Knie. Er zuckte zusammen. Maia deutete auf die Bank neben mir und sah dann wenig hilfsbereit zu, wie Petro quer durchs Zimmer torkelte. Sobald er gelandet war, schenkte er ihr ein breites Grinsen und gab damit zu, dass er beinahe gefallen wäre und sie gewusst hatte, wie knapp es ausgehen würde.
Maia schaute uns an, vom einen zum anderen. »Ihr seid mir ein schönes Paar.«
»Süße kleine Schätzchen?«, schlug ich vor.
»Dämliche Holzköpfe«, höhnte Maia.
Ich fragte mich, wann Helena zurückkam. Ich musste sie sehen. Meine Schwester würde ihre Geringschätzung bald vergessen. Helena, die nie viel sagte, wenn ich in Schwierigkeiten gewesen war, würde sich trotzdem viel länger an dieses Ereignis erinnern und sich größere Sorgen wegen der Gefahr machen, in der ich gewesen war. Jedes Mal, wenn nachts auf der Straße verdächtige Geräusche zu hören waren, würde ich sie in die Arme nehmen und vor der Erinnerung an das Entsetzen der letzten Nacht abschirmen müssen.
Petro griff nach dem Becher, den Maia widerwillig eingeschenkt hatte. Dabei glitt das Laken hinunter und enthüllte ausgedehnte Blutergüsse. Scythax, der Arzt der Vigiles, war letzte Nacht gerufen
Weitere Kostenlose Bücher