Tod Eines Mäzens
Fenstern fachmännisch erhellt wurde. Eine Reihe gemusterter Läufer war über den Marmorboden gebreitet. Üppige Behänge verdeckten die Wände. Unsere Liegen hatten Bronzerahmen und waren weich gepolstert. In einer Ecke stand auf einem Bord ein reich verzierter Weinwärmer, einer von der Sorte, der Holzkohle in einer großen Kammer verbrennt, mit einem Brennstoffbehälter darunter, momentan außer Gebrauch, zweifellos wegen des Wetters. In durchsichtigen Glasschalen lag frisches, fleckenloses Obst.
»Sie sitzen nicht an Ihrem Webstuhl wie eine pflichtbewusste Hausfrau?«
Das sollte ein Witz sein. Lysa hatte Zahlenkolonnen durchgelesen, während sie einem Sklaven, der diese Aufgabe offensichtlich gewöhnt war, Notizen diktierte. Als ich eintrat, hörte ich die Exfrau mit vertraulicher Stimme Mitteilungen über Bankkunden formulieren. Sie bediente sich einer geschliffeneren Sprache als Vibia, obwohl ich annahm, dass Lysa aus bescheideneren Verhältnissen stammte.
»Ist Ihr Sohn zu Hause?«
»Nein.«
Wahrscheinlich log sie, aber ich hatte keine Ausrede, das Haus zu durchsuchen.
»Wie wird er mit dem Verlust seines Vaters fertig?«
»Der arme Junge ist sehr traurig«, seufzte seine Mutter, was genauso gelogen war, wie ich merkte. »Aber er bemüht sich um Tapferkeit.«
»Der Sohn reicher Eltern zu sein wird ihm dabei sicher helfen.«
»Sie sind ein furchtbarer Zyniker, Falco. Diomedes ist eine sehr empfindsame Seele.«
»Welche Begabungen hat er? Was haben Sie mit ihm vor?«
»Ich helfe ihm bei der Entscheidung, was er mit seinem Leben anfangen will. Sobald er den Tod seines Vaters verwunden hat, wird er sich einen Überblick über seine Ambitionen verschaffen, nehme ich an. Bald heiraten. Sich niederlassen und Besitz erwerben. Es in der Gesellschaft zu etwas bringen.«
»Öffentliche Ämter?« Ich hob die Augenbrauen.
»Chrysippus war sehr an einem gesellschaftlichen Aufstieg seines Sohnes interessiert.«
»Vielen Nachfahren von Bankiers ist das gelungen«, gab ich zu. »Unserem edlen Kaiser, um nur ein Beispiel zu nennen.« Das Finanzwesen war eine prima Eintrittskarte. Die Nachkommen strömten nach Rom, gut mit Geld ausgerüstet, wenn schon mit sonst nichts. Dann mussten sie nur noch gesellschaftliche Anerkennung erlangen. Die Familie der Flavier erreichte das durch geschickte Heiraten, wie ich mich erinnerte. Dann sprangen ihnen zivile und militärische Posten bis hinauf in die höchsten Ränge geradewegs in die ausgebreiteten Arme.
»Wen heiratet Diomedes?«
»Wir müssen uns noch für eine passende junge Frau entscheiden. Aber ich bin momentan mit einer guten Familie im Gespräch.«
»Eine Hochzeit nach der anderen, was?«, spottete ich angriffslustig.
Lysa wusste, dass ich jetzt zum eigentlichen Thema meiner Befragung gekommen war. Sie sah bereits beunruhigt aus, obwohl das vermutlich daran lag, dass ich ihr noch nicht gesagt hatte, was ich hier wollte.
»Ich habe gerade ein paar verblüffende Informationen erhalten, Lysa.«
»Wirklich?« Sie gab sich zwar gleichgültig, legte aber die Konten weg und bedeutete dem Schreiber, den Raum zu verlassen. Keine Dienerin war als Anstandsdame aufgetaucht. Lysa war eine harte Frau, der ich misstraute; ich hätte die Anwesenheit einer Anstandsdame begrüßt – um mich zu beschützen.
»Wie ich höre, haben Sie die Hälfte der Trapeza geerbt.« Lysa neigte den Kopf. »Glückliche Frau! Wussten Sie bereits, wo Sie im Testament standen, als wir neulich darüber gesprochen haben?«
»Das Vermächtnis war stets so geplant gewesen.«
»Aber Sie haben aus Bescheidenheit geschwiegen?«
»Es hätte ja immer noch«, sagte sie ein bisschen kokett, »Änderungen in letzter Minute geben können.« Der Erblasser hätte schon sehr mutig sein müssen, sein Testament zu ändern, nachdem Lysa glaubte, sie sei seine Haupterbin.
»Weil die neue Ehefrau scharf darauf war, ihre eigene Stellung zu verbessern«, meinte ich. »Hat Chrysippus je angedeutet, dass er das Erbe ändern könnte?«
»Nein.«
»Und nach der Scheidung haben Sie weiterhin die Geschäfte der Trapeza verwaltet?«
»Frauen ist es nicht erlaubt, sich als Bankiers zu betätigen«, verbesserte sie mich.
»Oh, ich glaube nicht, dass Sie das je abgehalten hat. Wollen Sie damit sagen, dass Lucrio alles leitet? Er tut doch wohl, was Sie ihm sagen?«
»Keine Einzelperson hat je sämtliche Entscheidungen getroffen, Chrysippus und ich – und Lucrio auch – bildeten einen gemeinsamen
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