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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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zuständig, die zu den drei
Wohnblocks auf der Ostseite der Water Eaton Road gehörten. Er arbeite schon
seit ein paar Tagen hier. Ob er gestern nachmittag beobachtet habe, daß jemand
das Haus betrat, kurz nach drei etwa, wollte Morse wissen. Doch der Mann —
Morses Einschätzung nach viel zu jung, um eine ordentliche Ausbildung zum
Landschaftsgärtner hinter sich gebracht zu haben — schüttelte ratlos den Kopf.
    «Schwer zu sagen. Die meiste
Zeit war ich nämlich hinten. Es sind wohl ein paar Leute reingegangen, aber das
waren sicher welche, die nur mal zum Einkaufen gewesen sind.»
    «War dieser Mann dabei?» Morse
hielt ihm das Foto von Theodore Kemp hin, das er aus dem Wohnzimmer mitgenommen
hatte und das offenbar schon ein paar Jahre alt war. Doch bereits damals trug
das Gesicht mit dem dunklen Spitzbart, das bei leicht zurückgelegtem Kopf voll
auf die Kamera gerichtet war, einen hochfahrenden Ausdruck, lag um den Mund ein
sonderbar arrogantes Lächeln.
    «Den hab ich hier schon mal gesehen.
Aber gestern? Das weiß ich wirklich nicht. Wie gesagt, die meiste Zeit war ich
hinten am Fluß.»
    Der Fluß... Morse bedankte
sich. Eine Zufahrt führte seitlich an der Wohnanlage entlang zu einem
betonierten Platz, auf dem fünf Garagen ihm die Sicht versperrten. Er wandte
sich nach rechts. Dort reichte eine gepflegte Rasenfläche bis zum Wasser, am
anderen Ufer hielt eine Reihe streng zurückgeschnittener Weiden Wacht. Das fast
reglose Wasser war grün von Algen. Eine Brücke («Nur für Anwohner») führte zum
Hauptlauf des Cherwell, der nach den Regenfällen Anfang der Woche noch ziemlich
viel Wasser führte und Mengen von Treibgut mitbrachte, das erst an die
Uferböschungen stieß und dann gleich Autoscootern auf dem Rummelplatz kreiselnd
und aneinanderstoßend in der Strömung tanzte. Minutenlang sah Morse in den
trüb-reißenden Fluß hinunter. Dann nickte er plötzlich sehr entschieden vor
sich hin und hatte einen fast so arroganten Zug um den Mund wie der tote
Theodore Kemp, der irgendwann und irgendwie in diese schlammigen,
angeschwollenen Fluten versenkt worden war.
     
     
    Vorn an der Straße wartete
schon Lewis.
    «Was jetzt, Sir?»
    «Zunächst brauchen wir eine
kleine Erfrischung.» Morse nahm auf dem Beifahrersitz Platz. «Ich kenne hier
ganz in der Nähe ein Pub —»
    «Wollen wir nicht laufen, Sir?
Es sind nur fünfzig Meter.»
    Morse schwieg und rührte sich
nicht vom Fleck. Er holte die Railway Gazette aus dem Seitenfach, gab
vor zu lesen — und las dann tatsächlich ein paar Sekunden lang.
    Lewis war in die Zufahrt
zurückgestoßen und wollte gerade in Richtung C herwell Arms rollen, als
er seinen Herrn und Meister fluchen hörte.
    «Wieder eine Spur, Sir?»
    «Hier, sehen Sie sich das an.»
    Lewis nahm ihm die Zeitschrift
ab und las den kurzen Artikel, auf den Morse deutete.
     
    GOLDENE OLDIES
     
    Mitglieder
der Gesellschaft zur Erhaltung der Great Western Railway wird es besonders
interessieren, daß am 21. Oktober der weltberühmte Torbay Express wieder
auf Nostalgiefahrt gehen wird und zu diesem Zweck drei Wochen im Eisenbahndepot
4 in Plymouth untergebracht werden soll.
     
     
    Lewis sah Morse an. «Uns hat er
erzählt, daß er den Torbay Express in Didcot gesehen hat... So steht es
in seiner Aussage.»
    Morse hatte glitzernde Augen
bekommen. «Dieser Stratton ist ein Lügner, ein gottverdammter Lügner.»
    «Die Nummer ist doch von diesem
Jahr?» erkundigte sich Lewis vorsichtig.
    Morse warf einen Blick auf den
bunten Umschlag, dann verstaute er die Zeitschrift rasch wieder in dem
Seitenfach. «September 1988», sagte er merklich gedämpft.
     
     
    «Was bedeutet das alles?»
fragte Lewis, als er mit je einer halben Brakspear für Morse und für sich vom
Tresen kam. Weshalb Morse schon fast gewohnheitsmäßig erwartete, daß er, Lewis,
das Bier zahlte, würde ihm ewig ein Rätsel bleiben. Es war fast, als meinte er,
Lewis habe ein schier unerschöpfliches Spesenkonto zur Verfügung.
    «Die Sache mit Mrs. Kemp meinen
Sie?»
    «Unter anderem. Ich kenne mich
einfach nicht mehr aus.»
    «Glauben Sie, mir geht’s
besser?»
    «Ich dachte, Sie hätten
vielleicht eine Idee.»
    «Kann schon sein.» Morse leerte
sein Glas in geradezu atemberaubendem Tempo. «Ihre oder meine Runde?»
    Lewis ging stillvergnügt mit
dem einen leeren Glas zur Theke.
    Morse wandte sich der Rückseite
der Times zu und hatte zwei Minuten später, als Lewis zurückkam, das
rechte untere Viertel des Kreuzworträtsels

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