Tod Eines Mäzens
als verschlagene politische Spitzel; wir wussten, dass sie unfähige Schläger waren. Sie konnten Feuer löschen. Das war der Hauptgrund für ihre Existenz. Sie waren nur für Recht und Ordnung zuständig geworden, weil die nachts als Feuerwachen patrouillierenden Vigiles in den dunklen Straßen auf so viele Diebe gestoßen waren. Wir besaßen ausgefeiltere Fachkenntnisse. Geschehen Verbrechen ohne Gewaltanwendung, wird den Opfern geraten, sich an uns zu wenden, wenn sie wollen, dass ihre Angelegenheiten mit Finesse gehandhabt werden.
»Tja, vielen Dank, mein Freund. Früher wäre ich froh über das Geld gewesen«, gab ich zu. »Aber die Ermordung eines millionenschweren Ausbeuterkönigs zu untersuchen, geht mir gegen den Strich.«
»Hinzu kommt«, unterstützte Helena mich, »dass es in der Stadt vor erbosten Autoren wimmeln muss, die alle darauf brannten, diesen widerlichen Zeitgenossen in die nächste Kloake zu schubsen. Was ist denn eigentlich mit ihm passiert?«, erkundigte sie sich verspätet. Alle drei brachten wir dem Verleger wenig Sympathie entgegen.
»Der erste Ansatz war ziemlich grob – man hat ihm einen Schriftrollenstab in die Nase gerammt. Dann erwärmte sich der Täter für sein Thema und baute es aus.«
»Nette Metaphern. Du meinst, Chrysippus wurde erschlagen?«
Petro nickte. »Auf die übelste Weise. Jemand wurde immer wütender auf diesen Mäzen der Literatur.«
»Das reicht. Mehr will ich nicht wissen. Ich weigere mich, da reingezogen zu werden.«
»Überleg’s dir noch mal, Falco. Du willst doch nicht, dass ich mich verpflichtet fühle, dem liebenswerten Marponius von deinem Besuch im Skriptorium zu berichten.«
»Das würdest du nie tun!«
»Stell mich auf die Probe«, meinte er mit anzüglichem Lächeln. Das war Erpressung. Er wusste ganz genau, dass ich Chrysippus nicht zu Tode geprügelt hatte, aber er konnte mir das Leben schwer machen. Marponius, der in unserem Bezirk zuständige Magistrat für Mordfälle, würde mich nur zu gern in die Fänge kriegen. Wenn ich meine Hilfe verweigerte, würden die Vigiles den Fall möglicherweise auf die traditionelle Art lösen – einen Verdächtigen finden, behaupten, er habe es getan, und wenn er dem widersprach, ihm die Beweislast aufhalsen. Nicht gerade raffiniert, aber extrem wirksam, wenn sie erpicht darauf waren, gute Aufklärungsraten zu erreichen, und sich weniger dafür interessierten, wer nun wirklich dem Opfer den Schädel eingeschlagen hatte.
Helena Justina schaute mich an. Ich seufzte. »Offenbar bleibt mir nichts anderes übrig, Liebste. Die Vigiles kennen mich, und ich besitze bereits Vorkenntnisse über den Fall. Ich finde«, jetzt an beide gewandt, »dass wir erst mal was trinken sollten. Wir müssen über die Sache reden …«
»Keine deiner Ermittlerspielchen«, wiegelte Petronius grinsend ab. »Ich brauche einen Berater, der die Sache aufklärt, keinen Rumgammler, der hofft, dass die Vierte für seine maßlosen Weinschenkenrechnungen aufkommt.«
»Du hast also ein Budget dafür zur Verfügung?«
»Das geht dich nichts an.«
»Also hast du keines. Du vergreifst dich am Pensionsfonds!«
Wenn Petronius das tat – und ich traute es ihm glatt zu –, war er angreifbar, und ich konnte ihn meinerseits unter Druck setzen. »Lucius, alter Freund, ich brauche freie Hand.«
»Du wirst meinen Befehlen folgen.«
»Vergiss es. Ich verlange mein übliches Honorar plus Spesen – und einen Extrabonus, wenn ich den Mörder zum Geständnis bringe.«
»Na gut, aber häng’s nicht an die große Glocke.«
»Krieg ich Unterstützung?«
»Ich hab niemanden; darum geht es doch, Falco.«
»Ich kann selbst Unterstützung mitbringen – wenn du dafür bezahlst.«
»Ich bezahle dich. Das ist mehr als genug. Fusculus wird dir sicher gerne seine üblichen taktvollen Hinweise und Tipps geben, sollte ich nicht zur Verfügung stehen, wenn du Rat brauchst.«
»Beleidige meine Fachkenntnisse nicht!«
»Pass du nur auf, dass du nicht in irgendwelche Krawalle verwickelt wirst, Falco.«
»Verlange einen Vertrag«, wies mich Helena an, ohne die Stimme zu senken.
X
Die Nachricht hatte sich bereits verbreitet. Der Tatort war durch die große Menge aventinischer Herumtreiber, die ein plötzliches Leseinteresse entwickelt hatten, kaum zu erreichen. Ihre nachmittägliche Unterhaltung bestand darin, sich wie potenzielle Kunden im Laden einzufinden, in den Schriftrollenkörben herumzuwühlen und dabei nach etwas Aufregendem Ausschau zu
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