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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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eine Spritze in den Hintern zu jagen, hatte sie wohl etwas verstört. Sie fragte zweifelnd: »Meint-Ihr-ich-kanns-selbst?« Rapp ging nicht auf die Frage ein, sondern sprach weiter: »Da Ihr unter Migräne leidet, will ich Euch empfehlen, was besonders in Frankreich und dort am Hofe Ludwigs XIV. dagegen verabreicht wurde. Neben warmen Kräutersuden und scharf gewürztem Zitronensaft...«
    »Zitronensaft-oh-mein-Gott-brennt-das-nicht-im ... im ... ?« »Nun, gute Frau«, sagte Rapp ernst - und lachte dabei im Stillen, »die Frage kann ich nicht beantworten, da mir ein solches Klistier noch nie appliziert wurde, ich denke aber, Weißwein, und hier ein guter Riesling, würde bei Euch keinesfalls brennen ...«
    »Riesling-sagtet-Ihr-Riesling?« Die Witwe wirkte jetzt einigermaßen erschüttert.
    »Ganz recht. Gleiches dürfte auch für Knabenurin gelten. Hier soll sich jener von Jungen, die kurz vor der Mannesreife stehen, als besonders wirksam erwiesen haben. Die Schwierigkeit ist natürlich nur, den richtigen Zeitpunkt abzupassen, will sagen, den Punkt, bevor der Knabe seinen ersten Erguss hatte ...« Rapp brach ab. Er brauchte auch nicht weiter zu reden. Die Witwe hatte fluchtartig die Apotheke verlassen. Wenig später, Rapp hatte zwischenzeitlich eine Reihe andere, ernst zu nehmender Kunden bedient, erschien der Imitator von oben. »Hauser«, sagte er, »für heute ist das Tagewerk getan, geh heim.«
    »Gern«, gab Rapp zurück. Und dann fragte er, was er sich schon seit einigen Tagen überlegt hatte: »Darf ich ein wenig Lackmuspulver mitnehmen?«
    »Lackmuspulver? Aha. Was wollt Ihr denn mit diesem Pulver?« »Ach, nichts von Bedeutung. Ich brauche nur ein wenig.« »Nun denn, in Gottes Namen. Nehmt Euch, was Ihr wollt.« »Danke, Herr Apotheker.« Rapp entnahm einem Albarello etwas von dem aus der Lackmusflechte gewonnenen Pulver, gab eine gute Portion Stärke hinzu, mischte beides gründlich, so dass aus dem ursprünglich blauen Pulver ein sehr helles wurde, und füllte das Ergebnis in ein kleines Döschen. Dann machte er sich schnell davon.
    Opa schob gerade seinen Priem von der linken in die rechte Backentasche, als Rapp auf dem Hof erschien. »Hö, Teo, wo geiht di dat?«
    »Goot, Opa. Un di? Wat mookt de Kunst?« »Goot, goot!« Der Greis kicherte. »Dein Plattdüütsch is ja schon'n büschen besser geworden, Teo, aber langen tut das noch nich. Ich muss wohl noch 'ne Weile wie die feinen Leute snacken, damit du mich verstehen tust, nich?« Rapp steuerte auf Opa zu, der wie immer hinter dem Misthaufen saß und von Zeit zu Zeit einen Tobackstrahl ausspie. »Ist Mine zu Hause?«
    »Is sie, mien Jung. Alle sin da. Nur die Koken-Marie is noch aufm Pferdemarkt, un Isi is bei ihr.« »Schön. Dann bis später.« »Jo,jo.«
    Rapp wandte sich nach rechts zum Klosettschuppen, neben dem sich die Eingangstür von Mines Haus befand. Plötzlich spürte er einen scharfen Schmerz in der Seite. Ein kleiner, harter Gegenstand hatte ihn getroffen. Rapp stieß eine Verwünschung aus. Er war, ohne darauf zu achten, in die Schusslinie der Kieselsteinwerfer geraten. »Hö, Teo, dat wullt wi nich!« »Deit uns Leed!« »Hest wat afkregen?«
    Rapp zwang sich zu einem Lächeln. »Halb so schlimm, ihr Rotznasen, ich hätte besser aufpassen müssen.« Opa meldete sich von hinten: »Kinners, habt ihr keine Augen nich in'n Kopp? Passt doch op!«
    Rapp winkte ab. »Lass gut sein, Opa.« Und dann sah er aus den Augenwinkeln, wie der kleine Pinkler heranwieselte und übergangslos die Gelegenheit nutzte. Doch diesmal sollte er nicht davonkommen. Kaum hatte er begonnen, Pipi in den Kessel zu machen, da war Rapp schon heran und packte ihn am Kragen. »Lot mi, lot mü«, jammerte der Kleine, der sich mit aller Kraft loszureißen versuchte. Doch selbst wenn es ihm gelungen wäre, er hätte nicht mehr entkommen können. Die ganze Gruppe der Kieselsteinwerfer umringte ihn bereits. »Du Swinegel!« »Du Moors!« »Nu gifft dat Kloppe!«
    Rapp, der den Steppke eisern festhielt, musste schmunzeln, er hatte nicht gedacht, dass die Gelegenheit so schnell kommen würde, aber weil sie nun einmal da war, wollte er sie auch nutzen. Er versuchte, das Gebrüll der Kinder zu übertönen: »Ruhe, ihr Schreihälse, Ruhe! Ich werde ... sag mal, wie heißt du eigentlich, Kleiner?« »M... Michel«, kam es weinerlich von unten. »Gut, Michel. Du brauchst keine Angst zu haben. Niemand wird dich hauen. Schau einmal, ich habe hier Zauberpulver.« Rapp setzte eine

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