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Tod eines Tenors

Tod eines Tenors

Titel: Tod eines Tenors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rhys Bowen
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sanft zu den Bergen hin anstiegen.
    »Diese Geschichte mit dem Auto im See interessiert mich immer noch«, sagte Evan. »Ich war dort.
    Ich habe Sie hinter dem Wagen gesehen. Ich habe das Mädchen aus dem See gerettet. Für mich sieht das schwer nach einem Mordversuch aus, und Ihre Linkshändigkeit kann Ihnen in diesem Fall nicht weiterhelfen.«
    »Machen Sie sich nicht lächerlich«, erwiderte Justin. »Ich habe Ihnen doch schon gesagt, ich hatte keine Ahnung, dass der Wagen ins Wasser gefahren ist. Als ich ihn zuletzt gesehen hab, stand er immer noch am Ufer.«
    »Können Sie sich erklären, wie er in den See geraten sein könnte?«
    »Vielleicht hat sie versehentlich die Handbremse gelöst? Oder die Bremse war defekt? Woher soll ich das wissen?«
    »Und wenn die Bremse nicht defekt war?«, fragte Evan. »Worüber haben Sie sich gestritten? Sie sagte, sie sei nicht Ihre Freundin.«
    »Das stimmt. War sie nicht.« Das sagte er mit solcher Bestimmtheit, dass Evan ihm einen überraschten Blick zuwarf.
    »In welcher Beziehung steht sie dann zu Ihrer Familie? Warum ist sie zu dem Haus gekommen, einen Tag, bevor Ihre Familie eingezogen ist, und hat versucht, Sie zu finden?«
    »Sie hat nicht versucht, mich zu finden, Sie Idiot. Ich war der Letzte, den sie sehen wollte«, fuhr Justin ihn an. »Sie suchte meinen Vater.«
    »Ihren Vater?« Darauf war Evan überhaupt nicht vorbereitet gewesen.
    »Das ist doch wohl ziemlich klar, oder? Sie war eine seiner Errungenschaften. Er liebte es, sich mit jungen Mädchen zu umgeben. Sie hielten ihn jung - zumindest hat er das behauptet.«
    Evans Gedanken wanderten augenblicklich zu Betsy. Er sah Ifor, wie er ihre Hand hielt, sie in die Oper nach Cardiff einlud ... und erklärte,... dass ihr schwarzes Haar viel besser stehen würde.
    »Ich dachte, sie sei vielleicht Ihre Schwester«, gestand Evan. »Sie sieht ihr sehr ähnlich.«
    »Das tun sie alle. So hat Vater seine Frauen geliebt: dünn, dunkelhaarig und elfenhaft. Es spielte keine Rolle, wie sie anfangs aussahen - am Ende glichen sie immer Jasmine.«
    »Sie kam also her, um Ihren Vater zu suchen, und war wütend, stattdessen Sie vorzufinden -
    warum?«
    »Nun ... Sie war meine Freundin, bevor mein Vater sie sich angelte. Ich war dumm genug, sie nach Hause zu bringen. Er hat nur einen Abend gebraucht.« Justin lachte bitter. »Er hat ihr eine Kulissenführung in der Scala versprochen. Alle seine Führungen endeten in seinem Bett. Sie war völlig hingerissen. Sie hat sich nicht klar gemacht, dass er sie nicht lange behalten würde. Da war er wie ein kleines Kind mit neuen Spielsachen. Er wurde ihrer schnell müde und wendete sich einer anderen zu.«
    Er machte eine Pause. Der Regen trommelte aufs Wagendach. Die Scheibenwischer verteilten das Wasser in dicken Spritzern von einer Seite zur anderen. Er tat Evan Leid.
    »Unglücklicherweise hat es sie bei meinem Vater richtig erwischt.
    Das ging den meisten so, er war ein ziemlich überwältigender Mann. Entweder liebte man ihn oder man hasste ihn. Sie wollte nicht einsehen, dass es vorbei war. Also hat sie ihn angebettelt, gefleht, dass er wieder zu ihr zurückkommt - vollkommen lächerlich. Er hat sich niemals auch nur um eine von ihnen geschert. Es war ihm egal, was mit ihnen passierte, nachdem er sie hatte fallen lassen.«
    »Dann kam sie also in der Hoffnung her, Ihren Vater zu finden und gemeinsam mit ihm zurückzugehen«, sagte Evan. »Stattdessen traf sie Sie.«
    »Und ich habe versucht, sie zur Vernunft zu bringen, sie sollte weggehen, bevor sie noch ein weiteres Mal verletzt wird«, erklärte Justin. »Mein Vater konnte mit Streitereien nicht sehr gut umgehen und ziemlich grausam werden, wenn er wollte. Christine und ich sind zum Reden an den See hochgefahren. Sie war noch immer überzeugt, dass er sie liebte und alles gut werden würde, wenn er sie wiedersähe. Ich habe versucht, sie zu überzeugen und ihr die Augen zu öffnen. Dann hat sie einige ziemlich hässliche, unwiederholbare Dinge über mich gesagt - dass ich dem Vergleich mit ihm nicht standhielte. Ich war so wütend, dass ich ausgestiegen und weggegangen bin.«
    »Und dann fuhr das Auto in den See«, sagte Evan. »Warum?«
    »Ich vermute, sie wollte etwas tun, das meinen Vater aufrüttelt und auf sie aufmerksam macht. Sie ist labil und unausgeglichen, und sie hat überreagiert. Wie immer.«

21. KAPITEL
    Es blieb still, während beide über die Bedeutung dieser Bemerkung nachdachten.
    »Sie neigte zu...

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