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Tod eines Mathematikers

Tod eines Mathematikers

Titel: Tod eines Mathematikers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind / Walter K. Ludwig
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Matze schüttelte den Kopf. »Das ist ja ’n Ding.«
    »Das kannst du wohl sagen. Aber die Bullen meinen, es wäre ein ganz normaler Einbrecher gewesen. Gerade als ich aus der Wache kam, hat mich auf dem Handy so ’n Bulle angerufen, der meine Nummer von einem Kollegen bekommen hatte. Tat am Telefon sehr geheimnisvoll. Will sich mit mir treffen. Es ginge um meinen Vater. Aber nicht offiziell. Irgendwie eher privat. Andererseits aber auch wieder nicht.«
    »Hä?«
    »Ja, ich bin da auch nicht richtig schlau draus geworden. Scheint ein komischer Vogel zu sein. Tenge heißt er. Harry Tenge. Er arbeitet nicht für die Kripo, sondern für die Schutzpolizei, hat er gesagt.«
    »Du triffst dich natürlich nicht mit dem!«
    »Natürlich werde ich das tun! Und nicht nur ich.«
    »Wie jetzt?«
    »Du glaubst doch nicht, dass ich alleine da hingehe. Du kommst natürlich mit. Wir treffen uns im Café Engel. Aber erst nächste Woche. Dieser Tenge war schon auf dem Sprung, wollte nach Rosenheim zu seiner Tante. Hat er jedenfalls gesagt. Wahrscheinlich ein Spinner, der sich nur als Bulle ausgibt. Werd vorher mal checken, ob es den überhaupt gibt.«
    Matze nickte.
    Alexandra fing wieder an zu weinen. »Wieso gibt es plötzlich so viele Tote in meinem Leben? Erst mein Vater. Jetzt Simon«, schluchzte sie. »Wieso? Warum hat er das gemacht?«
    »Über das Motiv ist nichts bekannt. Noch nicht«, sagte Matze hilflos und legte den Arm um sie. Die Gunst der Stunde musste er nutzen, auch wenn er sich ein bisschen schämte.
    *
    Sie sieht ihn nicht. Hat keine Ahnung, dass er da ist. Aber er sieht sie. Sieht sie genau. Sieht sie, hört sie, riecht sie. Er ist ein Jäger. Und sie seine Beute. Er ist auf der Pirsch. Es wird nicht mehr lange dauern. Ihre Zeit ist gekommen. Er umkreist sie. Bald wird er zuschlagen. Wenn sie nicht damit rechnet. Wenn sie überhaupt nicht daran denkt. Wenn sie sich in Sicherheit wiegt. Wenn sie glücklich ist. Dann ist sie am verletzlichsten. So hat er es immer gemacht. Und so wird er es wieder machen. Es ist seine Aufgabe.
    *
    Obwohl das Café Engel brechend voll war, erkannte Alexandra Harry Tenge sofort. Der Polizist, der sich dadurch verriet, dass er nervös auf seinem Stuhl rumrutschte, saß hinten links vor den hohen Fenstern allein an einem Vierertisch. Aus den Lautsprechern, die in die lindgrüne Decke der ehemaligen Apotheke eingelassen waren, rieselte Loungemusik, Hotel Costes, Volume 9.
    Zielstrebig ging Alexandra, dicht gefolgt von Matze, auf den Tisch zu. »Sie müssen Herr Tenge sein«, begrüßte sie den Polizisten und setzte dieses gewinnende Lächeln auf, das Matze leider nur sehr selten an ihr sah, weil es Informanten vorbehalten war, die Ali umgarnen wollte.
    Harry Tenge nickte, stand auf. Dabei kippte sein Stuhl um und stieß mit der Lehne gegen die alten Weinkistchen, die hinter ihm auf der Fensterbank ineinandergestapelt waren. Erschrocken fuhr Harry herum, doch die Deko wackelte nur ein wenig, sodass sich der Polizist wieder herumdrehte und Alexandra mit einem unsicheren Lächeln die Hand entgegenstreckte.
    »Ich bin schon sehr gespannt, was Sie mir erzählen wollen«, sagte Alexandra aufmunternd und setzte sich neben Matze, der Harry nur kurz zunickte und sich vorstellte.
    »Kann sein, dass ich gerade einen Riesenfehler mache«, begann Harry mit einem leisen Zittern in der Stimme, das verriet, wie unsicher er war. »Als Polizeibeamter verstoße ich, wenn ich Ihnen erzähle, was ich weiß, gegen zig Dienstvorschriften. Kann ich mich darauf verlassen, dass das, worüber wir gleich sprechen, nicht morgen in der Zeitung steht?«
    »Morgen sowie nicht, die Zeitung wird gleich gedruckt«, witzelte Matze. Doch Harry Tenge, dem nicht zum Scherzen zumute war, verzog keine Miene.
    »Natürlich können Sie sich auf uns verlassen«, versicherte ihm Alexandra, während sie verstohlen das Weinregal unter der Putte musterte, der der Laden vermutlich seinen Namen verdankte.
    »Also gut«, gab sich Harry einen Ruck. »Im Grunde geht es um Ihren Vater, Frau Katzenstein, und um Nicole Wollenbeck.«
    »Nicole Wollenbeck? Wollenbeck?« Alexandra zog die Stirn in Falten. »Der Name sagt mir nichts. Helfen Sie mir?«
    »Verschwand vor fast zwanzig Jahren spurlos. In Woltmershausen.«
    »Stimmt«, sagte Alexandra, ihre Gesichtszüge entspannten sich. »Jetzt erinnere ich mich dunkel. Da gibt es doch so eine Serie vermisster Frauen in Bremen.«
    »Genau. Und Nicole Wollenbeck ist eine dieser fünf Frauen. Am

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