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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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uns erst vom Hof gehen.« Als sie draußen waren und auch die Nachbarquartiere durchquert hatten, begann er: »Hör zu, Isi, das Ganze hängt damit zusammen, dass ich eine geheimnisvolle Sammlung besitze, ein Kabinett aus Tieren, Pflanzen und Steinen. Alle sind äußerst selten, so selten, dass man sie nirgendwo in Europa findet. Sie haben Farben und Formen, die selbst die kühnste Fantasie sich nicht ausmalen kann: kurios, bizarr, monströs. Es gibt Vögel, die wie Drachen aussehen, Wölfe mit zwei Köpfen und fünf Beinen, Fische, die so tief im Meer schwimmen, dass sie immer eine Laterne bei sich haben müssen. Es gibt Heuschrecken, die einem Zauberstab gleichen, Schmetterlinge so groß wie zwei Kehrbleche, Muscheln, in denen ein ganzes Schwein verschwinden könnte, und vieles, vieles mehr. Eine solche Sammlung nennt man Thesaurus.« »Thesaurus ...«, wiederholte Isi andächtig. Sie hing an Rapps Lippen und hatte weder für die Straße noch für die Leute Augen.
    Während sie zum Burstah gingen und Mine ihre Hemden ablieferte, sprach Rapp weiter. Er erzählte, dass es einen unbekannten Mann gäbe, der ihm aufs Haar gleiche, und dass dieser Mann es auf seinen Thesaurus abgesehen habe. Deshalb hätte er den teuflischen Plan gefasst, ihm die Kleider zu stehlen und als Teodorus Rapp in seiner Apotheke aufzutreten. Von dem Verwechslungsschwindel erhoffe er sich, den Thesaurus besser rauben zu können. Er, Teo, könne gar nichts dagegen tun, weil er ja seine Kleider nicht mehr hätte und nun aussehe wie ein Mann von der Straße.
    »Hm«, machte Isi. »Verstehe. Du bist Rapp. Aber wenn der andere sagt >Ich bin Rapps nützt dir das nix, weil dir keiner glaubt.«
    »So ist es«, bestätigte Rapp, der froh war, dass Isi nicht weiter nachbohrte. Auf diese Weise blieb ihm erspart, auch noch über die Morde zu sprechen. Es wäre ohnehin nicht gut für das Kind gewesen.
    »Trotzdem, auf die Dauer geht das nicht so weiter«, überlegte Isi altklug. »Da müssen wir uns was einfallen lassen, nicht, Mine?«
    Mine, die sich ihnen inzwischen wieder angeschlossen hatte, lächelte. »Kommt Zeit, kommt Rat.« Sie zog ihr Schultertuch fester um sich, denn es wehte ein frischer Wind. Isi plapperte munter weiter: »Das Apothekenhaus Rapp, das kenn ich. Bin da schon vorbeigekommen. Öfter sogar.« Rapp achtete nicht auf die Kleine. Er war tief in Gedanken versunken. So sehr es ihm anfangs wider die Natur gegangen war, Isi in seine Geschichte einzuweihen, so sehr konnte sich das jetzt als nützlich erweisen. Vorausgesetzt, Mine machte bei der Sache mit. Als sie in unmittelbarer Nähe der Apotheke waren, nahm er seine Begleiterinnen beiseite und erklärte ihnen, was er vorhatte. Beide waren sofort einverstanden.
    Mine und Isi betraten die Apotheke und entboten die Tageszeit, doch niemand gab ihnen Antwort, da sich kein Mensch in der Offizin befand. So blieb ihnen Zeit, sich umzusehen. »Guck mal, das schwarze Pferd da an der Wand«, sagte Isi, unwillkürlich flüsternd. »Es sieht groß und unheimlich aus.« »I wo, es ist nur ein Rappe. Alle Rappen sind schwarz. Und nun versteck dich hinter dem Pult mit dem Buch«, entgegnete Mine.
    Sie nutzte die Zeit, um sich die Schränke und Schubladen genau anzusehen, so wie Teo es ihr eingeschärft hatte. Gerade als Isi etwas erwidern wollte, erschien der Apotheker. Es war Teodorus Rapp. Mine, die zwar einen Doppelgänger erwartet hatte, aber natürlich nur einen ähnlich aussehenden Menschen, schlug sich entgeistert die Hand vor den Mund. Dieser Mann war Teo! Es musste so sein! Aber wo war dann der falsche Apotheker? Konnte es wirklich sein, dass dieser Mann der falsche ... Nein, Teo musste um das Haus herumgegangen und durch die Hintertür wieder hereingekommen sein. Und nun stand er leibhaftig vor ihr. War das Ganze ein Scherz? »Ja, bitte?«, sagte der Mann im weinroten Gehrock. Nein. Das war nicht Teos Stimme. Der Mann war ein Betrüger! Geistesgegenwärtig begann Mine zu husten und presste sich die Hand auf den Mund.
    Der Imitator nickte, während er rasch die Kundin einzuschätzen versuchte. Sie war älter als die meisten Mägde, außerdem sehr sauber und gepflegt gekleidet. Wahrscheinlich eine Bürgersfrau. Er entschloss sich zu der geziemenden Anrede. »Ich höre, Euch plagt die Influenza. Nun, ich kann Euch versichern, dieses Zipperlein ist nicht nur unangenehm, es schlägt sich auch auf die Stimme nieder. Ich spüre es selbst gerade am eigenen Leibe.« Demonstrativ hustete er in sein

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