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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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fast vollständig ausgefüllt.
    «Machen Sie die Kreuzworträtsel
immer in dieser Reihenfolge, Sir?»
    «Ja. Ich bemühe mich, die
Probleme stets von hinten aufzurollen.»
    «Muß ich auch mal probieren.»
    «Ich wußte gar nicht, daß Sie
auf Kreuzworträtsel stehen...»
    «Doch. Meine Frau und ich
versuchen uns manchmal abends an dem Quick Crossword aus dem Daily Mirror.»
    «Hm», sagte Morse, ohne
besondere Überraschung an den Tag zu legen. «Dann will ich Ihnen mal was
verraten. Wenn ich bei einem Kreuzworträtsel nicht weiterkomme —»
    «—was Ihnen bestimmt nicht oft
passiert, Sir.»
    «Nein, nicht sehr oft, das
stimmt, aber wenn ich durch irgendeinen dummen Zufall doch mal irgendwie
festsitze, wissen Sie, was ich dann mache?»
    «Nein. Was denn?»
    «Ich denke nicht mehr an das
Problem, mache eine kleine Denkpause. Und wenn ich mich dann wieder daransetze,
geht alles wie geschmiert.»
    «Haben wir ein Problem, Sir?»
    «Allerdings. Deshalb brauchen
wir ja das hier. Als Trinkpause gewissermaßen.» Morse tat einen so tiefen Zug,
daß nur noch zwei Fingerbreit Bier im Glas verblieben. «Unser Problem besteht
darin, die Querverbindung zwischen dem Diebstahl des Kleinods und dem Mord an
Kemp zu finden. Wenn das geschafft ist... Am besten denken wir also jetzt mal
eine Weile an etwas ganz anderes. Erzählen Sie mir was, Lewis. Etwas, das
nichts mit Mrs. Kemp zu tun hat.»
    «Ich muß immer wieder an diese
Wettscheine denken. Da ist doch auch immer die Zeit notiert. Die Zeit, zu der
die Wette plaziert wurde.»
    «Etwas anderes, habe ich
gesagt, Lewis. Erzählen Sie mir, wie Ihre erste Freundin hieß. Oder was Ihnen
sonst so einfällt.»
    «Mir fällt aber im Moment
nichts ein, Sir. Irgendwie habe ich das Gefühl, als hätte ich Mrs. Kemps
Erwartungen nicht erfüllt.»
    «Reden Sie kein Blech.
Allenfalls könnte ich mir das vorwerfen. Wie oft haben Sie mich gedrängt, noch
mal zu ihr zu gehen?»
    «Warum, glauben Sie, hat sie
versucht — »
    «Woher zum Teufel soll ich das
wissen?»
    «Ich frage ja nur.»
    «Schon gut. Was glauben Sie?»
    «Wahrscheinlich meinte sie, das
Leben ohne ihn — ihren Mann — sei einfach nicht mehr lebenswert.»
    «Aber als Sie Mrs. Kemp
kennenlernten, hatten Sie doch wohl nicht diesen Eindruck... Ganz im Gegenteil.
Nach dem, was Sie mir erzählt haben, hätte es ein lebenswertes Leben für sie
eigentlich nur ohne ihren Mann geben können.»
    Ja, Morse hatte natürlich
recht. Lewis hatte Mrs. Kemp Zorn und Bitterkeit angemerkt; von Schmerz, von
Verlust war wenig zu spüren gewesen. Lewis selbst spürte jetzt allmählich den
Schlafmangel.
    «Sie haben vorhin was von einer
Denkpause gesagt, Sir. So langsam, glaube ich, brauche ich eine Schlafpause.
Ich bin fix und fertig.»
    «Dann fahren Sie doch nach
Hause. Wer hindert Sie daran? Ich kann jederzeit Dixon —»
    «Ich will aber nicht nach Hause,
Sir. Bei uns tobt sich der Dekorateur aus, ständig muß ich mir anhören, daß wir
neue Teppiche brauchen und Vorhänge und —»
    Morse sprang plötzlich auf. Er
strahlte übers ganze Gesicht. «Sie haben’s geschafft, Lewis. Sie haben es
wieder mal geschafft.»
    Auch Lewis rappelte sich hoch.
Verblüffung vertrieb die Müdigkeit von seinem biederen Gesicht.
    Was hatte er bloß eben gesagt?
     
     
     

41
     
    Das
Licht wird trübe; zum düstern Wald erhebt die Kräh’ den Flug. (Shakespeare, Macbeth)
     
    Es war Viertel nach sechs, als
Sheila Williams den Streifenwagen draußen vorfahren sah. Sie ging rasch zur
Tür.
    «Kommen Sie herein, Inspector.»
Die farblose Flüssigkeit in ihrem Glas war möglicherweise sogar Wasser —
jedenfalls machte sie heute abend einen ungewohnt nüchternen Eindruck.
    «Nein. Ich... wir haben noch
viel zu tun. Leider muß ich Ihnen mitteilen, daß Mrs. Kemp heute nachmittag
einen Selbstmordversuch begangen hat.»
    Sheilas Hand zuckte jäh zum
Mund. «O nein», flüsterte sie.
    «Was sie an Pillen geschluckt
hat, hätte einem gesunden Elefanten den Garaus machen können, aber zum Glück
hat die Gemeindeschwester sie gefunden — vielleicht gerade noch zur rechten
Zeit.»
    «Wo -»
    «Sie liegt auf der
Intensivstation, dort ist sie in den besten Händen.»
    Sheila holte tief Luft. «Mein
Gott», stieß sie hervor. Dann kamen die Tränen, und plötzlich legte sie zur
Bestürzung des Chief Inspector den Kopf an seine Schulter und klammerte sich an
ihn.
    «Hat sie ihn geliebt?» fragte
Morse behutsam.
    «Sie hat ihn als ihren Besitz
betrachtet.»
    «Aber hat

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