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Tod eines Träumers (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)

Tod eines Träumers (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)

Titel: Tod eines Träumers (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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dickem weißem Porzellan eingeschenkt hatte. Damals in Brandum. Auf den Deich hatten sie geguckt. Die Schafe betrachtet. Ländliches Idyll. Er hatte Hauke Behn darum beneidet in jenem heißen Sommer.
    »Du gibst auch viel auf«, sagte er. »Den Deich. Die Schafe. Frau Broder.«
    Behn lachte. »In dieser Reihenfolge?«, fragte er. »Frau Broder ist sechsundsiebzig und hätte uns ohnehin nicht länger den Haushalt gemacht. Sie will zu ihrer Schwester ziehen.«
    »Ich bin dreiundvierzig«, sagte Pit.
    »Jung genug, um den Haushalt zu machen.«
    »Auch jung genug für eine Frau? Kinder?«
    Hauke Behn sah froh aus, als Pit das sagte. Er hatte nie aufgehört zu glauben, dass eine Familie das Beste war, das einem Menschen passieren konnte. Nicht einmal nach dem schrecklichen Tag, an dem er den kleinen Theo in dem Pulk von Leuten stehen sah, die auf die tote Telsche schauten.
    »Ich bringe dir eine Brandumer Bauerntochter mit.«
    »Lass mal«, sagte Pit, »ich kümmere mich selbst darum.«
    »Warum hattest du mit deiner ersten Frau keine Kinder?«
    »Ich war nicht mal lange genug mit ihr verheiratet, um sie zu schwängern«, sagte Pit, »zu viele nächtliche Überstunden.«
    »Da wären wir wieder beim Thema«, sagte Behn. »Ich kann nichts anderes«, sagte Pit Gernhardt, »aber ich kaufe gern den Wein bei dir ein.«
    »Dass du kommst«, sagte Gerrys Großmutter. Sie hatte die Tür nur einen kleinen Spalt weit geöffnet. Das Halbdunkel des Flurs im Hintergrund. Ein Zipfel ihres Bettjäckchens im Spalt. Gehäkelt. Eine dumpfe Farbe, die sie Malve nannte und die nichts mit den Blumen gemein hatte, die im frühen Sommer auf den Märkten angeboten wurden.
    »Lässt du mich ein?«, fragte Gerry.
    Sie trat einen Schritt zurück, und Gerry sah, dass sie mit nackten Füßen auf dem Kokosläufer stand.
    »Geh wieder ins Bett«, sagte er, »ich koche dir was.«
    »Füll nur die Wärmflasche. Die ist kalt.«
    »Ich lüfte erst mal. Dann setze ich den Kessel auf.«
    »Ich habe Krämpfe«, sagte seine Großmutter und zeigte auf ihren Unterleib. »Gott straft mich für dein sündiges Leben.«
    Hätte er gehen sollen? Er öffnete die Fenster, die zu dem kleinen Hof gingen. Er schaltete den Herd ein. Ließ Wasser in den Kessel laufen.
    Der Hof war zementiert. Gerry war dort früher Seilchen gesprungen. Jungen sprangen nicht Seilchen.
    »In meinem Leben gibt es nicht viel Sex«, sagte er laut.
    Sie hörte es in ihrem kleinen voll gestopften Schlafzimmer.
    »Sünde«, sagte sie.
    »Hast du was gegessen?«
    »Gallenbitter«, sagte sie, »alles nur gallenbitter.«
    »Ich habe dir Tatar mitgebracht«, sagte Gerry. Seine Großmutter aß gerne rohes Fleisch.
    »Du bist leichtsinnig, Gerhard.«
    »Wenn es dir nur gut tut.« Er hörte sich schon genauso an wie sie.
    Gerry schüttelte sich.
    »Tu viel Zwiebeln dran.«
    Mit dem Magen schien sie es nicht zu haben.
    Gerry trennte ein Ei und ließ das Eiweiß in den Abfluss der Spüle gleiten. Gut, dass sie das nicht sah. Er öffnete das kleine Glas Kapern, das er gebracht hatte. Pfeffer. Salz.
    »Ich kann nicht sterben, bevor ich dich nicht auf dem rechten Pfad weiß«, sagte sie, als er ihr den Teller brachte.
    Der rechte Pfad. Durch die Stadt eilen und Traktätchen verteilen? Auf Knien durch den Saal zum Altar rutschen?
    »Du stirbst noch lange nicht«, sagte Gerry.
    Seine Großmutter biss in das Tatarbrot. Schlug die Zähne hinein, dachte Gerry.
    »Kläre mich vorher über meine Mutter auf«, sagte er, »und auch über meinen Vater.«
    »Du hast keinen Vater.«
    »Jungfräuliche Geburt«, sagte Gerry, »Jesus und ich.«
    Seine Großmutter ließ den Teller fallen. Er zerbrach nicht.
    Das Tatarbrot war gegessen.
    Hatte sie die Finger gekreuzt, um Satan abzuwehren, dass ihr das Porzellan aus der Hand glitt?
    »Du versündigst dich«, sagte sie. Das war nichts Neues.
    »Warst du mal beim Gynäkologen?«
    Seine Großmutter sah aus, als ob das Wort sie schon erbrechen ließe.
    »Wegen deiner Krämpfe im Unterleib.«
    »Gib mir die Wärmflasche, und dann geh.«
    Gerry nahm den Weg über das Wohnzimmer. Warum nahm er das Bild von der Kommode?
    Um sich ein wenig an dem Großvater festzuhalten?
    »Hetze mir nicht länger deine Leute auf den Hals«, sagte er, als er schon im Flur stand. »Ruf an, wenn du mich brauchst.«
    Das Bild von den Männern in der Barkasse klemmte er sich unter die Achsel.
    Vera betrachtete das Bolero aus schwarzen Marabufedern. War sie jemals flachbrüstig gewesen, dass ihr das gepasst

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