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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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ein altes Spinnrad darin. Adelina säuberte den Raum mit schöner Regelmäßigkeit, aber ihr Vater wollte nicht, dass er genutzt wurde. Prüfend ließ sie den Blick über die fest verschlossenen Fensterläden wandern, dann über den Boden. Mäusekot. Vielleicht sollte sie in der Nachbarschaft fragen, ob jemand junge Katzen hatte, denn Fine hatte seltsamerweise bisher noch nie Junge bekommen.
    Die beiden anderen Kammern waren wesentlich kleinerund nur mit schmalen Fensterchen versehen, die auf den Garten hinausgingen. Es waren Gesindekammern, und sie standen ebenfalls schon seit Jahren leer. In beiden gab es jeweils ein Bett, eine große Lade mit Deckel und einen Hocker. Alles war ordentlich sauber. Doch auch hier lag Mäusekot in den Ecken. Adelina runzelte die Stirn. Ganz bestimmt würde sie sich ein, zwei weitere Katzen besorgen.
    Am Fuß der Stiege zur Dachkammer blieb sie unschlüssig stehen. Der Medicus mochte es vielleicht nicht, wenn sie in seiner Kammer nach dem Rechten sah. Eine Weile lauschte sie dem aufkommenden Wind, der um das Haus pfiff, dann hörte sie ein lautes Ratschen und einen Knall. Sie machte einen Schritt die Stiege hinauf. Da wieder: Ratsch, peng. Das war der Fensterladen. Burka schien ihn nicht richtig festgestellt zu haben. Entschlossen nahm sie die restlichen Stufen und stieß die Tür auf. Erneut krachte der Laden gegen die Hauswand. Der Wind drückte einen Schwall dicker Schneeflocken herein. Mit wenigen Schritten war sie am Fenster, zog den Laden in den Rahmen zurück und befestigte ihn mit den Haken. Sie sah sich um. Das Zimmerchen sah noch genauso unordentlich aus wie bei ihrem letzten Besuch. Diesmal lagen jedoch auch auf dem zerwühlten Bett ein paar dünne Bücher. Adelina nahm eines in die Hand und schlug es auf. Es schienen Gedichte zu sein, jedenfalls waren die Texte in Versform geschrieben, allerdings in einer Sprache, die sie nicht lesen konnte. Französisch vielleicht oder Italienisch. Sorgsam legte sie das Büchlein zurück. Der Medicus las also fremdländische Poesie. In ihrer Magengrube rumorte es. Rasch ging sie zur Tür. Es juckte sie in den Fingern, den Raum aufzuräumen und ein wenig wohnlicher zu machen.Doch er hatte sie nicht darum gebeten, also schloss sie die Tür hinter sich und stieg wieder nach unten.
    Ich sollte mich wieder in die Küche setzen, dort ist es wenigstens geheizt, dachte sie fröstelnd. Wo Burka nur blieb? Ob er ihren Vater im Zunfthaus nicht angetroffen hatte? Wo konnte Albert denn nur schon wieder stecken? Es war nicht gut, so spät abends noch draußen zu sein.
    Leise ging sie zu Vitus’ Kammer und lugte hinein. Ihr Bruder hatte sich gleich nach dem Essen in sein warmes Bett verkrochen. Sie hatte ihm einen in saubere Lumpen gehüllten, angewärmten Ziegelstein an die Füße gelegt, und nun lag er zusammengerollt unter seiner Decke vergraben und schnarchte leise. Fine saß neben seinem Kopf und blinzelte sie an. Adelina lehnte die Tür nur an, falls Fine sich doch noch dazu entschließen sollte, den Mäusen im oberen Geschoss den Garaus zu machen.
    Sie setzte sich wieder in die Küche und lauschte dem Knacken der Holzscheite im Ofen. Warum nur war ihr Vater so außer sich geraten? Noch nie hatte er sich derart abfällig über sein Kind geäußert. Und dann die Idee, sie mit Ludolf Beichgard zu verkuppeln! Schaudernd rieb sie sich über die Arme. Sie musste wieder an den Mann denken, der sie beim Eigelsteintor überfallen hatte. Seine gierigen Hände auf ihrem Leib, das Gewicht seines Körpers. Sie presste die Handflächen auf ihre Augen, bis sie bunte Kringel sah. Nicht mehr daran denken, befahl sie sich. Die bunten Kringel verwandelten sich in gelbe und rote Punkte. Nicht mehr daran denken. Plötzlich hörte sie lautes Grölen und schiefes Gesinge. Sie ließ die Hände sinken und lauschte. Eine Gruppe betrunkener Knechte oder Tagelöhner. Vielleicht sollte sie einen Krug Wein aufsetzen, damit sich Burka und ihrVater aufwärmen konnten, wenn sie heimkamen. Unbeweglich blieb sie sitzen und starrte auf die Tischplatte. Sie würde nicht heiraten. Sie könnte es, sicher könnte sie es. Wie alle Frauen könnte sie für irgendeinen Mann sorgen, Kinder bekommen. Kinder. Bitter verzog sie das Gesicht. Das war der Haken. Sie würde große Schande über einen möglichen Ehemann bringen, wenn ihr Geheimnis herauskam. Sie wollte nicht enden wie die Frauen, die von ihren enttäuschten oder beleidigten Ehemännern missachtet und geschlagen wurden. Es gab

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