Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tod Im Anflug

Titel: Tod Im Anflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
einmal in Ruhe nachdenken. Fernab von Marzipankuchen und Verdächtigen stand er daher auf dem Dach des Sanitärhauses. Zusammen mit einigen dösenden Möwen hatte er von dort oben eine gute Sicht auf das Polizeibüro und Bernd Stegners Wohnwagen. Auch wenn er nachdenken musste, verpassen wollte er deshalb noch lange nichts.
    Während er in Gedanken eine Situationsanalyse durchführte, endete schräg unter ihm auf Parzelle eins gerade sein zweiter Reality-Tatort. Die Spezialisten des Erkennungsdienstes packten ihre Koffer und füllten sie mit unzähligen Beweismitteln. Ihre Arbeit war getan, der Wohnwagen verschlossen und gegen unbefugtes Betreten versiegelt. Der diensthabende Mediziner hatte bereits vor einiger Zeit zusammen mit Bernd Stegners Körper den Campingplatz in Richtung »Gerichtsmedizinisches Institut« verlassen. Die letzten Schaulustigen zerstreuten sich, als uniformierte Polizisten das Absperrband wieder zusammenrollten. In ein paar Minuten würden nur noch die zertretenen Gänseblümchen und Grashalme von der Anwesenheit vieler Flügelloser auf dieser Parzelle zeugen. Und in ein paar Stunden käme niemand mehr auf die Idee, dass dies einmal der Fundort einer Leiche gewesen war.
    »Was starrst du denn für Löcher in die Luft, Tom? Hörst du mir überhaupt zu?« Rio stand neben Tom und riss ihn unsanft aus seinen Überlegungen.
    »Rio?« Tom war noch ganz in Gedanken versunken und wunderte sich. »Was machst du denn hier? Du bist schon wieder zurück?«
    »Charlie ist im Anmarsch«, meldete Rio knapp. »Ich habe ihn gefunden.«
    »Wirklich? Wie das denn?«
    Ziemlich ausführlich schilderte Rio seine anstrengende Suche nach Charlie. Unermüdlich hatte er Artgenossen nach dem auffälligen Flügellosen befragt. Doch niemand hatte ihn gesehen, nicht einer war interessiert – schließlich war Brutzeit und man hatte anderes zu tun. »Aber dann bin ich auf meinem Rückflug neben einer dieser stinkenden Kisten geflogen, die die Flügellosen benutzen, wenn sie irgendwo hin wollen. Und? Was meinst du, wen ich darin erkannt habe?! Genau, Charlie. Gleich wird er hier sein.«
    Und tatsächlich. Kaum hatte Rio den Satz beendet, fuhr ein Streifenwagen auf den Parkplatz.
    »Na, was habe ich gesagt? Da ist er.« Stolz schwang in Rios Stimme. Auftrag ausgeführt. »Dann kann ich ja jetzt endlich nachtanken. Mein Antrieb braucht dringend frischen Kraftstoff. Ich habe solchen Hunger, ich könnte den ganzen See leer fressen!« Schon alleine der Gedanke an frischen Fisch ließ ihn laut schmatzen.
    »Rio, einen Moment noch, da wäre noch eine Kleinigkeit, die du für mich erledigen könntest«, hielt Tom seinen Freund zurück. Auch wenn Karl-Heinz nicht mehr observiert werden musste, Kandidaten für eine Langzeitbeobachtung gab es genug, und Tom war, bevor er von Rio aus seiner Grübelei gerissen wurde, ein Gedanke gekommen. Daher bat er Rio, sein Gefieder bei Jupp zu trocknen und ihn dabei nicht aus den Augen zu lassen. Denn Jupp hatte Alex kurz vor seinem Tod besucht und er hatte mit Bernd Stegner überaus heftig gestritten – und dessen Todesursache stand noch nicht fest. Es war schon komisch: Eben noch hatte Tom sich Sorgen um Jupps Wohlbefinden gemacht, nun war der Hafenmeister selbst verdächtig.
     
    Kaum war Rio davongeflogen, wurde Charlie von vier Uniformierten vom Parkplatz hinüber zum Hafenmeistergebäude geleitet. Wieder trug er Hut und Mantel. Noch bevor die Flügellosen den Eingang erreichten, hatte Tom sich bereits vom Dach gestürzt und war mit zwei, drei festen Flügelschlägen und anschließendem Segelflug lautlos vor den offenen Fenstern der Polizeistation gelandet. Er beobachtete neugierig das Geschehen im Büro und hörte, wie Kommissar Reiners sich und seinen Kollegen Hump vorstellte und Charlie anschließend über seine Rechte aufklärte.
    »Es war gar nicht so einfach, Sie ausfindig zu machen, Herr Müller. Freunde nennen Sie Charlie, nicht wahr?«, begann Kommissar Reiners die Vernehmung seines Verdächtigen. »Also, Charlie, wir haben Sie heute hierhergebeten …«
    »
Gebeten
ist ja wohl das falsche Wort,
vorgeführt
haben Sie mich, wie einen Verbrecher«, knurrte Charlie. Er saß, wie Luzie wenige Stunden zuvor, an der Kopfseite von Reiners’ Schreibtisch. Hut und Mantel hingen ordentlich an einem Garderobenständer. »Geradezu entführt haben Sie mich. Was sollte denn das, gleich mit der halben Trachtengruppe aufzumarschieren?«
    »Nun regen Sie sich mal nicht so auf. Wir wollten nur

Weitere Kostenlose Bücher