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Tod Im Anflug

Titel: Tod Im Anflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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wir doch schon gesagt.«
    »Streitet ihr nie?« Tom wunderte sich. Gänse waren nicht nur gesellig und schnatterhaft,
Gans
, das wusste jeder Gefiederte, war auch ein Synonym für Streit, für Auseinandersetzung, für Wortgefechte. »In jeder guten Familie gibt es doch mal Streit. Also bei uns, da geht schon mal ganz schön die Post ab.«
    »Nein, niemals«, sagte Veha. »Wir haben Ehre, verstehst du? Wir achten einander – und gehen uns aus dem Weg, wenn es sein muss. Wir streiten nicht. Zwar gibt es in unseren Brutkolonien schon mal kleinere Geplänkel um Nistmaterial, das muss ich wohl zugeben. Aber das ist alles ganz harmlos.«
    »Was ist mit Eifersucht? Wegen eines Weibchens?« Tom ließ nicht locker und fragte einen Punkt nach dem anderen ab.
    »Du bist ein Ganter, du verstehst das nicht. Gänse leben ihr Leben lang mit nur einem einzigen Partner. Aber wir haben jedes Jahr eine Neue. Kriegen wir unsere Auserwählte nicht in diesem Jahr, dann eben im nächsten. Was soll’s. Eifersüchtig? Wo wir jedes Jahr die volle Auswahl haben?« Azimut hatte sich erneut zu Wort gemeldet und fand bei allen Reihern volle Zustimmung.
    »Wie sieht’s aus mit Habgier? Vielleicht hatte Neptunus ja etwas, das jemand anderes haben wollte.«
    »Was sollte das gewesen sein?«, fragte Azimut. »Einen Fisch vielleicht? Hier gibt es genug Fische. Und außerdem: Fisch vergammelt, wie lange hätte er ihn wohl behalten können. Sonst gibt es hier nichts, was ein Reiher haben möchte.«
    »Habgier scheidet aus, Tom«, sagte Veha. »Hier hat jeder alles, oder alle haben gar nichts. Wir können nichts mitnehmen, jedenfalls nicht mehr als in unseren kleinen Kehlsack passt – wir sind ja schließlich keine Pelikane.«
    »Es tut mir leid, dass ich euch so unangenehme Fragen stelle, aber ich muss nach allen Seiten hin ermitteln. Dazu gehört auch die Familie, versteht ihr?«
    »Tom«, sagte Veha ruhig und gelassen, »ich gebe dir mein Ehrenwort, niemand aus unserer Familie hat Neptunus auf dem Gewissen. Wir alle vermissen ihn sehr. Achtzig Prozent unserer Jungen sterben bereits im ersten Jahr. Und nur fünf von hundert Küken werden vier Jahre alt. Meinst du, wir legen es auch noch darauf an, uns selbst zu dezimieren?«
    Veha ließ seine Worte wirken, dann sprach er weiter: »Und hätte, was wirklich ungewöhnlich wäre, tatsächlich jemand aus unserer Familie etwas mit Neptunus’ Tod zu tun, hätten wir das schon geklärt. Unter uns. Du verstehst?«
    »Ich danke euch für eure Auskünfte. Es tut mir leid, wenn es sich so angehört hat, als ob ich einen von euch verdächtigt hätte.« Tom fühlte sich erleichtert und unbehaglich zugleich. Von den Langschnäbeln war es niemand gewesen. Das war eine gute Nachricht.
    Andererseits bedeutete es aber auch, dass die Ermittlungsarbeit nun erst so richtig losging.

4
    Ede lächelte und kraulte sich zufrieden den Bart, als er Tom fast lautlos einfliegen sah. Kaum war das Läuten der Kirchenglocken verklungen, erschien er auf der Bildfläche. Pünktlich. Wie immer.
    Der Rentner hatte bereits alles für die gemeinsame Fernsehzeit vorbereitet. Der Abendhimmel war blank geputzt, das TV -Gerät platziert. Tisch und Stühle standen an ihrem Platz, und auch die Kissen waren aufgeschlagen. Auf dem Tisch thronte eine gekühlte Flasche Bier, daneben stapelten sich frisches Toastbrot und trockene Kuchenreste zu einem kleinen Turm.
    »Keine Sekunde zu spät, Nili, wie machst du das nur?«, begrüßte Ede den Ganter frohgelaunt. »Nimm Platz.«
    Ede griff nach Toast, Kuchen und Bier und ließ sich neben Tom in seinen Campingstuhl plumpsen. »Hier, bedien dich«, sagte er und hielt Tom ein großes Stück Weißbrot hin, während im Fernseher bereits die ersten Nachrichten verlesen wurden.
    Nur zu gerne schnappte Tom zu. Die Befragung der Reiher hatte ihm einiges abverlangt. Er war erschöpft und gleichzeitig aufgekratzt; sich auf die Nachrichten konzentrieren, das konnte er an diesem Abend nicht. Zu viel schwirrte ihm durch den Kopf.
    »Du bist aber schweigsam heute. So kenne ich dich ja gar nicht«, sagte Ede, als er ihm ein weiteres Stück Brot reichte. Ein besorgter Unterton lag in seiner Stimme.
    Tom antwortete nicht. Es hatte nicht viel Zweck, Ede von seinem Besuch bei den Reihern zu erzählen. Auch wenn sie sich ja inzwischen schon ganz gut kannten, der Flügellose verstand ihn immer noch nicht. Ede würde ihm vermutlich zuhören, doch eine echte Hilfe wäre er ihm nicht.
    »Ich habe übrigens schon in das

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