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Tod Eines Mäzens

Titel: Tod Eines Mäzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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begrüßte mich, hörte, dass ich ein potenzieller Autor war, kein Kunde, und verlor das Interesse. Er führte mich durch einen Durchgang in das dahinter liegende Skriptorium. Es war viel größer, als die Außenfront des Ladens vermuten ließ, ein riesiger Raum voll mit Rohmaterial, saubere Rollen mit sichtbarer Sorgfalt in Regalen aufgestapelt, die allein ein kleines Vermögen an Schreibwaren enthalten mussten. Ein großer Topf mit Klebstoff zum Ausbessern stand in einer Ecke auf einer Kohlenpfanne und verströmte einen unangenehmen Geruch. Es gab auch Behälter für neue Rollstäbe zum Aufwickeln oder Reparieren fertiger Schriftrollen, dazu Körbe mit Endknäufen verschiedenster Art. An einem Seitentisch trug ein Sklave Goldblatt auf die verzierten Endungen einer illustrierten Luxusausgabe auf. Ich sah, dass der Papyrus dicker und glänzender war als gewöhnlich. Vielleicht war es ein Spezialauftrag für einen reichen Kunden. Ein anderer offenbar erfahrener Sklave klebte sorgfältig ein Titelblatt auf eine hochwertige Schriftrolle; das Blatt trug ein kleines Porträt, vermutlich das des Autors – ein Stutzer, der auf dem Bild aussah, als würde er sein Haar mit heißen Eisen locken und hätte eines dieser Brenneisen im Hintern stecken. Ich hätte wetten können, dass ein neuer Autor wie ich nicht damit rechnen konnte, seine Physiognomie irgendwo abgebildet zu finden. Ich würde Glück haben, wenn mein Werk fest zusammengerollt und in eine der einfachen roten oder gelben Papyrushüllen gesteckt wurde, wie die Schriftrollen, die auf einer langen Bank von dem Fertigsteller rasch hineingeschoben und zu Bündeln verschnürt wurden. Er warf sie sorglos in einen Tragekorb, als wäre es Feuerholz.
    Papyrus ist berüchtigt für seine Brüchigkeit. Immer an Fakten interessiert, hatte Helena mir mal beschrieben, wie die zehn Fuß hohen Schilfrohre in ägyptischen Sümpfen geschnitten werden. Dann wird die äußere Hülle vorsichtig entfernt, bis das weiße Mark zum Vorschein kommt, das in Streifen zerteilt und in zwei sich überkreuzenden Lagen in der Sonne zum Trocknen ausgebreitet wird, wobei sich die Lagen durch den eigenen Saft miteinander verbinden. Die trockenen Bogen werden mit Steinen oder Muschelschalen geglättet und zusammengeklebt, zwanzig für eine durchschnittliche Rolle. Die meiste Arbeit wird in Ägypten geleistet, aber heutzutage wird auch zunehmend Papyrus in Rom hergestellt. Der Nachteil ist, dass er beim Transport austrocknet und mit einer besonderen Paste befeuchtet werden muss.
    »›Ägyptische Schreiber‹«, hatte Helena mir aus einer Enzyklopädie, die sie sich aus der Privatbibliothek ihres Vaters geliehen hatte, begeistert vorgelesen, »›beschreiben die Bogen einer Rolle, die rechts über links geklebt ist, weil ihre Schrift so verläuft und ihr Schilfrohr beim Schreiben abwärts über die Verbindungsstellen laufen muss. Griechische Schreiber drehen die Rollen auf den Kopf, damit sich die Verbindungsstellen andersherum überlappen.‹ Marcus, ist dir aufgefallen, dass der Faserlauf auf der Innenseite einer Rolle immer waagrecht ist? Auf diese Weise ist das Risiko geringer, dass die Rolle auseinander reißt, was bei senkrechtem Faserlauf leichter passieren kann …«
    Hier im Skriptorium beugten sich speziell ausgebildete Sklaven über ihre Rollen, folgten fieberhaft dem Diktat eines deutlich, aber sehr langweilig sprechenden Vorlesers. Es gelang ihm wirklich gut, den wahren Sinn zu verhüllen. Ich fühlte mich sofort schläfrig. Die Schreiber arbeiteten mit einer derartigen Geschwindigkeit und mussten dabei gegen diese stimmliche Monotonie ankämpfen, dass es mich nicht mehr wunderte, warum billige Ausgaben so viele Flüchtigkeitsfehler enthielten.
    Das ließ nichts Gutes ahnen. Es folgte Schlimmeres. Euschemon war nicht zugegen, wahrscheinlich immer noch beim Aufspüren schriftstellerischer Talente, aber Aurelius Chrysippus weilte zufällig im Hause. Mir wurde nicht gestattet, allzu lange im Skriptorium rumzuhängen, allerdings musste ich ein paar Minuten warten, bis er einen dunkel gebräunten, unzufriedenen Mann verabschiedete, der wenig sagte, aber offensichtlich in düsterer Stimmung ging. Chrysippus schien die Meinungsverschiedenheit nichts auszumachen, aber der andere hegte einen Groll, das war deutlich zu erkennen.
    Während sich Chrysippus von diesem Kunden verabschiedete, ihm in griechischer Manier ein paar in Honig eingelegte Datteln mit auf den Weg gab, betrachtete ich die Regale

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