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Tod eines Mathematikers

Tod eines Mathematikers

Titel: Tod eines Mathematikers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind / Walter K. Ludwig
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So was entgeht diesen Brüdern nicht. Natürlich fahren wir raus und sichern die Spuren. Aber als Polizeireporterin wissen Sie doch selbst, dass Bremen die Hauptstadt der Einbrecher ist. Und dass wir gerade mal zehn Prozent schnappen. Wenn außer dem Rechner nichts weg ist, seien Sie froh, dass Sie den Einbrecher gestört haben. Und dass er geflohen ist, ohne Sie anzugreifen.«
    Was sollte man dazu noch sagen? Die Bullen waren einfach nicht von ihrer Selbstmordtheorie abzubringen.
    *
    Matze hatte gleich ein ungutes Gefühl. »Vollversammlung im Foyer«, hatte die Sekretärin Montagmorgen vor der Redaktionskonferenz verkündet. Auf Nachfragen hatte sie mit den Achseln gezuckt. »Anweisung der Verlegerin. Mehr weiß ich auch nicht.« Die Kollegen waren aufgeschreckt, standen tuschelnd auf den Fluren und spekulierten. Sparmaßnahmen? Entlassungen? Überraschend wäre das ja nicht. Und auch kein Einzelfall.
    Matze kam ein großer Hamburger Zeitschriftenverlag in den Sinn, der kürzlich alle Redakteure vor die Tür gesetzt hatte. Nur Ressortleiter und Chefredakteure durften bleiben. Die Arbeit der Redakteure wurde jetzt von freien Mitarbeitern erledigt. Das Prinzip des freien Mitarbeiters schien sich bei Zeitschriften- und Zeitungsverlegern allmählich zum Geschäftsmodell der Zukunft zu entwickeln.
    Den Redakteuren beim Weserblick ging der Arsch auf Grundeis. Wie Schafe zur Schlachtbank gingen sie ins Foyer.
    Natürlich waren alle da. Bis auf Alexandra Katzenstein. Das Geraune verstummte sofort, als die Verlegerin Dr.   Carmen Schreiber das Foyer betrat, dicht gefolgt von ihrem Geschäftsführer und dem Chefredakteur. Die Verlegerin war bleich, ihre starre Miene ließ nur einen Schluss zu: Entlassungen.
    Also doch, dachte Matze. Gehaltserhöhungen würde die Verlegerin mit einer solchen Leichenbittermiene wohl kaum verkünden. Matze blickte sich um. Verdammt, Alexandra war noch immer nicht da. Bestimmt hatte sie wieder verschlafen. Kam morgens einfach nicht aus dem Bett. Auch Lokalchef Simon Schröder sah er nirgendwo. Hätte der als leitender Redakteur nicht vorne bei den Chefs sein müssen?
    Die Verlegerin rang sichtlich mit sich, wich den Blicken der Kollegen aus, nestelte am Mikro. Klar, wer entlässt schon gerne Leute, dachte Matze.
    »Liebe Kolleginnen und Kollegen. Vor einer Stunde hat uns eine furchtbare Nachricht erreicht: Heute Morgen wurde unser langjähriger und geschätzter Kollege Simon Schröder tot in seiner Wohnung aufgefunden. Allem Anschein nach hat er Selbstmord begangen.«
    Totenstille. Entsetzte, fassungslose Gesichter. Dann Geraune, das lauter wurde, immer lauter. Die ersten Tränen flossen.
    Matze weigerte sich zu begreifen, was er da eben gehört hatte. Schröder tot? Selbstmord? Unmöglich! Am Freitag hatte er doch noch mit ihm gesprochen. Er war wie immer gewesen. Oder? Wenn er sich jetzt zurückerinnerte … Hatte Schröder nicht irgendwie abwesend gewirkt? Traurig, fahrig? Aber Matze hatte gedacht, Schröder sei nur überarbeitet. Schließlich war der Job des Lokalchefs einer Großstadtzeitung sicher kein Job, der vergnügungssteuerpflichtig gewesen wäre. Hubert Riesling, der Politikchef, den die Kollegen wegen seiner unterkühlten, hanseatischen Art ›Eisschrank‹ nannten, hob, wenn auch zaghaft, die Hand. »Auf welche Weise hat er sich denn umgebracht?«
    Schlagartig herrschte wieder Totenstille. Typisch Riesling. Niemand – nur ihm konnte es einfallen, so eine taktlose Frage zu stellen. Die Verlegerin warf dem Geschäftsführer und dem Chefredakteur einen Hilfe suchenden Blick zu. Beide sahen betreten zu Boden. Dr.   Carmen Schreiber räusperte sich. Schließlich sagte sie mit belegter Stimme: »Er hat sich erschossen.«
    Wieder war alles still. Doch Riesling, der jahrelang als Polizeireporter gearbeitet hatte, bevor er in die Politikredaktion gewechselt war, setzte nach: »Und sein Motiv?«
    Matze schüttelte den Kopf. War Riesling noch ganz bei Trost? Selbst wenn die Verlegerin das Motiv kannte, würde sie es wohl kaum hier in der Öffentlichkeit breittreten.
    Doch die Verlegerin antwortete, offenbar unter Schock. »Ein Abschiedsbrief oder dergleichen wurde nicht gefunden.«
    Matze konnte sich nicht erinnern, jemals so viele ratlose, schockierte Gesichter auf einem Haufen gesehen zu haben, seines eingeschlossen. Schröder tot, Selbstmord, erschossen: unfassbar!
    Die Verlegerin nestelte am Mikrofon »Simon Schröders Tod ist für unsere Zeitung und auch für uns ganz persönlich ein

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