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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Die Sorge um ihren Vater schnürte ihr mit einem Male die Kehle zu. «Franziska? Ich muss dir etwas sagen. Mein Vater scheint krank zu sein. Magister Burka meinte, dass Vaters Vergesslichkeit noch schlimmer werden kann. Und dass er uns vielleicht bald gar nicht mehr erkennen wird.»
    «Wie schrecklich. Was für eine Krankheit ist das denn?», fragte das Mädchen mitfühlend.
    «Das weiß ich nicht. Magister Burka konnte es mir auch nicht sagen. Nur, dass sie möglicherweise von den giftigen Dämpfen seiner Versuche kommen könnte.»
    «Und dann geht er noch immer in sein Laboratorium?»
    Adelina zuckte mit den Schultern.
    «Wie sollte ich ihn wohl daran hindern? Er ist schließlich Apotheker und muss seine Arzneien mischen.»
    «Aber wenn es ihn doch krank macht?»
    «Ich kann es nicht ändern!», fuhr Adelina sie an, denn mit einem Mal spürte sie eine hilflose Wut in sich aufsteigen. «Soll ich ihn vielleicht festbinden, damit er nicht mehr in den Keller geht? Er ist mein Vater. Ich kann ihm nichts verbieten. Und nun geh mir aus dem Weg, ich habe zu tun.» Sie ließ das verstörte Mädchen stehen und trug das Kleid hinüber in ihre Kammer.
    Was, wenn Albert so krank würde, dass er sein Geschäft nicht mehr führen konnte? Wie sollte sie dann ihn und Vitus versorgen und gleichzeitig Geld für ihrer aller Unterhalt verdienen? Müde rieb sie sich die Augen. War die Lösung am Ende doch, den dicken Ludolf zu heiraten? Allein bei dem Gedanken bekam sie eine Gänsehaut. Und was, wenn er gar nicht bereit war,zwei kranke Familienmitglieder durchzufüttern? Würde er ihren Vater und Vitus am Ende in den Narrenturm sperren lassen? Das durfte einfach nicht passieren. Ihr musste eine andere Lösung einfallen.
    Um sich abzulenken, holte sie Eimer und Putzlumpen und begann, das ganze Haus zu schrubben. Das war für sie immer eine beruhigende Beschäftigung gewesen, und es besänftigte sie auch heute. Nur die Kammer unter dem Dach betrat sie nicht. Irgendwann würde sie auch dort oben sauber machen, doch heute war sie dazu nicht in der Lage.
    ***
    Zum Abendessen war Albert zu Adelinas Erleichterung wieder ganz da. Er erzählte ihr ausführlich von dem Unglück, das ihren künftigen Lehrjungen ereilt hatte, und dass sie nun noch etliche Wochen warten mussten, bis der Junge von seinem Beinbruch genesen sein würde. Den morgigen Tag erwähnte er jedoch mit keinem Wort, und Adelina erinnerte ihn auch nicht daran, aus Angst, er könne sich wieder aufregen und einen erneuten Anfall bekommen.
    So verbrachte sie wieder einmal eine schlaflose Nacht voller Sorgen. Und niemand war da, der sich um sie kümmerte, der ihr sagte, dass alles wieder gut werden würde. Bisher hatte sie auch nie jemanden gebraucht. Sie war mit allem allein fertig geworden, immer! Über ihr knarrte es im Gebälk.
    Ein Gefühl der Leere überkam sie. Sie hätte Burka nichts sagen dürfen. Fortgegangen wäre er wohl ohnedies; welcher Mann wollte schon ewig in einer winzigen Dachkammer hausen? Aber er wäre gegangen, ohne sie zu verachten. Und das tat er nun mit Sicherheit. Jeder,der ihr Geheimnis erfuhr, musste sie verachten. Wie konnte man einer Frau verzeihen, die ihr eigen Fleisch und Blut getötet hatte? Auch wenn es noch gar kein richtiges Kind gewesen war. Sie wusste nicht einmal, wo Ludmilla den blutigen Klumpen verscharrt hatte.
    Weit vor dem Morgengrauen stand Adelina auf und ging in die Küche. Sie heizte den Ofen an, knetete Brotteig und bereitete alles für das Frühstück vor.
    Dabei wurde ihr bewusst, dass sie sich eine Ausrede einfallen lassen musste, weshalb sie heute nicht mit den anderen den Gottesdienst besuchen konnte.
    Als die Familie dann bei der Morgenmahlzeit saß, kam ihr eine Eingebung.
    «Vater, ich werde heute die Messe in der Pfarrkirche St. Kunibert besuchen. Die Grande Dame Brigitta ist bestimmt dort aufgebahrt, und ich möchte ihr gern die letzte Ehre erweisen.»
    Albert runzelte die Stirn.
    «Ist das wirklich nötig, Lina? St. Kunibert ist weit von hier, da musst du ziemlich lange gehen.»
    «Ich weiß, aber ich möchte so gern. Mittags bin ich wieder zurück.»
    «Das will ich hoffen. Immerhin erwarten wir für den Nachmittag Besuch, nicht wahr?»
    Also erinnerte er sich doch. Sie nickte pflichtschuldig. Gleich nach dem Frühstück zog sie ihr neues Kleid an und dazu eine hübsch mit Stickereien verzierte Haube.
    In ihren guten Mantel gehüllt, machte sie sich wenig später auf den Weg. Zuerst ging sie in Richtung Eigelstein, und als

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