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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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1
     
    «Verdammt
und zugenäht», fluchte Morse.
    «Sir?»
    «Ashenden hat gestern fünf
Pfund auf einen Gaul gesetzt — angeblich hat er den Tip in Cambridge bekommen
—, der dann tatsächlich gewonnen hat. Thetford Queen. Hier steht’s, auf dem
Wettschein!»
    «Donnerwetter! Demnach kassiert
er also hundertfünfzig Pfund.»
    «Nein. Weil er keine Wettsteuer
bezahlt hat, kriegt er nur hundertvierzig raus — einschließlich Einsatz.»
    «Ich hatte ja keine Ahnung, daß
Sie so gut im Pferdesport Bescheid wissen, Sir.»
    Auch diese Bemerkung überhörte
Morse großzügig. «Er behauptet, daß er in dem Wettbüro war, Lewis. Sein Gaul
gewinnt, und er holt sich sein Geld nicht ab.»
    Lewis überlegte einen
Augenblick, dann schüttelte er ratlos den Kopf. Wäre Ashenden tatsächlich in
dem Wettbüro gewesen, hätte er sich doch seinen Gewinn bestimmt sofort an der
Kasse auszahlen lassen. Und hätte er aus irgendeinem Grunde eine
Falschinformation bekommen, hätte man ihm gesagt, der Gaul habe verloren, war
nicht einzusehen, warum er die Wettscheine so sorgfältig aufbewahrt hatte.
Warum hatte er sie dann nicht vernichtet und zu dem übrigen Altpapier auf den
Boden des Wettbüros geworfen?
    Morse unterbrach Lewis’
Überlegungen. «Soll ich Ihnen verraten, was unser Führer in dem Wettbüro
gemacht hat? Ein Alibi hat er sich gezimmert. Wenn Sie wissen, daß Sie am
nächsten Tag nicht mehr am Ort sind, bleiben Sie doch so lange da, bis die
Ergebnisse bekannt sind — es sei denn, daß Sie auf zwei krasse Außenseiter
gesetzt haben, bei denen die Chancen von vornherein gegen null gehen. Schauen
Sie sich an, wie Golden Surprise stand: 50 gegen 1. Ashenden hat sich mit acht
Pfund ein Alibi gekauft .»
    «Sein Pech, daß der Gaul
gewonnen hat, Sir.»
    «Wo aber war er wirklich?»
    «Der von Ihnen gesuchte
eifersüchtige Ehemann> kann er kaum gewesen sein.»
    «Nein, aber er wollte unbedingt
verhindern, daß bekannt wird, wo er steckte. Vielleicht...»
    Der Hoteldirektor kam rasch auf
sie zu. «Telefon für Sie, Inspector. Sehr dringend.»
    Es war Max.
    «Morse? Mach dich schleunigst
auf die Socken, hier ist eine schöne Schweinerei passiert.»
    «Wo brennt’s denn, Max?»
    «Mrs. Kemp hat versucht, Schluß
zu machen. Und wenn nicht unangemeldet die Gemeindeschwester vorbeigekommen
wäre, hätte sie es auch geschafft.»
    «Sie ist nicht tot?»
    «Noch nicht.»
    «Wie stehen die Chancen?»
    «Kann ich nicht sagen.»
    «Um Gottes willen, Max — »
    «Nein, nicht mal dem lieben
Gott zuliebe...»
     
     
    Morse hatte Mrs. Marion Kemp
nie gesehen, aber das Hochzeitsfoto im Schlafzimmer ließ darauf schließen, daß
sie früher eine recht temperamentvolle junge Frau gewesen war: dunkles,
lockiges Haar, schlanke, straffe Figur, seltsam herausfordernder, koboldhafter,
verschmitzter Blick. Sie war inzwischen schon auf der Intensivstation, aber im
Schlafzimmer fanden sich genügend Hinweise auf eine geplante Reise in den Tod.
Auf dem Nachttisch stand eine offene braune Glasflasche, in der Schlaftabletten
gewesen waren, daneben, auf einem Roman von Georgette Heyer, lag ein sauber und
leserlich geschriebener Zettel ohne Unterschrift:
     
    Falls ich noch lebe, laßt mich
bitte sterben. Falls ich tot bin, bitte Dr. M. Davies im Ärztehaus Summertown
verständigen, der sich als einziger je bemüht hat zu begreifen, wie sehr ich
leide.

40
     
    Ein
Mensch, der sich tötet, um dem Leid zu entgehen, fürchtet es und beweist
bestenfalls eine falsche Tapferkeit.
    (Philip Massinger, The Maid of Honour)
     
    Morse und Max blieben einen
Augenblick schweigend vor der Haustür der Kemps stehen. Beiden war bewußt, daß
nichts düsterer oder bedrückender ist als ein Selbstmord (oder, wie hier, ein
Selbstmordversuch), weil die Tat nicht nur unerträgliches Leid, sondern auch
eine gewisse irregeleitete Seelenstärke verrät. Morse hatte sich kurz in der
Wohnung umgesehen, aber nichts für ihn Aufschlußreiches gefunden.
    «Wir wollen versuchen, sie nach
Möglichkeit am Leben zu erhalten, Max», sagte er leise.
    «Das liegt jetzt nicht mehr in
meiner Hand.»
    «Wie wär’s mit einem Glas
Brakspear? Es sind nur ein paar Schritte.»
    «Keine Zeit, alter Junge.» Max
wuchtete sich keuchend in den Wagen und fuhr davon.
    Morse sah sich etwas ratlos um.
Ein Mann mit Rechen und Schubkarre bearbeitete die Rabatten vor den Häusern.
Ja, antwortete er auf die Frage des Chief Inspector, er und ein paar Kumpel
seien hier für die Pflege der Außenanlagen

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