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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Miene hellte sich ein wenig auf. »Das möchtest du wohl wissen, was? Nun, ich bin ein wenig abergläubisch, deshalb will ich erst darüber reden, wenn es geklappt hat.«

 
    Kapitel sechs,
    in welchem ein Kuriosum namens Paramuricea clavata
    auftaucht und durch seine schöne Beschaffenheit
    allseits Bewunderung auslöst.
     
    A m anderen Vormittag herrschte raues Seewetter. Der Wind pfiff um Hamburgs Häuser und jagte kleine, kabbelige Wellen über die Elbe. Rapp fröstelte, während er, einen von Mine geliehenen Marktkorb tragend, die Vorsetzen entlangging und die am Kai vertäuten Schiffe beobachtete. Einige von ihnen kannte er, denn seine Sammelleidenschaft hatte ihn schon öfter hierher geführt. Besonders interessierten ihn die großen, seegehenden Kauffahrer, die nach Westindien fuhren, nach Südamerika, Afrika, Australien und in die Weiten des Pazifik, wenngleich dies ein Meer war, das zum Handel wenig taugte und zum größten Teil noch der Erforschung harrte. Manche Wissenschaftler behaupteten, in seinem äußersten Süden müsse sich ein weiterer Kontinent befinden, gewissermaßen als Gegengewicht zur riesigen arktischen Landmasse, aber Rapp war an solchen Theorien weniger interessiert, jedenfalls nicht, solange der Antarctica genannte Erdteil nicht entdeckt war, und schon gar nicht, wenn er keine Kuriosa bot. Vor ihm tauchte das breite Heck der Bonaventure auf, ein Engländer, der Toback und Coffee aus der Karibik gebracht hatte, doch niemand an Deck ließ sich blicken. Rapp schritt weiter. Das Schwierigste war immer, an Bord zu kommen. War das erst einmal geschafft, konnte sich mancherlei ergeben. Der nächste Segler war die Pigafetta, ein hochbordiger Portugiese mit einer Ladung Färbeholz für die Hansestadt. Am Bug standen drei Matrosen, die so abweisend zu Rapp herunterstarrten, dass dieser sich gar nicht erst bemühte, sie anzusprechen. Außerdem war sein Portugiesisch nicht das Beste. Gleiches galt im Übrigen für sein Englisch und Französisch. Einzig das Niederländische war bei ihm, neben dem Latein, recht passabel, dies nicht zuletzt, weil er einige Zeit im Holländischen gearbeitet hatte. Vor ihm tauchte jetzt die Valiant auf, ein englisches Kriegsschiff der dritten Klasse mit siebzig Kanonen. Kriegsschiffe waren für Rapps Absichten denkbar ungeeignet, denn sie hatten stets einen Arzt an Bord. Darauf folgte die Concepcion, ein weiterer Portugiese, dem Rapp schon vor einer Woche einen Besuch abgestattet hatte und von dem er wusste, dass er Gummi aus Afrika transportierte. Auch bei ihm war nichts zu holen.
    Größere Aussichten bot da vielleicht die Noordenwind, ein Hamburger Grönlandfahrer, der auf Walfang vor Spitzbergen ging. Rapp blieb stehen und schaute hoch. Das Schiff war typisch für seine Art: stark beplankt, um dem Packeis genügend Widerstand leisten zu können, kompakt gebaut, mit großen Laderäumen für Tonnen von Speck, aus dem der für die Beleuchtung so notwendige Tran gebrannt wurde. Am Heck stand ein Mann in abgetragener Uniformjacke, der einige Matrosen beim Teeren der Takelung beaufsichtigte. Er rauchte Pfeife und kratzte sich dabei angelegentlich im Nacken. Rapp sah näher hin. Den Mann schien es mächtig zu jucken. Er bellte irgendeinen Befehl, stieß ein paar Qualmwolken aus und kratzte sich weiter.
    Etwas Besseres konnte Rapp gar nicht passieren. Er stellte den Korb ab, bildete mit den Händen einen Trichter vor dem Mund und rief hinauf: »Ahoi, Noordenwind! Braucht Ihr Hilfe, Herr Kapitän?«
    Der Angesprochene schaute nach unten und entdeckte Rapp. »Hilfe, wieso, Mann?«
    »Weil es Euch mächtig zu zwicken scheint. Ich hätte etwas Wirksames dagegen.«
    »Der Kapitän ist an Land, ich bin der Steuermann«, kam es abweisend von oben.
    Rapp ließ sich nicht entmutigen. »Wie lange habt Ihr schon die Beschwerden?«
    »Was geht's dich an? Bist du Arzt oder so was?« »Ihr habt's an der Haut, und ich habe eine Arznei dagegen. Darf ich an Bord kommen?«
    Der Steuermann zögerte. Dann, vielleicht, weil ihn ein neuerlicher Juckreiz überfiel, willigte er ein. »Meinetwegen, aber geh zuerst zur Wache an der Deckspforte und sag ihr, dass du meine Genehmigung hast.«
    Wenig später stand Rapp dem Steuermann gegenüber, einem Mann mit wettergegerbtem Gesicht und tiefen Falten um Mund und Nase. »Am besten, wir gehen in Eure Kajüte«, schlug er vor.
    »Meinetwegen«, sagte der Fahrensmann abermals und stapfte voran. Er öffnete die Tür zu einer spartanisch eingerichteten

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