Tod Im Anflug
von seinem Bankraub erzählen konnte.
»Pass auf, dass dich niemand sieht. Hier ist viel Polizei auf dem Platz«
, hatte Bernd noch gesagt. Tom hatte auf den ominösen Fremden gewartet und mit Charlies Auftauchen gerechnet, doch der war nicht erschienen. Stattdessen war Jupp zu einem Scharmützel gekommen und erst unter Lottes entschlossenem Kommando wieder abgedampft. Tom musste jemanden übersehen haben – aber wen?
Halt!
, fiel es ihm wie Schuppen vom Fisch. Da war doch noch jemand gewesen. Denn als Bernd seinen Frust über den Streit mit Jupp an ihm auslassen wollte, hatte Tom sich aus dem Staub gemacht, war im Tiefflug haarscharf am Nachbarwohnwagen abgebogen und hätte beinahe jemanden umgeflogen. Na klar, da war doch Luzie gewesen!
Auf einmal schien Tom alles so eindeutig zu sein. Luzie war auf dem Weg zu Bernd gewesen. Sie hatten zusammen telefoniert, und
sie
war es, die Bernd erwartet hatte. Seine Geliebte war auch seine Komplizin. Unweigerlich schüttelte Tom den Kopf. Luzie, die Verbündete eines brutalen Bankräubers? Das wollte irgendwie nicht passen. Die nette Luzie, die neben einem guten Wort auch immer eine Scheibe Toastbrot für ihn hatte? Andererseits war Luzie immer sehr, sehr aufmerksam bei der Sache gewesen, wenn Tom mit ihr und Alex
CSI
geguckt hatte. Nie hatte sie eine Folge verpasst. Ein Schelm, der Böses dabei dachte? Es war doch durchaus möglich, dass sie, während Gil Grissom brutalen Killern und Totschlägern auf den Pelz rückte, eifrig gelernt hatte, wie man den perfekten Mord beging. Aus den unzähligen Krimi-Abenden wusste sie, was man zu tun und zu lassen hatte. Und diese Kenntnisse hatten offenbar einen schnellen Ermittlungserfolg der Kommissare verhindert.
Plötzlich kläffte ein Hund, und Tom schreckte zusammen, als er gedankenversunken am Wohnwagen von Siggi und Katharina vorbeiwatschelte. Nanu, ein Hund bei Siggi und Katharina? Ein Hund, der sich verdammt nach Balu anhörte! Schon öffnete sich die Wohnwagentür, und der Dackel verließ den Caravan, Siggi an der Leine. Tom ging schnell hinter einer Hecke in Deckung.
»Siehst du, mein Kleiner, das kriegen wir beide doch prima hin. Dein Frauchen hat sich viel zu viele Gedanken gemacht«, meinte Siggi, während Balu heftig an der Leine zerrte und den willenlosen Flügellosen wie einen schlaffen Papierdrachen hinter sich herzog.
Wo ist denn Lotte?,
fragte sich Tom. Doch dann fiel es ihm wieder ein. Die war ja bei Jupp in der Stadt, auf dem Kommissariat.
Ob Hump inzwischen etwas von Charlie gehört hat?
, überlegte er weiter, als er an das Kommissariat dachte. Er hoffte sehr, dass Rio in Kürze mit Neuigkeiten auftauchen würde, denn er hatte wenig Lust, den Kormoran bei seiner Observation abzulösen und selbst Stunden mit Stillsitzen in unbequemen Verstecken zu verbringen. Das ging nämlich mächtig auf den Rücken. Und mit einem Mal war ihm auch klar, warum im
Fall für Zwei
Doktor Lessing jemanden wie Matula beschäftigte. Doktor Lessing hatte sicher auch
Rücken
, wie Horst Schlämmer vom Grevenbroicher Tagesblatt sagen würde.
Balu verschwand unterdessen mit Siggi zwischen den Wohnwagenreihen, und Tom kam wieder hinter der Hecke hervor. Sofort reisten seine Gedanken wieder zurück zu Luzie, Bernd und dem Zyankali.
War Luzie etwa nicht nur Bernds Komplizin, sondern sogar die Täterin? Da Zyankali meist schneller wirkte als ein Gegenmittel helfen konnte, musste Alex es kurz vor oder kurz nach dem Verlassen des Restaurants zu sich genommen haben.
»… zum Abschluss gab’s noch unser Hausdessert, Vanillecreme mit Amarettosahne …«
, brachte sich die Kellnerin Anna mit ihrer Aussage wieder in Toms Erinnerung.
»… dazu benötigen Sie einen italienischen Mandellikör wie Amaretto …«
, drängelte sich nun auch noch die Journalistin aus dem gestrigen Regionalprogramm in den Vordergrund, als fürchte sie, die Kellnerin könnte sie samt ihrem Rezeptbeitrag auf ein TV -Abstellgleis schieben.
Amaretto – Mandeln – Bittermandeln – ZYANKALI .
Aber ja! Der Nachtisch!
Luzie hatte den Bittermandelgeruch des Zyankalis im Aroma der Amarettosahne versteckt. Ein besseres Versteck gab es nicht. Sicher hatte sie die Desserts extra deswegen gewählt. Nicht Bernd, der eiskalte Bankräuber, war der Mörder, sondern die brave Luzie. Erst Geliebte, dann Komplizin und nun auch noch Mörderin! So und nicht anders wurde ein Ei daraus!
Da Alex das Restaurant jedoch noch auf eigenen Beinen verlassen hatte, musste die Giftdosis
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