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Tod Im Anflug

Titel: Tod Im Anflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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erwachen würde, dauerte es noch eine Weile. Tom war trotz des nächtlichen Gesprächs mit dem Riffler früh aufgewacht. Der Fall Neptunus war durch den giftigen Inhalt der Mülltüte nun praktisch zum Fall Alex geworden – und der ließ ihm einfach keine Ruhe. Die beiden tierischen Ermittler saßen auf der gemauerten Flachdachumrandung des Hafenmeistergebäudes, das mit weißen Kieselsteinen belegt war. Zwei Etagen unter ihnen, direkt zu ihren Füßen, standen zwei Müllcontainer, die ihre Deckel aufrissen wie kleine Küken ihre Schnäbel bei der Fütterung.
    Alex’ Fundort.
    Obwohl sie bereits eine Weile dort oben saßen, in der Tom seinen Assistenten über die Aussage eines Raben informierte, waren sie nicht die ersten Vögel, die um diese Zeit schon wach waren. Es herrschte bereits reger Flugverkehr, aus allen Richtungen schnatterte und piepste es. Ein Vogeltag begann früh, sehr früh.
    »Neptunus ist tot und dieser Kater auch«, fuhr Rio fort, der kein Assistent für komplizierte Sachverhalte war.
    »Du hast Alex vergessen«, frischte Tom das Gedächtnis seines Freundes auf und beobachtete dabei zwei winzige Bachstelzen, die unter ihm mit blitzschnellen Trippelschritten zwischen den Abfällen in den Containern hinter Insekten herjagten. Zwischendurch legten die schwarzweißen Vögelchen immer wieder minimale Pausen für ein kurzes Schwanzwippen ein. In manchen Gegenden ist die Bachstelze, der Nationalvogel Lettlands, deshalb auch unter den Namen
Wippesterz
oder
Wasserwippchen
bekannt.
    »Zählt der Flügellose etwa auch?«, fragte Rio ungerührt und schwenkte erneut einige Male seine Flügel.
    »Aber sicher, die drei Todesfälle hängen doch zusammen!«, sagte Tom und startete für seinen Freund eine Nachhilfestunde in Kriminalistik, indem er ihm den Zusammenhang zwischen rosafarbenen Schleimhäuten und Giften erklärte. »Also: Helles Blut enthält frischen Sauerstoff, dunkles Blut transportiert den verbrauchten Sauerstoff. Verstehst du, was ich sage, Rio? Hier hat kein Austausch mehr stattgefunden. Der Körper ist nicht mehr mit frischem Sauerstoff versorgt worden – der ist nämlich im Blut geblieben. Dafür hat das Gift gesorgt und deshalb ist er erstickt. Alle drei sind wegen desselben Giftes erstickt. Es hat demnach zwei Anschläge auf Alex gegeben. Den ersten hat er überlebt. Dafür sind aber Neptunus und Tiger gestorben. Und der zweite Anschlag ist dann Alex’ Ende gewesen.«
    Rio atmete hörbar tief ein. »Was du nicht so alles weißt. Seit Tagen verblüffst du mich mit deinen seltsamen Kenntnissen. Du bist ein komischer Vogel, Tom.« Rio konnte sich an das merkwürdige Wissen seines Artgenossen nach wie vor nicht gewöhnen.
    »Ach«, wiegelte Tom ab, »auf dem Campingplatz bekommt man eben so einiges mit. Vielleicht solltest du dich auch mal dort blicken lassen.«
    »Um mich mit Brot füttern zu lassen, ja? So wie du? Ich bin ein frei geborener Kormoran – kein Domestik!«
    »Ist ja gut, war ja auch nur ein Vorschlag.« Tom war froh, dass Rio erst einmal nicht weiter nachhakte und mit seiner Antwort zufrieden schien. »Was mich jedenfalls beschäftigt, ist die Frage, wie Alex da unten in den Container gekommen ist.«
    »Da hätte ich eine Idee. Jupp hat ihn hineingeworfen«, verkündete Rio mit stolz geschwellter Brust.
    »Wieso? Wie kommst du gerade auf den?«, fragte Tom. Auf Rios Erklärung war er sehr gespannt.
    »Überleg doch mal. Er hat es schon einmal getan. Er hat Neptunus in den Container geworfen. Warum sollte er es also nicht noch einmal tun?« Das klang tatsächlich ziemlich logisch – für einen Kormoran.
    »Rio, du meinst also … Jupp ist ein Serienwerfer?«
    Der Kormoran nickte selbstzufrieden. »Wenn du es so nennen willst.«
    Tom schüttelte den Kopf. War das eine Logik! Aber Jupp kam natürlich in Betracht – seit seinem Auftritt gestern bei Bernd mehr als zuvor. Nachdenklich schaute Tom in den Müllcontainer unter sich. Obwohl der Wind auffrischte, jagten die beiden Bachstelzen immer noch Ameisen und kleinen Fliegen hinterher. Ihm fiel etwas ein. »He, ihr da unten, seid ihr oft hier?«, rief er hinunter.
    Die Angesprochenen hielten für einen kurzen Moment inne, wippten mit den langen Schwanzfedern und suchten mit schnellen Kopfdrehungen nach dem Rufenden.
    »Ja, das sind wir«, antworteten sie gleichzeitig, als sie Tom und Rio über sich auf dem Dachrand erblickten. Sofort eilten sie auf ihren streichholzdünnen Beinchen wieder weiter über die aufgerissenen

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