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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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die nächste Hausecke verschwunden waren, sagte er das, was Rapp schon erwartet hatte: »Ich muss auch fort, Hauser. Bleib hier und halte den Laden offen. Den Schlüssel hast du ja.« »Jawohl, Herr Apotheker.« »Bis morgen.«
    »Bis morgen.« Rapp widmete sich weiter der Herstellung seiner Beruhigungstropfen und beschloss, nicht allzu spät heimzukehren. Er war gespannt auf das, was Isi zu erzählen haben würde.
    Isi trat von einem Bein aufs andere und dachte schon, der Imitator würde gar nicht mehr kommen, als er endlich in der Tür erschien, kurz nachdem drei Männer gegangen waren. Sie duckte sich noch tiefer hinter den Mauervorsprung und beobachtete mit flinken Augen die an diesem Mittwochmittag sehr belebte Deichstraße.
    Nachdem der Imitator sich in Richtung Hopfenmarkt gewandt hatte, folgten ihm zwei plappernde Mägde mit großen Einkaufskörben, dann trabte ein vornehmer Reiter daher, gefolgt von einem schweren Transportkarren mit vier Gäulen, der geräuschvoll über das Kopfsteinpflaster rumpelte; er rammte dabei fast ein paar torkelnde, lauthals singende Janmaate, vermutlich späte Heimkehrer nach durchzechter Nacht, die einander stützend ihrem Schiff zustrebten.
    Isi wartete ab, bis sie vorbei waren, und spähte noch einmal nach allen Seiten, dann nahm sie die Verfolgung auf. Da sie klein und wieselflink war, fiel es ihr nicht schwer, sich an die Fersen des Scharlatans zu heften. Sie ging einfach dicht hinter den Mägden, deren Sinne so mit neuestem Klatsch beschäftigt waren, dass sie alles andere um sich herum vergessen hatten. Aber der Scharlatan ging schnell und die Mägde langsam. Auf Dauer konnte Isi nicht hinter ihnen bleiben; der Abstand vergrößerte sich zu sehr. Sie wechselte auf die andere Straßenseite und sagte sich, dass sie keine Angst haben brauchte. Der Imitator kannte sie ja nicht. Er hatte sie nie gesehen, auch neulich nicht, als sie mit Mine in der Apotheke gewesen war und die schaurig-schönen Sachen im zweiten Stock angeschaut hatte: die Totenköpfe von den Tieren, den ausgestopften Zwerg, den Seehund, die Krokodile an der Decke ... und alles das wollte der Kerl da vorn Teo stehlen.
    Teo hatte gesagt, es sei sehr wichtig, endlich zu wissen, wer der Mann in Wirklichkeit war. Er wohnte ja nicht in der Apotheke, sondern woanders, und wenn man seine Adresse herausfand, wüsste man auch seinen richtigen Namen. Und dann würde sich vielleicht das ganze Rätsel lösen.
    Der Scharlatan hatte jetzt den Rand des Hopfenmarkts erreicht, und eine Hand voll Bettler, die vor St. Nikolai herumgelungert hatten, stürzte auf ihn zu, die Arme fordernd ausgestreckt. Er wehrte sie unwirsch mit dem Stock ab und marschierte nach rechts weiter. Die Straße dort hieß Neue Burg. Isi beeilte sich, den Imitator nicht aus den Augen zu verlieren. Zu ihrer Erleichterung nahm er nicht den Weg zum Hammerbai, denn dorthin hätte sie ihm nicht folgen dürfen. Teo hatte es strikt verboten, »zu gefährlich«, hatte er gesagt und hinzugefügt: »Ich würde es mir nie verzeihen, wenn dir etwas passiert.« Das hatte ihr gefallen. Es hatte so besorgt geklungen und irgendwie auch ritterlich. Isi liebte Rittersagen. Die Helden waren so tapfer, und oftmals träumte sie davon, ein edles Burgfräulein zu sein, das aus den Fängen der bösen Feinde befreit wurde. Wo war der Imitator? Ach ja, da vorne. Er ging über die Brücke zum Rathaus. Nein, doch nicht. Er bog vorher rechts ab und eilte auf ein anderes Gebäude zu. Isi wusste nicht, auf welches, aber es sah sehr groß und wichtig aus. Gut gekleidete Herren kamen aus ihm heraus, und ebenso gut gekleidete Herren betraten es. Auch der Imitator ging hinein.
    Isi blieb in dreißig Schritt Entfernung stehen und überlegte, was sie als Nächstes tun sollte. Sie fragte einen vorbeilaufenden Jungen, ob er wisse, was das für ein Haus sei, und wer da wohne. »Büst du mall?«, brüllte der. »Dat is de Börse!« Die Börse. Das hatte sie nicht wissen können. Obwohl ihr bekannt war, dass reiche Herren mit der Börse zu tun hatten. War der Imitator reich? Wo blieb er nur? Isi beschloss, zu warten. Der Mann war hineingegangen, also würde er auch wieder herauskommen. Irgendwann. Sie stand eine halbe Ewigkeit da.        Was machte der Mann nur so lange in der Börse? Isi war zäh. Sie harrte aus. Die Glocken von St. Nikolai zeigten ihr an, dass Stunde um Stunde verrann. Sie wartete weiter. Doch dann wurde es dunkel und der Strom der heraustretenden feinen Herren immer

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