Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
waren …«
»Zweimal!«, unterbrach er den Kommissar.
»Von mir aus auch zweimal. Nur, weil Sie zufällig in mehr als einen Mordfall verwickelt waren, muss nicht gleich jeder Todesfall in Ihrem Umfeld Mord sein. Da schießt doch Ihre Fantasie wild ins Kraut. Und das habe ich jetzt noch sehr höflich formuliert.« Er lehnte sich selbstzufrieden im Stuhl zurück.
Beauforts Augen blitzten wütend auf. Da machte ihm dieser Schnappauf doch tatsächlich klar, dass er ihn für einen überspannten Spinner hielt, und fuhr dabei auch noch rhetorische Punktsiege ein. Er versuchte dennoch, ruhig zu bleiben. »Ich werde das Gefühl nicht los, für Sie steht schon jetzt definitiv fest, dass es sich bei diesem Todesfall um einen Selbstmord handelt. Was macht Sie da so sicher?«
Schnappauf trommelte mit den Fingern laut auf die Schreibtischplatte. Auch er hatte sichtlich Mühe, Ruhe zu bewahren. »Ich werde mit Ihnen ganz bestimmt keine Ermittlungsansätze diskutieren. Und ich lasse mir hier auch nichts von Ihnen unterstellen.« Der Kommissar erhob sich und fuhr mit höflich-ironischem Ton fort: »Vielen Dank für Ihre wertvollen Hinweise.«
Das war ein eiskalter Rauswurf. Beaufort stand auf und schritt, so würdevoll es ging, zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um. »Viel Erfolg bei Ihren Ermittlungen wünsche ich Ihnen noch. Am Ende werde ich ja doch recht behalten.«
Schnappaufs gebrülltes »Raus!« war noch durch die sich schließende Tür hindurch zu hören.
Dem Gesichtsfeld des Kommissars entkommen, ließ Franks Contenance rapide nach. Er nickte der Kuratorin schmallippigzu, stapfte wütend den Gang entlang und marschierte die drei Stockwerke hinunter. Er riss die Türen auf und steuerte schnurstracks die Cafeteria an. Nachdem er dort sein inneres Gleichgewicht durch einen gar nicht mal so üblen Schokoladenkuchen mit Schlagsahne halbwegs wiederhergestellt hatte, überlegte er sich einen Schlachtplan. Diesem aufgeblasenen Ignoranten würde er es zeigen. Wenn Tom Schifferli wegen etwas getötet worden war, das er in den Sammlungen entdeckt hatte, musste Beaufort sich unbedingt an die Neudecker hängen. Die wusste am allerbesten über ihren Kollegen und seine Arbeit dort Bescheid. Aber noch einmal hochgehen und Schnappauf über den Weg laufen wollte Beaufort auf keinen Fall. Und da er nicht wusste, welches Treppenhaus und welchen Ausgang sie aus dem Gebäude nehmen würde, entschied er sich dafür, bei der Absturzstelle zu warten. Vielleicht ging die Kuratorin dort noch einmal vorbei, ehe sie sich wieder an ihre Arbeit machte.
Im Innenhof, der von den Hochhäusern der Philosophischen Fakultät und dem Audimax flankiert wurde, transportierte man gerade Schifferlis Leiche ab. Zwei Bestatter trugen einen geschlossenen Plastiksarg an Beaufort vorbei zu dem dunkelgrauen Leichenwagen, der in der Feuerwehreinfahrt hielt. Auch die Polizei zog gerade ab. Schaulustige waren kaum zu sehen. Der Hof hatte nur einen Zugang, keinen Durchgangsverkehr also, und war auch nicht für einen längeren Aufenthalt angelegt. Es gab kaum Bänke oder sonstige Sitzgelegenheiten, nur ein paar Sträucher und viel Beton. Beaufort trat an das kleine Areal heran, das um die Absturzstelle herum mit rotweißem Plastikband abgesperrt worden war. Wie er es aus den Fernsehkrimis kannte, waren die Körperumrisse des Toten mit Kreide auf den Boden gemalt worden. Schwarzes Blut klebte auf den Steinplatten, es war komplett getrocknet. Sofern nicht die Hitze dafür verantwortlich war, musste Schifferli schon länger dort gelegen haben. Vielleicht hatte sich dertödliche Sturz bereits am späten Abend oder in der Nacht und nicht erst heute Morgen ereignet.
»Ein grauenerregender Anblick«, sagte Charlotte Neudecker plötzlich neben ihm mit leicht bebender Stimme. »Ich beginne erst jetzt langsam zu begreifen, dass das alles wirklich geschehen ist und dass ich Tom nie mehr lebend wiedersehen werde.«
»Ja, es ist schrecklich«, pflichtete Beaufort ihr bei, »aber ein Sturz aus dieser Höhe ist wohl nicht zu überleben.« Er schaute die Kuratorin an. »Wie verlief denn Ihre Begegnung mit Kommissar Schnappauf?«
»Empörend, wenn auch nicht so laut wie Ihre. Er hat sich überhaupt nicht für das interessiert, was ich gegen die Selbstmordtheorie vorzubringen hatte. So dermaßen voreingenommen war er. Und dann auch noch so onkelhaft ironisch dabei. Er hat mich deutlich spüren lassen, dass er mich für eine hysterische Gans hält. So ein Machoarsch!« Sie
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