Tod im Apotherkerhaus
Seemann ein paarmal mit der flachen Hand gegen die Wange und drehte dessen Kopf, so dass er ihm direkt ins Gesicht sehen konnte. Der Riese kam ihm bekannt vor. War er ihm schon einmal begegnet? Und dann wusste Rapp es wieder. Es handelte sich um den Seemann Klaas von der Seeschwalbe, der ihm so freundlich seine Hilfe angeboten hatte, als er nach dem Überfall aufgewacht war. Bei Kehrwieder, auf der anderen Seite des Binnenhafens, war es gewesen.
»Jo, kann ik. Wat is? Huiii, dat ziepelt jo bannig!« Klaas fasste sich mit der gesunden Hand an die Schulter und wollte sich aufrichten, aber Rapp verhinderte es.
»Wat is? Segg mol, ik heff di schon sehn. Wo weer dat blots we-sen?«
»Streng dich besser nicht an. Und halte den Arm hoch. So ist es gut. Und du, Wirt, kannst dem Mann einen Schnaps spendieren auf den Schreck.«
Das Wort Schnaps sollte sich als Zauberwort erweisen, denn Klaas befolgte ab sofort alle weiteren Anweisungen widerspruchslos, und die Stimmung unter den Zechern besserte sich rapide, als der Wirt sich breitschlagen ließ, auch noch eine Lokalrunde zu schmeißen.
Rapp war froh, dass Klaas nicht weiter in seiner Erinnerung kramte, sondern zufrieden seinen Schnaps hinunterkippte. Die Atmosphäre in der Schänke hatte sich entspannt. Die Zecher kehrten an ihre Plätze zurück und schwangen alsbald wieder Bierkrüge und Würfelbecher.
»Büst du, äh, ich meine, seid Ihr Physikus?«, fragte der Wirt. Er hielt einen weiteren Schnaps in der Hand, den Rapp aber ausschlug. Er wollte einen klaren Kopf behalten. »Nein, ich bin Ap ...« Rapp hielt inne, denn der Wirt würde ihm seinen Beruf sowieso nicht glauben. Ebenso wenig wie die Nachtwache oder die anderen offiziellen Organe der Stadt. »... ab und zu dabei gewesen, wenn einer verarztet wurde, mehr nicht. Gib den Schnaps nur dem Seemann, der kann ihn brauchen.«
Doch der Wirt genehmigte sich die scharfe Flüssigkeit selbst und sagte dann: »Na, geiht mi jo ok nix an. Ober ik segg danke.« »Gern geschehen.« Ein Luftzug in Rapps Rücken signalisierte ihm, dass die Tür sich wieder geöffnet hatte. Fixfööt war zurück.
»Schneller ging's nicht«, keuchte der Rotschopf. »Aber ich hab alles gefunden.« Er legte die einzelnen Gegenstände auf den Tisch und blickte Klaas an. »Kannst von Glück sagen, dass Teo rechtzeitig zur Stelle war. Sonst hätt's übel für dich ausgesehen.«
Ohne auf Rapps Proteste zu achten, richtete der Riese sich jetzt auf. »Teo, is dat dien Noom?« Er sprach, ohne mit der Zunge zu stolpern, als hätte der Schock und die Schmerzen seinen Rausch fortgeblasen. »Ja«, sagte Rapp.
»Nu weet ik dat. Ik heff di bi Kehrwedder sehn. Danke, Teo.« »Gern geschehen«, sagte Rapp abermals und begann die Notverbände auszuwechseln. Fixfööt half ihm dabei, und beiden war es nur recht, dass sie nicht mehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit standen. Irgendwann kam der Wirt vorbei und fragte mit ungeduldigem Unterton, ob sie nicht bald fertig seien. Rapp antwortete, sie würden erst dann verschwinden, wenn sie sicher wären, dass Klaas wieder gehen könnte. Der Wirt gab sich mit dieser Auskunft zufrieden und schlurfte zurück zu dem großen Bierfass, das er wie ein Zerberus hütete. Wahrscheinlich hatte er schlechte Erfahrungen mit seinen Gästen gemacht.
Wenig später waren die Lebensgeister in Klaas wieder so weit erwacht, dass er nicht mehr länger auf dem Tisch zu halten war.
Er kam hoch und wollte Kurs auf die Seeschwalbe nehmen, um noch eine Mütze voll Schlaf zu kriegen. Rapp und Fixfööt bestanden darauf, ihn bis zum Schiff zu begleiten. Dort angelangt, verabschiedeten sie sich voneinander, und Klaas musste Rapp versprechen, am anderen Morgen zu den Vorsetzen zu kommen, damit dieser seine Verbände überprüfen konnte. Später, auf dem Nachhauseweg, fragte der Rotschopf: »Sag mal, Teo, wir wissen doch nun nicht, wo deine Sachen abgeblieben sind. Wurmt dich das nicht?«
Rapps Miene verfinsterte sich. »Doch, Fixfööt, erheblich sogar. Allein die Vorstellung, ich könnte meine Kostbarkeiten für immer verloren haben, ist grausam. Aber es half ja nichts. Wir konnten Klaas doch nicht einfach liegen lassen, denn er wäre mit Sicherheit verblutet. Wir mussten uns also zwischen meiner Sammlung und einem Menschenleben entscheiden, und ich denke, wir haben das Richtige getan.« »Ja«, sagte Fixfööt.
Sie gingen weiter. Und irgendwann fragte der flinkbeinige Jüngling: »Und was willst du morgen früh an den Vorsetzen?« Rapps
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