Tod Im Anflug
zurückgekehrt und hatten rasch einen Platz zum Kartenspielen hergerichtet. Kurz darauf saß man in kleiner Runde um den Tisch. Das Kartenblatt wurde ausgeteilt, der Rotwein in Gläser gefüllt und angestoßen.
»Auf einen schönen Abend«, meinte Elke und strahlte über das ganze Gesicht.
Tom saß nach wie vor auf seinem Stuhl und ließ die Runde nicht aus den Augen – obwohl Gunther Tierschs Wetterbericht bereits seit einiger Zeit beendet war. Er dachte gar nicht daran, zu gehen. Nicht dieses Mal, denn schließlich hatte Elke immer noch ein paar Scheiben Toast in ihrer Tüte und die sollten nicht an die Möwen gehen.
»Das war ja eine Aufregung an Bernds Wohnwagen heute Morgen. Gestern waren wir noch bei ihm, und jetzt ist er tot«, eröffnete Karl-Heinz das Gespräch, noch während er die Karten auf seiner Hand sortierte. Man hatte sich auf Rommé geeinigt.
»Ja, so schnell kann das gehen«, antwortete Ede lapidar mit einem Kopfnicken. »Gestern noch hier und heute schon dort.«
»Der hatte ein Verhältnis mit der Luzie, dieser hübschen Blonden, hast du das gewusst, Ede? Aber was frage ich? Natürlich hast du das gewusst. Jeder hier hat das gewusst.« Elke war gut informiert und machte keinen Hehl daraus.
»Um so etwas kümmere ich mich nicht«, brummte Ede.
»Die arme Frau«, ließ Elke nicht locker. »Erst verliert sie ihren Mann und nun auch noch den Liebhaber.«
»Elke, du bist dran. Wenn du nicht so viel tratschen würdest, wüsstest du auch, dass du dran bist«, wies Karl-Heinz seine redselige Frau zurecht und zwinkerte Ede verschwörerisch zu.
Elke ignorierte Karl-Heinz’ Rüge und setzte noch einen obendrauf: »Ich wette, die Lotte, die hat auch einen Liebhaber. Die ist wieder richtig aufgeblüht. Hast du das auch bemerkt, Karli?«
»Die Lotte? Nein. Ich habe nichts bemerkt. Gehört sich das denn, so kurz nach dem Tod des Ehemannes? – Weißt du denn, wer es ist?«
»Noch nicht. Sie ist vorsichtig. Aber das kriege ich noch raus. Verlass dich drauf. Ich werde mich …«
»Du sollst eine Karte ziehen, Elke – und lass die anderen Leute in Ruhe.« Obwohl er gerade doch ein bisschen neugierig geworden war, mochte es Karl-Heinz ganz offensichtlich nicht, wenn Elke sich dem Klatsch und Tratsch des Campingplatzes hingab. Schnell wechselte er das Thema. »Ich bin heute Nachmittag bei dem schönen Wetter ein bisschen spazieren gegangen. Bis zum Hafen runter. Habe mich auf eine Bank gesetzt und mir die Boote angesehen. Mensch, liegen da schöne Boote – das neue von Siggi etwa oder auch das vom Jupp. Der Jupp, das muss ich schon sagen, hat ein tolles Boot. Elegante Linie, strahlend weiß, großes Achterdeck, jede Menge PS auf den Schrauben. Kennst du Jupps Boot, Ede, die
Port Folio
?«
»Jupps Boot? Nee, das kenne ich nicht. Das ist nicht meine Liga, da kann ich nicht mithalten. Mir reicht mein kleiner Caravan. Da habe ich Wasser genug. Manchmal regnet es nämlich rein«, erklärte Ede dem fragend dreinschauenden Karl-Heinz und zog eine Karte. »Du bist dran, Karl.«
»Würde mich ja doch mal interessieren, wie der sich so ein tolles Boot leisten kann. Ich weiß auch gar nicht, warum er sich überhaupt eins gekauft hat. Er fährt ja fast nie damit. Bei schönem Wetter arbeitet er im Hafen, und im Winter fährt niemand. Er auch nicht.«
»Ich würde auch mal gerne auf einem Achterdeck sitzen und ein Gläschen Champagner trinken«, träumte Elke versonnen. »Oder wenigstens eine Tasse Kaffee. – Bin ich etwa schon wieder dran?«
»Nicht träumen, Elke, wir spielen hier schließlich Karten. Du musst schon aufpassen«, maßregelte Karl-Heinz seine Frau aufs neue.
»Aber das mach ich doch«, protestierte sie gut gelaunt und zog eine Karte. »Seht her – Rommé Hand.« Triumphierend legte sie sämtliche Karten auf den Tisch. »Punkte zählen, meine Herren.«
Während Ede und Karl-Heinz leise ihre Punkte zählten, war es still geworden und man hörte wieder die Stimmen aus dem Fernseher. Elke spitzte die Ohren, und auch Ede reckte nun seinen Kopf.
»Den mache ich jetzt besser mal aus. Der stört doch nur«, meinte er und unternahm einen Versuch aufzustehen.
»Nein, nein, lass doch mal«, hielt Elke ihn zurück. »Das ist ein Bericht über ein Hospiz. Die Frau meines Bruders hatte Krebs, die war auch einige Zeit in einem Hospiz. Es ist gut, dass es so was gibt, wenn man die letzte Reise antritt.«
Doch Ede ließ sich nicht aufhalten. Ungewohnt fahrig war er aufgesprungen und hatte im Nu
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