Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
Vom Netzwerk:
sagte es: »Also nicht. Ihr seht bei näherer Betrachtung auch nicht wie der Apotheker aus, eher wie sein Assistent, vielleicht auch wie ein Kunde. Lasst mich raten: Ich glaube, Ihr seid der Assistent. Wisst Ihr, wo Rapp ist?« Rapp war nicht unbeeindruckt. Das Frettchen ließ sich nicht ins Bockshorn jagen, es wirkte wachsam, klug und selbstbewusst. »Ihr habt Recht, ich bin Molinus Hauser, der Gehilfe«, sagte er, »der Herr Apotheker ist oben im zweiten Stock.« Und einer Eingebung folgend, ergänzte er: »Wenn Ihr es wünscht, bringe ich Euch hinauf.«
    »Das ist sehr freundlich, Hauser. Nach Euch.« Während Rapp vor dem Männchen die Stufen hinaufstieg, fühlte er so etwas wie Genugtuung. Bisher hatte der Imitator es immer verstanden, ihn von seinem Thesaurus fern zu halten, diesmal jedoch konnte er schlecht etwas dagegen haben, wenn er nach oben kam — einen Büttel der Stadt im Gefolge. Denn dass es sich bei dem Besucher um einen Büttel handelte, davon war Rapp mittlerweile überzeugt.
    Im zweiten Stock angelangt, sagte er: »Ich bitte um Entschuldigung, hier ist jemand, der Euch sprechen möchte, Herr Apotheker.«
    Der Imitator bot ein seltsames Bild. Bis eben hatte er noch den präparierten Pygmäen wie eine Puppe hochgehalten und untersucht, nun stellte er den Zwergmenschen ab. Eine steile Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen. Er setzte zu einem harschen Wort an, besann sich dann aber angesichts des Besuchers. »Ja? Bitte?«
    »Ihr seid der Apotheker Teodorus Rapp?« Die Frage des Frettchens war mehr eine Feststellung.
    »Nun, der bin ich.« Der Imitator begann die Haare des Pygmäen in Ordnung zu bringen. »Und mit wem habe ich das Vergnügen? Wenn Euch ein Zipperlein plagt, wendet Euch an meinen Gehilfen. Meine Zeit ist begrenzt.«
    »Ich darf Euch versichern, die meine auch.« Das Frettchen grinste treuherzig. »Ich heiße Meinardus Schlich und bin von der Stadt.«
    »So, von der ...« Der Imitator unterbrach sich. Sein Gesicht nahm einen wachsamen Ausdruck an. »... Stadt. Was kann ich für Euch tun?«
    Die flinken Äuglein strichen über Wände, Schränke und Regale. »Ist das Eure Sammlung?«
    »Ja, ich nenne sie meinen Thesaurus. Ich war gerade dabei, etwas aufzuräumen. Der Pygmäe war umgefallen.« »Hier scheint einiges umgefallen zu sein«, sagte das Frettchen, und damit hatte es in der Tat Recht. Rapp an seiner Seite schluckte ein paarmal schwer. Wie sah es in dem Raum nur aus! Nichts schien mehr an seinem Platz zu sein. Ein Tohuwabohu aus Schubladen, Schatullen, Gläsern und dazwischen immer mal "wieder eines seiner kostbaren Exponate. Die Gefäße mit den Schlangen und Vipern standen noch dort, die Schwämme und Korallen auf den Borden, auch einige Schaukästen mit Insekten und die Säugetier-Embryonen unter Glas waren noch vorhanden, dazu die Steine, Erze, Fossilien und die versteinerten Hölzer. Es ließ sich beim besten Willen nicht sagen, was alles, bereits fort und was noch verblieben war. Aber es war nicht mehr viel übrig von den ursprünglich über dreißigtausend Stücken ... Das Frettchen verzog sein Gesicht in traurige Falten. »Nun, Herr Apotheker, ich kann Euch gar nicht sagen, wie Leid es mir tut.«
    »Wie? Was?« Der Imitator, der immer noch an den Haaren des Pygmäen nestelte, guckte verständnislos. »Dass Ihr so schamlos beraubt wurdet. Es sieht doch ein Blinder mit dem Krückstock, dass hier Langfinger am Werk waren. Und wenn Ihr der Apotheker seid, dann muss dies ein herber Verlust für Euch sein. Ihr seid doch der Apotheker?«
    Der Scharlatan brauchte einen Moment, um den Zweifel an seiner Identität zu verdauen. »Natürlich. Was soll das? Wo denkt Ihr hin!«
    »Es ist nur eine Formsache, aber ich würde Euch bitten, es zu beweisen.«
    Der Imitator spielte den Beleidigten. »Bitte sehr, wenn Ihr unbedingt darauf besteht. Hier ist meine Identitätskarte.« Er fischte das Papier aus der Tasche seines roten Rocks. Meinardus Schlich, das Frettchen, nahm es entgegen und beäugte es aufmerksam. Dann gab er es zurück. »Nun, Herr Apotheker, ich will Euch gerne glauben, aber Papier ist geduldig. Habt ihr noch andere Beweise? Vielleicht eine einmalige Körperbeschaffenheit, ein Mal, eine Narbe?« »Jetzt wird es mir aber bald zu bunt!«, heuchelte der Doppelgänger, zog den linken Ärmel seines Gehrocks hoch und die Manschette seines Hemds ebenfalls. »Hier, diese Narbe, die habe nur ich, allerdings wüsste ich keinen, der das bestätigen kann, höchstens ... nun ja.

Weitere Kostenlose Bücher