Tod Eines Mäzens
raubeinigen Männern herumgedreht wurden, die ihre Kleidung überprüfen und sie allgemein einschüchtern wollten. Wir schlossen uns dieser Gruppe an.
»Was für ein Haus!«, rief Fusculus aus.
Innerhalb der Halle stützten Säulen eine Baldachindecke ab. Dadurch entstand eine Art Pavillon in der Mitte des Raumes. Die Außenwände waren dunkel und dramatisch – Friese, Fronten und Sockel in formellen Proportionen und teurer Bemalung, mit der spannungsgeladene Schlachtszenen dargestellt wurden. Wegen der Kolonnaden hatte man das Gefühl, sich im Audienzsaal eines östlichen Potentaten zu befinden. Es hätte unterwürfige Lakaien geben müssen, die ständig auf leisen Sohlen durch die Außengänge huschten. Es hätte einen Thron geben müssen.
»Hatte Chrysippus vor, hier seine hart gekochten Eier zu mampfen, Falco?« Fusculus schwankte zwischen Bewunderung und plebejischer Verachtung. »Mit so was hat meine Oma mich nicht großgezogen! Bei uns gab es altbackene Brötchen auf klumpigen Kissen im Hof unseres Hauses. Wer zuerst kam, erwischte den Schattenplatz. Ich musste immer in der prallen Sonne sitzen.«
Merkwürdigerweise hielt ein verstörter Sklave immer noch ein Bronzetablett mit dem unverspeisten Mittagsmahl umklammert. Er wurde scharf bewacht. Andere, die das Verhör bereits hinter sich hatten, standen in furchtsamen Gruppen zusammen, während ein paar Nachzügler von den Vigiles auf die berüchtigt einfühlsame Weise in die Mangel genommen wurden:
»Also, wo warst du? Lüg mich ja nicht an! Was hast du gesehen? Nichts? Warum hast du nicht die Augen aufgesperrt? Willst du mich zum Narren halten, oder bist du nur einfach blöd? Warum wolltest du dann deinen Herrn umbringen?« Und auf die weinende Versicherung, dass die arme Seele Chrysippus nie etwas Böses hätte antun wollen, kam die barsche Erwiderung: »Hör auf zu heulen. Sklaven sind immer die Hauptverdächtigen, und das weißt du!«
Während Fusculus sich erkundigte, welche Perlen diese kunstvolle Verhörtechnik zum Vorschein gebracht hatte, ging ich zu dem Sklaven mit dem Tablett und winkte seine Bewachung beiseite.
»Hast du den Toten gefunden?«
Der Sklave war ein gallisch aussehendes Klappergestell von etwa fünfzig Jahren. Er stand unter Schock, schaffte es aber, auf eine zivilisierte Frage zu antworten. Ich brachte ihn bald dazu, mir zu erzählen, dass es seine tägliche Pflicht gewesen war, Chrysippus das Mittagsmahl zu servieren. Wenn Chrysippus arbeiten wollte, orderte er ein Tablett aus der Küche, das dieser Bursche auf einen Beistelltisch im Vorraum der lateinischen Bibliothek abzustellen hatte. Sein Herr unterbrach dann die Arbeit, führte sich die Viktualien zu Gemüte und kehrte zu seinem Lesestoff zurück. Heute war das Tablett unberührt, als der Sklave es abholen wollte, und so hatte er es in die griechische Bibliothek getragen, um zu sehen, ob Chrysippus so vertieft war, dass er es vergessen hatte. Das kam zwar selten, aber hin und wieder doch vor, wurde mir gesagt.
»Als du sahst, was passiert war, was genau hast du da gemacht?«
»Bin stehen geblieben.«
»Wie gelähmt?«
»Ich konnte es nicht glauben. Außerdem trug ich ja das Tablett …« Er errötete, merkte jetzt, wie belanglos das klang, wünschte, er hätte es einfach abgestellt. »Ich ging rückwärts raus. Einer von den anderen schaute rein und lief schreiend weg. Leute kamen angerannt. Gleich darauf sausten sie in alle Richtungen. Ich war wie betäubt. Die Soldaten kamen herein, und mir wurde gesagt, ich solle hier bleiben und warten.«
Ich dachte daran, wie still es in der Bibliothek gewesen war, und wunderte mich. Geräusche würden von dort nie bis auf die Straße hinausdringen. »Die Männer in Rot waren aber schnell zur Stelle. Ist jemand aus dem Haus gerannt?«
Sein Blick wurde verschwommen. »Ich glaub schon.«
»Weißt du, wer es war?«
»Nein. Sobald Alarm gegeben worden war, passierte alles auf einmal …«
»War jemand in den Bibliotheken, als du reingingst?«
»Nein.«
»Niemand hat sie verlassen, als du kamst?«
»Nein.«
»War beim ersten Mal jemand da? Ich meine, als du das Tablett gebracht hast?«
»Ich bin nur bis zum Vorraum gegangen. Ich hab niemanden reden hören.«
»Ach ja?« Ich musterte ihn misstrauisch. »Hast du auf Stimmen geachtet?«
»Nur aus Höflichkeit.« Er blieb gelassen bei der Verdächtigung, gelauscht zu haben. »Oft hat der Herr jemanden bei sich. Darum stelle ich sein Mahl ja auch draußen ab, damit er es holen
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