Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tod Eines Mäzens

Titel: Tod Eines Mäzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
knallrot angelaufen, sein Gesicht verzerrt vor Anstrengung, sich zu befreien. Ich warf meinen Dolch von der Tür aus; mir blieb keine Zeit, den Raum zu durchqueren. Die sechs Stockwerke, die ich hinaufgerannt war, hatten mich zudem völlig außer Atem gebracht. Der Wurf war schlecht gezielt. Na gut, ich traf daneben. Die Klinge sauste an dem Stiernacken des Mannes vorbei. Aber es war nicht ganz umsonst. Er ließ Petro fallen.
    Im Zimmer lag alles in Trümmern. Petronius musste wach geworden sein, als die Tür eingetreten wurde. Ich wusste, dass er irgendwann auf dem Balkon gewesen war; um Aufmerksamkeit zu erregen, hatte er eine ganze Bank hinuntergeschleudert, sie einfach über die Steinbrüstung gekippt. Beim Herrennen war ich auf der Straße darüber gestolpert und hatte mir schmerzhaft das Schienbein angeschlagen. Das war kurz bevor ich in die Scherben des Blumentopfes trat und mir den Fuß aufschnitt. Petro hatte wirklich alles getan, um die Nachbarschaft zu wecken, bevor er überwältigt wurde. Dann hatte der Riese ihn ins Zimmer gezerrt, und dort fand ich ihn.
    Keiner außer mir war ihm zu Hilfe geeilt. Als ich die Treppe hoch hastete, war mir klar, dass die Leute jetzt wach waren, alle total verängstigt in der Dunkelheit, keiner bereit, sich einzumischen, damit sie nicht selbst getötet wurden. Ohne Marius wäre Petro geliefert gewesen. Jetzt würde der riesenhafte Angreifer uns vielleicht beide abmurksen.
    Milo von Kroton war ein Dreck gegen ihn. Er hätte gegen ein Rhinozeros kämpfen können; beim Festlegen der Wettchancen wären die Tippgeber glatt durchgedreht. Er hätte beim Wagenrennen direkt vor die führende Quadriga treten und sie durch Ergreifen der Zügel anhalten können, ohne sich groß mit dem Rücken oder den gewaltigen Beinen zurückstemmen zu müssen. Ich war durchaus schon Muskelprotzen begegnet, aber der hier übertraf sämtliche Gewichtheberholzköpfe, gegen die ich je hatte antreten müssen.
    Petronius, auch nicht gerade ein Leichtgewicht, lag jetzt zusammengesackt wie eine Lumpenpuppe vor den Füßen des Ungeheuers. Sein Gesicht war verborgen, also wusste ich nicht, ob er tot war. Ein Kiefernholztisch, so schwer, dass wir drei Tage zum Hochschleppen gebraucht hatten, stand hochkant, die Hauptquerstütze gebrochen. Alles, was auf dem Tisch gewesen war, lag am Boden. Mit einer leichten Drehung seines Knöchels schubste der Riese die Trümmer weg. Schwere Tonscherben schlitterten nach allen Seiten. Es schien nicht der richtige Augenblick, ihm mit »Lass uns doch vernünftig darüber reden …« zu kommen.
    Ich schnappte mir eine Amphore und warf sie auf ihn. Sie prallte an seiner Brust ab. Als sie auf dem Boden landete, brach sie entzwei und Wein spritzte nach allen Seiten. Dadurch noch wütender – Petro war ein Weinexperte und das Zeug daher sicher von guter Qualität –, schleuderte ich dem Brutalo einen Hocker ins Gesicht. Er fing ihn einhändig auf und zerquetschte ihn zu Splittern. In meinem alten Büro – denn dort befanden wir uns – hatte es nie sehr viel Möbel gegeben, und jetzt war so gut wie nichts mehr heil.
    Petronius hatte seine Toga an die Innenseite der Tür gehängt. Mit einem Blick auf meine Nacktheit, als würde ich mich dafür schämen, packte ich das große weiße Wollding. Als der Riese auf mich zukam, um auch mir das Lebenslicht auszupusten, wirbelte ich die Toga einmal herum wie ein Mann, der im Tode Sittsamkeit sucht, und klatschte sie ihm dann in die Augen, eine Stoffwolke, die ihn zum Blinzeln zwang. Trotz seiner fuchtelnden Arme gelang es mir, sie ihm wie einen hochgeworfenen Pfannkuchen über den Kopf zu stülpen. Ich duckte mich hinter ihm vorbei und versuchte an meinen Dolch zu kommen. Blut zu vergießen war meine einzige Chance. Sobald er mich packte, war ich verloren.
    Er stolperte herum, kurzfristig in den Falten der Toga verheddert. Ich schnappte mir den Dolch, und da ich nicht an seinen Nacken herankam, stieß ich ihm die Klinge zwischen die gewaltigen Schulterblätter. Mein Dolch hatte schon manch einen Mann getötet, aber ich hätte ebenso gut versuchen können, einem erstklassigen Lendenstück mit einem zierlichen Obstmesser zu Leibe zu rücken. Als er mit einem kleinen irritierten Grunzen herumwirbelte, tat ich das einzig Mögliche und sprang ihm auf den Rücken, was mich vorübergehend aus seiner Reichweite brachte. Ich wusste, dass er mich an die Wand quetschen würde, was bei seiner Kraft tödlich sein konnte. Ich schlang ihm den Arm um den

Weitere Kostenlose Bücher