Tod Eines Mäzens
gewitzt. Er begriff, was es bedeutete, der Erbe eines Ermordeten zu sein.
»Also sind Sie, Lucrio, als Erbe eines Mannes, der unter äußerst gewalttätigen Umständen gestorben ist, jetzt in das Wachlokal einer Vigiles-Kohorte eingedrungen, die den verdächtigen Todesfall untersucht. Beweise fortzuschaffen macht einen sehr schlechten Eindruck!«
»Sie hätten sie nicht beschlagnahmen dürfen. Und ich hätte nicht das Recht gehabt, sie Ihnen auszuhändigen«, sagte Lucrio. Er kannte sich aus. Ich saß am kürzeren Hebel. »Ein Magistrat ist gebeten worden, eine einstweilige Verfügung auszustellen. Ich bin nur hergekommen, um einen Vertrauensbruch zu verhindern, bevor die Verfügung hergebracht werden konnte.« Er hätte bereits vor Gericht stehen und beantragen können, mir eine gewaltige Geldstrafe aufzubrummen. »Es ist bedauerlich, dass vor meiner Ankunft meine Dienstboten, die sich mir erkenntlich zeigen wollten, in ihrer Aufregung vielleicht etwas überreagiert haben … obwohl ich annehme, dass es eine Reaktion auf provokatives Verhalten war.«
Ich seufzte. Seine Drohung würde Bestand haben. Die Vigiles waren für ihr brutales Vorgehen bekannt; in einem Wachlokal angegriffen worden zu sein, würde mir kein Mitgefühl einbringen. Man würde glauben, ich hätte den Ärger ausgelöst. Trotzdem blaffte ich ihn an: »Ich muss mich vom Arzt der Kohorte untersuchen lassen. Ich werde schon ganz steif; möglich, dass eine hohe Schadenersatzzahlung fällig wird.«
»Ich bin gerne bereit, die Salben zu bezahlen, die er empfiehlt«, meinte Lucrio scheinheilig.
»Sie gestehen also ein, dass Sie haftbar gemacht werden können.«
»Nein, das Angebot ist völlig unverbindlich.«
»Erstaunt mich das?« Ich hatte jetzt tatsächlich Schmerzen und wurde nach der Tortur unter der Matte sehr müde. Ich schaute den Freigelassenen an; er erwiderte meinen Blick, ein Mann, der es gewohnt war, die Machtstellung bei Geschäftsgesprächen innezuhaben. »Wir müssen miteinander reden, Lucrio. Und es ist in niemandes Interesse, dass Sie an einen Pumpenwagen gefesselt sind.«
Durch die Erinnerung daran, dass er gefesselt war, hatte ich ein paar Punkte gutgemacht. Das hätte auch was gebracht, wenn nicht ein zusätzlicher Sklave, von dem ich keine Ahnung hatte, sich endlich aus seinem Versteck hinter den Pumparmen oben auf dem Wagen hervorgetraut hätte. Mit einem wilden Schrei sprang er hinunter und stürzte sich auf mich.
Das nahm mir den Atem, erreichte jedoch nichts. Denn genau in diesem Moment kam Petronius Longus von der Straße herein. Er blickte finster und hatte etwas in der Hand, das wie die Verfügung des Magistrats aussah. Weitere Vigiles drängten hinter ihm herein. Sie hatten sich wohl alle irgendwo einen raschen Erfrischungstrunk gegönnt, wie ich vorher vermutet hatte. Das hätte erklärt, warum sie es so komisch fanden, was sie sahen, eine Reihe von Sklaven mit Eimern auf den Köpfen, einen an den Pumpenwagen gefesselten Gefangenen, mich wehrlos auf dem Boden liegend, und einen traurigen Mann, der sich kurz für einen Helden gehalten hatte, aber vor Angst zusammenbrach, als er die roten Tuniken sah, und mit Fußtritten der Vigiles wiederbelebt werden musste.
Chaos entstand. Ich blieb auf dem Rücken liegen und überließ es ihnen, damit fertig zu werden.
Petronius, normalerweise ein Meister in der Bewältigung heikler Situationen, war reichlich verstimmt über die einstweilige Verfügung, das konnte ich sehen. (Na ja, sein Name hatte ja auch unter dem »Beschlagnahmungsbefehl« gestanden.) Er verschaffte sich rasch wieder Autorität, als seine Männer entdeckten, dass Lucrios Sklaven den Badehausdieb aus der Arrestzelle freigelassen hatten. Sofort schubste Petro alle sechs Sklaven in die Zelle, um den verlorenen Gefangenen zu ersetzen. Er genoss es, sich gesetzlich vorgeschriebene Strafen für ihre dämlichen Taten auszudenken.
Lucrio wurde befreit und durfte gehen. Die Dokumente, sagte man ihm, würden alle morgen zurückgebracht werden, sobald man Männer vom Feuerwehrdienst abziehen konnte, um den Handkarren zu seinem Haus zu schieben. Lucrio hatte sich im Wachlokal zu einer formellen Vernehmung einzufinden, wenn Petronius Longus morgen Nachmittag seinen Dienst wieder antrat. Wir verabschiedeten uns höflich von dem Freigelassenen und streckten uns, als wäre uns jetzt nur noch daran gelegen, möglichst schnell nach Hause und ins Bett zu kommen.
Sobald Lucrio gegangen war, warf Petro die einstweilige
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