Tod Eines Mäzens
Schwester. Sie warf einen wütenden Blick auf Helena. Aber nach der Kinderandeutung lächelte Helena nur frostig, weigerte sich, an dem Gezeter meiner Schwester teilzunehmen.
Ich beschloss, Anacrites’ offensichtliche Schwärmerei für Maia nicht zu erwähnen. Maia hatte genug Probleme. Ich lugte in die verschiedenen Schüsseln und Krüge, die auf dem Tisch standen, obwohl Gaius Baebius, der schon immer gefräßig war, alles Essbare verschlungen zu haben schien. Er folgte meinem Blick mit seiner üblichen Selbstzufriedenheit. Er war Zollbeamter, daher konnte ich ihn generell nicht ausstehen und verabscheute ihn noch mehr, als ich die aufgehäuften leeren Nussschalen neben seinem Ellbogen und das an seinem Kinn schimmernde Olivenöl bemerkte.
Der kleine Marcus Baebius begann sich zu langweilen. Junia wollte mich ausschelten, und so schenkte sie ihm keine Aufmerksamkeit mehr. Gaius versuchte ihn Junia abzunehmen, aber das löste nur einen Wutanfall aus. Am Ende warf sich das zornige Bürschchen auf den Boden, mit dem Gesicht nach unten, und schlug mit dem Kopf gegen die Dielenbretter, während er in Aufsehen erregender Weise brüllte und schluchzte.
Julia Junilla, unsere Tochter, saß auf Helenas Schoß und benahm sich ausnahmsweise bestens. Sie starrte ihren Vetter an, nahm offensichtlich Unterricht in Wutanfällen. Ich sah, dass sie beeindruckt war.
»Beachtet ihn nicht«, meinte Junia. Das war ziemlich schwierig. Das Zimmer war klein, überfüllt mit vier Erwachsenen und zwei Kindern.
»Ich glaube es wird Zeit, dass du ihn nach Hause bringst, Junia.«
»Ich muss mit dir reden.«
»Kann das nicht warten?«
»Nein. Es geht um Papa.«
»Papa auch noch! Du scheinst dich ja vor Familienpflichten zu zerreißen …«
»Wir haben ihn heute besucht, Marcus.«
Da er nicht beachtet wurde, hörte Marcus Baebius auf zu brüllen und stellte sich tot. Junia würde kreischen, wenn sie es bemerkte. Ajax setzte sich auf ihn und besabberte ihn. In der eingetretenen Stille konnte ich Nux jetzt im anderen Zimmer verzweifelt winseln hören.
»Lass ihn in Ruhe, Junia. Papa ist momentan mies drauf, aber er kriegt sich schon wieder ein, sobald er sich was Neues ausgedacht hat, womit er den Leuten auf die Nerven gehen kann.«
»Tja, wenn es dir an Pflichtgefühl mangelt, Bruder … Mir jedenfalls nicht.«
»Ist es nicht nur eine Frage, ihn in seiner Trauer zu überfallen und ihn darauf hinzuweisen, dass ihr gern seine Erben wärt?«
Ich war zu müde, um vorsichtig zu sein.
»Hör auf, Marcus«, murmelte Gaius und schwang sich dazu auf, das Frauenzimmer zu verteidigen, das er sich als reizbare Gattin ausgesucht hatte.
Mir reichte es. »Was willst du, Junia?«
»Ich bin gekommen, um dir Bescheid zu sagen.«
»Weswegen?«
»Ich habe angeboten, Papa zu helfen. Ich werde seine Caupona übernehmen.«
Genau in diesem Moment erhöhte sich die Anzahl der Anwesenden, und auch die Anspannung stieg enorm – Maia stürmte herein.
Sie hatte Marius dabei, ihren neunjährigen Ältesten, den ich als Hilfskraft für das Auktionshaus empfohlen hatte. Maia drückte ihn an ihre Röcke, die Hand in seine Tunika gekrallt, als wäre er in Schwierigkeiten. Er musste dabei gewesen sein, als Junia Papa überfallen hatte, und hatte seiner Mutter gegenüber was von dem Gehörten entschlüpfen lassen. Er zog eine Grimasse in meine Richtung. Ich tat so, als würde ich mich ducken.
»So!«, rief Maia. Also wusste sie definitiv Bescheid. Das konnte ja heiter werden. Ajax sprang hoch und wollte sich auf sie stürzen, aber sie knurrte ihn ihrerseits an, woraufhin er sich völlig verschüchtert in eine Ecke verzog.
»Hallo, Maia, mein armer Liebling«, säuselte Junia. Die beiden hatten sich nie verstanden. Junia trat über ihren eigenen auf dem Bauch liegenden Sohn (der aufgehört hatte, die Luft anzuhalten, nachdem er merkte, dass es nicht funktionierte) und packte Maia, um ihr einen mitfühlenden Kuss aufzudrängen. Maia machte sich schaudernd los. Ich fuchtelte wie wild, um meiner jüngeren wütenden Schwester zu bedeuten, wegen der Cauponasache keinen Ärger zu machen.
Maia, die alles andere als begriffsstutzig war, hielt sofort ihre Wut im Zaum. Sie und ich waren immer verschwörerisch gewesen und hatten uns für gewöhnlich gegen unsere älteren Geschwister verbündet. Daher war Junia auf einen Streit gefasst, der nicht kam. Sie nahm einen leicht verblüfften Gesichtsausdruck an. Dank jahrelanger Praxis konnten Maia und ich es schaffen, dass
Weitere Kostenlose Bücher