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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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sie den Alter Markt hinter sich gelassen hatte, schlug sie einen Bogen durch die kleinen Gässchen, um zum Narrenturm zu gelangen. Den Fuß hattesie vor ihrem Aufbruch noch einmal mit einem Umschlag versehen und fest bandagiert. So konnte sie wenigstens einigermaßen laufen. Ihr war jedoch klar, dass der Rückweg schlimm werden konnte, weil sie ihren Knöchel bis dahin stark überanstrengt haben würde.
    Georg Reese erwartete sie bereits mit zwei weiteren Männern, ebenfalls Ratsherren, vor dem Turmeingang.
    «Wo ist der Medicus?», empfing er sie mit grimmiger Miene. Sie schob die Hände in die Ärmel ihres Mantels und sah sich um.
    «Er wird kommen.»
    «Sicher?»
    «Das hat er gesagt.»
    Eine Weile warteten sie schweigend. Nach und nach füllten sich die Gassen mit den ersten Kirchgängern.
    Eine Frage brannte Adelina schon geraume Zeit auf der Seele.
    «Wie wollt Ihr eigentlich an eine der Leichen herankommen?», raunte sie schließlich. Reese funkelte sie ungehalten an und wartete, bis eine Familie im Sonntagsstaat an ihnen vorüber war.
    «Der Rat hat Anordnung gegeben, alle Verstorbenen auf den Friedhof beim Beginenhospital zu bringen. Wir sind offiziell hier, um zu prüfen, ob sich die Wächter daran halten. Im Turm gibt es eine Kapelle und diverse Kammern. In eine davon werden wir den Leichnam bringen. Viel Zeit haben wir allerdings nicht. Wenn die Messen um sind, muss der Totenwagen schon auf dem Weg nach St. Gereon sein.»
    Adelina schauderte.
    «Und was ist, wenn heute niemand gerstorben ist?»
    «Gestern gab es eine Tote, die noch nicht abtransportiert wurde.»
    «Guten Morgen», erklang hinter ihnen Burkas Stimme. Der Medicus wirkte übernächtigt und machte eine finstere Miene. Adelina konnte es ihm nicht verdenken. Dennoch war sie unendlich erleichtert, ihn zu sehen. Er hingegen würdigte sie keines Blickes, sondern folgte den Ratsherren schweigend ins Innere des Narrenturms. Adelina ging unsicher hinter ihnen her, aber Reese hielt sie zurück.
    «Ihr bleibt draußen. Dort drinnen habt Ihr nichts zu suchen. Wartet vor der Tür.»
    Fast ein wenig erleichtert sah Adelina den Männern nach und trat dann wieder auf die Gasse.
    Dort ging sie eine Weile auf und ab, doch als die Glocken der Pfarrkirchen zu läuten begannen und die Menschen zu den Gottesdiensten riefen, fühlte sie sich zunehmend beobachtet. Sie beschloss, drinnen zu warten. Hinter der Eingangstür befand sich ein kleiner Raum, der in zwei verschiedene Gänge mündete, hinter denen sich die Gefängniszellen im Erdgeschoss befanden. Links führte eine steile Treppe in die oberen Geschosse und direkt darunter eine Stiege in die Kellergewölbe. Sie war noch nie hier gewesen, hatte jedoch aus Erzählungen gehört, dass es dort unten neben weiteren Zellen auch eine Kammer für die peinliche Befragung gab. Die Schreie, so hieß es, hörte man bis auf die Straße. Irgendwo im Erdgeschoss befand sich wohl auch die Kapelle, von der Reese gesprochen hatte.
    Einigermaßen verwundert stellte Adelina fest, dass weit und breit keine Wächter zu sehen waren. Anscheinend waren sie reichlich bestochen worden. Auch wunderte sie sich, dass keinerlei Geräusche aus den Zellen oder den oberen Stockwerken drangen. Aber da der Turm stellenweise acht bis zehn Fuß dicke Mauern aufwies,wurden wohl alle Geräusche, die von oben kamen, geschluckt.
    Die Zeit verging lähmend langsam. Als es Adelina kalt wurde, ging sie vorsichtig durch den ihr am nächsten liegenden Gang, der sie bis zu einer Tür führte, auf die ein schwarzes Kruzifix genagelt war. Die Kapelle. Neugierig schob sie die nur angelehnte Tür einen Spaltbreit auf und spähte hinein. Der Raum war klein und kahl. Vor einem steinernen Altar stand ein Gestell aus Eichenholz, auf dem im Bedarfsfall wohl eine Leichenbahre abgelegt werden konnte. Um das Gestell herum waren Halter mit kleinen, flackernden Talglämpchen verteilt. Die hatten wohl vor kurzem noch die Tote beleuchtet, die nun irgendwo in der Nähe aufgeschnitten wurde. Adelina schüttelte sich und spürte eine Gänsehaut auf ihrem Rücken. War es wirklich richtig, die Ruhe eines Verstorbenen zu stören und seinen Leib zu öffnen? Aber anders war es nicht möglich, das Mutterkorn nachzuweisen. Und auch dann nur, wenn die Körner nicht zu sehr vermahlen worden waren und die Opfer noch immer davon zu essen bekamen. Letzteres bezweifelte Adelina jedoch nicht, denn soweit sie gehört hatte, wütete das Antoniusfeuer unvermindert, wenn nicht sogar schlimmer

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