Tod Eines Mäzens
Sklaverei?«
Lucrio zeigte keine Gewissensbisse. »Verschafft ihm Zeit, Falco. Wenn sich Avenius je auf den Hintern setzt und was verdient, könnte er seine Schulden abbezahlen.«
Trotz meiner Abneigung konnte ich Lucrios Standpunkt verstehen. Manche Menschen mit erdrückenden Schulden reißen sich zusammen und arbeiten bis zum Umfallen. »Welche Sicherheiten hat Avenius Ihnen für den ursprünglichen Kredit gegeben?«
»Das müsste ich nachschauen.«
»Bitte tun Sie das und lassen es mich wissen. Sagen Sie Avenius nicht, dass ich Sie danach gefragt habe. Er mag zwar geschäftlich Ihr Kunde sein, aber er könnte sich auch als Mörder Ihres Patrons erweisen.«
»Ich werde daran denken.«
»Was passiert mit den Schulden, nachdem Chrysippus jetzt tot ist?«
»Oh, da ändert sich nichts. Avenius muss sie an die Bank zurückzahlen.«
»Sie bleiben ihm auf den Fersen, oder?«
Lucrio grinste. Das Grinsen glich eher einer Grimasse und war überhaupt nicht humorvoll.
Zeit für einen weiteren Themenwechsel. Petronius beugte sich zu mir. »War da nicht noch eine Frage wegen des Testaments, die du erwähnt hast, Falco?«
»Stimmt.« Lucrio, bemerkte ich, hatte plötzlich das starre Verhalten eines Mannes, der auf eine solche Frage gewartet hatte. »Ist das Testament inzwischen eröffnet worden, Lucrio?« Er nickte. »Wer sind die Haupterben? Stimmt es, dass Vibia Merulla als jetziger Ehefrau nur das Skriptorium hinterlassen wurde?«
»Das ist korrekt.«
»Und ist es wirklich so wenig wert?«
»Mehr als ein Fischstand in Ostia – aber nicht viel mehr.«
»Kommt mir sehr hart vor.«
»Ihre Familie hat die Mitgift zurückerhalten.«
»Na toll! Und wer erbt die Bank?«
»Lysa« – er errötete leicht – »und ich.«
»Ach, wie rührend! Die Exfrau, die bei der Geschäftsgründung geholfen hat, und ein treuer Exsklave.«
»Das ist in unserem Land so Brauch«, sagte Lucrio wie ein müder Mann, der weiß, dass er das noch viele Male verschiedenen Bekannten erklären muss. »Griechische Banken sind während der gesamten Geschichte gemeinsam an die Witwen griechischer Bankiers und deren reguläre Agenten übergegangen.«
»Und was«, höhnte ich, »sagen die Kinder griechischer Bankiers dazu?«
»Sie wissen, dass es während der gesamten griechischen Geschichte so gemacht wurde«, erwiderte Lucrio.
»Und kleinen Griechenjungs wird beigebracht, Geschichte zu lieben!« Wir lachten alle. »Vibia Merulla scheint bei der ganzen Sache schwer verloren zu haben«, fuhr ich fort. »Eine griechische Exfrau bekommt den Vorrang vor einer neuen römischen? Entspricht das ebenfalls der Tradition?«
»Für mich klingt das gut«, sagte Lucrio schamlos. »Lysa hat das Geschäft aufgebaut.«
»Aber in diesem Fall hat der griechische Bankier einen einzigen Sohn, der ganz und gar romanisiert ist. Diomedes weiß doch bestimmt, dass wir in Rom die Dinge anders handhaben. Hier hätten Sie natürlich nach wie vor das Anrecht, für treue Dienste belohnt zu werden. Lysa wäre belanglos, nachdem Chrysippus wieder geheiratet hat; das Anrecht würde auf Vibia übergehen. Und Diomedes würde erwarten, dass sein Vater die Wichtigkeit seines Sohnes in der Familie anerkennt. Was macht dieser alte griechische Brauch aus Diomedes als neuem Römer, Lucrio?«
»Ein Häufchen Elend!«, meinte der Freigelassene herzlos. »Oh, er steht nicht vor dem Abgrund. Er hat genug Sesterzen bekommen, um gut leben zu können. Mehr, als die meisten Söhne erwarten können, besonders stinkfaule Verschwender mit hochfliegenden Ideen, die nichts als Ärger machen.«
»Sie klingen nicht gerade wie ein Anhänger des lieben Diomedes.«
»Sie haben ihn kennen gelernt, glaube ich«, murmelte Lucrio, als wäre das die Antwort auf alles.
»Tja, seine Mutter wird eine bedeutende Erbin. Vielleicht wird er eines Tages Lysas Erbe sein?«
»Möglich.« Eine kurze Pause trat ein. Ich spürte ein Zögern, aber der Freigelassene verabscheute Diomedes so sehr, dass er sich dieses eine Mal eine Indiskretion erlaubte: »Lysas neuer Ehemann wird dazu wohl ein Wörtchen mitzureden haben«, sagte Lucrio.
XXXII
Mein nächster Besuch bei Lysa, Exfrau und glückliche Erbin, brachte sie etwas aus dem Konzept. Da sie mich nicht erwartete, beging sie den Fehler, zu Hause zu sein.
Jetzt, da ich Zugang bekommen hatte, sah ich, dass ihre Hütte eine begehrenswerte Residenz war. Wir saßen in einem Salon, der trotz der Julihitze kühl war, aber von hoch oben angebrachten
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