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Tod Im Anflug

Titel: Tod Im Anflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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Böschung landen zu lassen? Und wer, verdammt, hatte ein solches Loch in seine Brust gebohrt?
    Üblicherweise startete ein Vogeltag nicht mit derartigen kriminalistischen Fragen. Natürlich nicht. Ein normaler Vogeltag begann ganz anders.
    Schon die ersten Sonnenstrahlen weckten das gefiederte Volk. Nicht ein Revierinhaber ließ es sich nehmen, kaum dass er die Augen öffnete, jedem Rivalen ein:
Dieser Platz ist besetzt! Such dir was anderes, sonst bekommst du es mit mir zu tun!,
entgegenzuschmettern. Tom wusste: Flügellose hielten das fälschlicherweise für Gesang beziehungsweise für einen Morgengruß.
    Tom begann diesen Tag mit ausgiebigem Baden und Bürzeln. Als Junggeselle musste er weder Revier noch Nest verteidigen und auch keine kleinen hungrigen Mägen füllen. Er konnte sich seine Zeit frei einteilen – und das tat er auch. Seine Bäder, oft etliche am Tag, waren mehr als ausgedehnt. Hierzu suchte er sich stets eine ruhige, wenig besuchte Stelle auf dem See. Viele Male schaufelte er sich mit Kopf und Schnabel Wasser über den Rücken und schüttelte sich anschließend genüsslich.
    Bei dieser wohltuenden Beschäftigung konnte er besonders gut nachdenken, hatte er festgestellt. Vor allem in kriminalistischer Hinsicht.
    Hatte sich Neptunus jemanden zum Feind gemacht? Aber was konnte Neptunus, der eigentlich noch ein Grünschnabel mit Eierschalen hinter den Ohren gewesen war, schon Bösartiges getan haben? Oder war er einfach nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen? Hatte er etwas gesehen, was nicht für seine Augen bestimmt war? Sollte er deshalb den Schnabel halten – und das gleich für immer?
    Einen Kampf hatte es offensichtlich nicht gegeben, denn sonst hätte Tom haufenweise Federn in Neptunus’ Umgebung bemerken müssen. Schließlich hätte bei einer Auseinandersetzung nicht nur Neptunus Federn lassen müssen, sondern auch sein Gegner. Möglicherweise auch Fell, denn spitze Reiherschnäbel waren eine glänzende Verteidigungswaffe.
    Reiherschnäbel sind … gute Waffen, sinnierte Tom. Seine Gedanken kreisten wie in einer Zentrifuge. Reiherschnäbel sind …
    Dann ging ihm ein Licht auf.
    Reiherschnäbel sind … an Reihern dran! Dass er da nicht gleich drauf gekommen war. Reiherschnäbel sind an Reihern dran. An Familienmitgliedern. Am alten Veha, an Vri Jon und all den anderen Reihern, die Tom nicht namentlich kannte. Mord in der Verwandtschaft kam in den besten Familien vor. Das wusste Tom von Grissom und
Magnum
. Warum sollte die Familie der vornehmen Reiher da eine Ausnahme machen?
    Ich muss sie befragen,
beschloss er, hatte dabei jedoch ein beunruhigendes Gefühl im Bauch. Denn hatten die Reiher nichts mit Neptunus’ Tod zu tun, war es bei all ihrer aufrichtigen Trauer eine Zumutung, sie offen des Mordes zu verdächtigen. Er würde sie mit seinem Verdacht tief kränken, sich anschließend tausendmal für seine unsensiblen Fragen entschuldigen und sich eiligst davonmachen müssen. Aber damit wären seine Fragen nicht aus der Welt geschafft.
    Was aber, wenn einer von ihnen doch der Mörder war? Oder alle zusammen? Schlimmstenfalls würden sie auf ihn einhacken, ihn mundtot machen. Ihn verschwinden lassen.
    Ganz gleich, wie Tom die Sache anging. Er selbst kam da auf keinen Fall unbeschadet heraus.
     
    Bei schönstem Frühlingswetter, das nicht nur Gefiederten, sondern auch Flügellosen nach dem langen Winter wieder pulsierendes Leben einhauchte, flog Tom mit gleichmäßigem Flügelschlag das kilometerlange grüne Ufer des Sees und den Fluss, der ihn speiste, ab. Keine Reiher zu entdecken. Alle wie vom Erdboden verschwunden.
    Sie haben sich aufgemacht, sich aus dem Staub gemacht
, dachte er, doch just in diesem Moment entdeckte er sie. Ein kleines Grüppchen Graureiher stand an einem schilfigen Seeufer in der wärmenden Sonne. Mit ausgestreckten Hälsen standen sie wie steinerne Wächter da, die langen Beine bis zu den Knien im noch kalten Wasser. Dabei stierten sie schweigend und mit stoßbereiten Schnäbeln auf den See.
    Unschlüssig flog Tom eine kleine Schleife. Doch kneifen galt nicht, er musste runter. Nervös und kribbelig verringerte er zu schnell seine Flughöhe. Verflixt, vor lauter Herzklopfen gelang ihm die einfache Landung auf dem See nicht. Mit einem lauten
Platsch
wasserte er neben den Graureihern.
    »He! Was soll denn das? Mit der Aktion hast du jetzt alle Fische verscheucht. Ist dir das klar?«, raunzte ihn ein stattlicher Reiher an. Es war Vri Jon.
    Kein guter

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