Tod Eines Mäzens
sich Junia bedroht fühlte, ohne zu enthüllen, warum.
»Wie erträgst du deine Witwenschaft, Maia?«
»Ach, mach dir um mich keine Sorgen.«
»Und hier ist der arme kleine Marius!«
Marius schob sich von meinen beiden Schwester weg und lehnte sich an mich. Ich umarmte ihn verstohlen. Da Junia wusste, dass Maia es nicht ausstehen konnte, wenn ihre Kinder mit Leckerbissen überhäuft wurden, bestand sie darauf, ihm ein As aufzudrängen, damit er sich Süßigkeiten kaufen konnte. Marius nahm die Münze entgegen, als wäre sie mit Gift überzogen, und vergaß absichtlich, sich zu bedanken. Junia wies ihn deswegen zurecht, während Maia innerlich schäumte.
Dann sorgte Junia dafür, dass Maia augenblicklich von den Plänen für das Flora erfuhr.
»Ach ja?«, meinte Maia gleichgültig – und sie und ich gingen daran, uns über die Vorstellung lustig zu machen, dass die steife und hochtrabende Junia hinter dem Tresen einer besseren Imbissbude arbeiten wollte.
»Eine Caupona zu führen ist harte Arbeit«, schloss sich Helena uns an.
»Ihr macht euch alle lächerlich«, versicherte uns Junia. »Ich werde das Ganze nur aus der Ferne beaufsichtigen. Das Lokal wird vom Bedienungspersonal geführt.«
Darüber brachen wir in schallendes Gelächter aus. Ich kannte Apollonius, den einzigen Kellner, viel besser als sie und konnte mir nicht vorstellen, dass er mit ihr zurechtkam. Außerdem war Junia berühmt dafür, sich mit Untergebenen zu streiten. »Ich weiß nicht, warum du eine solche Last auf dich nehmen willst«, sagte Helena. Ihre Stimme war trügerisch sanft. »Ich dachte, du sähest deine Rolle im Leben darin, Gaius als gesellige Partnerin zu dienen – eine wahre römische Ehe: das Haus führen, dein Kind versorgen und intime Vertraulichkeiten mit deinem Gatten zu teilen.«
Junia betrachtete Helena mit tiefem Misstrauen. Mein boshaftes Mädchen hatte nur noch den idyllischen Mythos von der »Arbeit an deinem Webstuhl im Atrium« ausgelassen, denn damit wäre ihre Verspottung aufgeflogen. Nicht mal der Ansatz eines Lächelns verriet Helena.
»Junia war schon immer eine unabhängige Frau«, meinte Gaius ölig. »Sie ist so tüchtig, dass wir ihre Talente nicht verschwenden können. Sie wird es genießen, ein eigenes kleines Projekt zu haben.«
»Meiner Erinnerung nach wird es das erste Mal sein, dass unsere Junia sich beruflich betätigt«, höhnte ich. Soweit ich wusste, hatte sie sich Gaius als ehrbaren Interessenten ausgeguckt, als sie etwa vierzehn war. Sie hatte rausgefunden, dass er Waise war und eine eigene Wohnung geerbt hatte. Er war älter als Junia und arbeitete bereits beim Zoll; einen anderen Beruf hatte er nie gehabt. Gaius betrachtete seine Arbeit als lebenslang. Sein Arbeitgeber konnte ihn behandeln wie einen Sklaven, doch Gaius würde ihm nie die Treue brechen. Genauso war es eine Erleichterung für ihn gewesen, dass meine Schwester sich ihn geschnappt hatte. Ich bezweifle, dass er sonst je eine romantische Erfahrung gemacht hätte. Er und Junia hatten in dem Moment, als sie zum ersten Mal Händchen haltend auf einer Gartenbank saßen, mit dem Sparen für schauerliche Möbel und ein achtteiliges Essgeschirr angefangen.
»Verkündet dem Valerius lieber gleich, dass sie mit einer Menge Gäste von gegenüber rechnen können«, witzelte Maia giftig.
»Was ist das Valerius?« Junia hatte die Marktlage offensichtlich nicht überprüft, bevor sie sich Papas Unternehmen eiligst unter den Nagel gerissen hatte. Wir klärten sie auf. Trotzdem verweigerte sie sich nach wie vor allen Hinweisen, dass ihr Wagnis wegen mangelnder Eignung und Unerfahrenheit zum Scheitern verurteilt war. »Ich bin einfach der Meinung, dass wir alle Papa aufmuntern müssen«, verkündete sie selbstgefällig. Wir gratulierten ihr zu ihrer Pietät und ließen es so unaufrichtig wie möglich klingen. Bald darauf verschwand sie mit ihrer Familie.
Sofort erzählte ich Maia von dem kaiserlichen Verbot heißer Speisen im Straßenverkauf. »Vertrau mir. Ich bin rasch dabei, Möglichkeiten für dich zu finden – und noch schneller, um dich vor Fehlern zu bewahren.« Sie bedachte die kommerziellen Folgen und beruhigte sich.
Ich bat Marius, Nux aus dem Schlafzimmer zu retten. Falls sie lebende Welpen zur Welt brachte, hatte ich ihm einen halbwegs versprochen. Er trug Nux herein, setzte sich ruhig mit ihr hin, streichelte sie und sprach leise mit ihr. Nach einer Weile reckte sie die Schnauze hoch und schleckte ihn mit ihrer hellrosa
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