Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod eines Mathematikers

Tod eines Mathematikers

Titel: Tod eines Mathematikers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind / Walter K. Ludwig
Vom Netzwerk:
Neujahrstag ist Nicole wieder aufgetaucht. Zumindest ein Teil von ihr …«
    »Wie bitte?« Alexandra sah Harry Tenge entgeistert an. »Wieso weiß ich davon nichts? Ich meine, die Pressestelle hat keine Erklärung rausgegeben. Und auch über meine Informanten ist nichts durchgesickert.«
    »Sie sagten ›ein Teil von ihr‹. Heißt das, ihre Leiche …«, plapperte Matze dazwischen.
    Harry nickte. »Ihr Schädel ist aufgetaucht. Ich hab ihn gefunden. Zufällig, als ich nach dem Dienst am Weserstrand spazieren gegangen bin, um den Kopf auszulüften. Ich musste dringend mal … Sie wissen schon. Da bin ich ins Schilf am Ufer. Da lag er dann. Ich hab ihn gewissermaßen freigepinkelt.«
    »Das ist nicht Ihr Ernst«, gab Alexandra ungläubig zurück.
    »Doch«, versicherte Harry. »Dass die Medien nicht informiert wurden, hat Kühlborn, der Chef der Mordkommission angeordnet. Und es war auch der Wunsch von Nicoles Mutter. Sie wollte ihre Tochter, das heißt, was von ihr übrig ist, in Ruhe begraben.« Alexandra nickte, doch es war ihr anzusehen, dass sie irritiert war, weil ihre Quellen sie diesmal im Stich gelassen hatten. Sie bildete sich ein, dass sie immer über alles, was in Bremen geschah, auf dem neusten Stand war.
    Die Bedienung kam an den Tisch, nahm die Bestellung auf. Alexandra orderte einen Chianti. Harry und Matze bestellten sich jeweils ein Beck’s.
    »Seit ich den Schädel gefunden habe, bewegt mich das Schicksal von Nicole«, nahm Harry Tenge den Faden wieder auf, als die Serviererin gegangen war.
    »Obwohl es auf der Hand liegt, dass Nicole keines natürlichen Todes gestorben ist, will der Leiter der Mordkommission, Hauptkommissar Kühlborn, jetzt nicht an die Öffentlichkeit gehen. Es wird zwar ermittelt, aber, wie ich aus sicherer Quelle weiß, nicht mit Nachdruck. Und das finde ich merkwürdig.«
    »Das ist in der Tat ungewöhnlich. Was sagt denn der Staatsanwalt? Ist nicht Tilo von Bargen zuständig?«, wollte Alexandra wissen.
    »Ja, ist er. Keine Ahnung, was der dazu sagt. Vielleicht hat Kühlborn ihn irgendwie um den Finger gewickelt. Es heißt jedenfalls: keine Presse, keine Infos nach draußen.«
    »Dabei ist von Bargen doch sonst so ’n scharfer Hund«, steuerte Matze eilig bei, bevor er sich endgültig überflüssig vorkam.
    »Stimmt«, nickte Harry Tenge. »Von Strafverteidigern wird von Bargen ›Inquisitor‹ genannt.«
    »Im Übrigen muss ich auch dringend mit Ihrem Chef Simon Schröder sprechen. Können Sie vielleicht den Kontakt zu ihm herstellen?«
    Matze und Alexandra sahen Tenge betreten an.
    »Was schauen Sie denn so? Habe ich was Falsches gesagt?«
    Alexandra fixierte das dunkle Holz der Tischkante.
    Matze fand als Erster seine Sprache wieder. »Sie können nicht mehr mit Simon Schröder reden. Er ist tot, hat sich umgebracht.«
    »Bitte, was?« Nun war Harry perplex. Schröders Selbstmord war komplett an ihm vorbeigegangen. Er war erst heute Morgen aus Rosenheim zurückgekehrt, wo er seiner Tante beim Umzug ins Seniorenheim geholfen hatte. Tagelang hatte er Kartons gepackt, Möbel geschleppt und keine Zeitung gelesen, nicht mal im Internet. Deshalb war ihm auch der rührende Nachruf, den Alexandra geschrieben hatte, entgangen: Wir verlieren mit Simon Schröder nicht nur unseren Vorgesetzten. Wir verlieren einen Freund.
    » Weshalb wollten Sie Schröder denn sprechen?«, fragte Alexandra vorsichtig.
    »Na, er ist doch Nicole Wollenbecks Cousin.«
    »Wie bitte? Sind Sie sicher?« Alexandra war sichtlich überrascht.
    »Hundertprozentig, ich habe die Info von Nicoles Mutter.« Alexandra schüttelte ihre roten Locken. »Schröder hat nie ein Sterbenswörtchen gesagt! Kein Ton. Nie.« Die Kellnerin kam zurück an den Tisch, stellte die Getränke vor ihnen ab.
    Alexandra konnte sich noch immer nicht beruhigen. »Das ist doch merkwürdig. Alle paar Jahre, wenn mal wieder eine Frau verschwunden war, hatten wir die Geschichte im Blatt. Und Schröder hat nie erwähnt, dass Nicole seine Cousine war. Es war auch nie Thema in der Redaktion. Auch in den letzten Tagen nicht … Schröder wirkte wie immer.«
    »Na, er war schon etwas abwesend«, wand Matze ein. »Aber du warst so mit dir selbst beschäftigt, dass du das nicht gemerkt hast. Er hat manchmal gar nicht zugehört, wenn man mit ihm geredet hat. Wirkte irgendwie niedergeschlagen.«
    »Sorry, dass ich jetzt so mit der Tür ins Haus falle«, sagte Harry. »Aber halten Sie es für möglich, dass Simon Schröder etwas mit dem

Weitere Kostenlose Bücher