Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
Humor haben«, grinste Beaufort. »Ist es nicht erlaubt, sich in dem Flur aufzuhalten? Ich habe dort kein Verbotsschild gesehen.«
»Sie beide waren aber nicht im Flur, sondern in einem Büro. In einem polizeilich versiegelten Büro. Und das ist verboten.«
»Auch das zum wiederholten Mal fürs Protokoll. Die Tür stand offen.«
»Weil Sie sie geöffnet haben. Immerhin hatten Sie einen Dietrich dabei.«
»Ich hatte zufällig ein Schweizer Patentmesser in der Hosentasche und keine Ahnung, dass man eines der Werkzeuge daran auch als Dietrich verwenden kann. Wer kennt schon alle Funktionen eines solchen Messers. Haben Sie denn Einbruchsspuren von dem Dietrich am Schloss bemerkt?«
Der Polizist zuckte genervt mit den Achseln.
»Sehen Sie. Und da die Tür auch nicht aufgebrochen war, würde ich mal behaupten, da ist jemand ganz simpel mit einem Schlüssel reingekommen. Und haben Sie bei uns einen gefunden? Nein!«
Beaufort lehnte sich zufrieden in seinem Stuhl zurück, obwohl es hier drinnen stickig und heiß war. Er bemerkte, wiedie beiden Beamten versuchten, etwas von den Radiostimmen vorne aus der Wache aufzuschnappen. Beaufort interessierte sich nicht für Fußball, aber auch er wusste, dass heute das große Bayernderby im Frankenstadion stattfand: Nürnberg gegen München. Der Club kämpfte mal wieder gegen den Abstieg, Bayern München wie immer um die Meisterschaft.
»Das bringt doch nichts, dass Sie mir immer wieder dieselben Fragen stellen. Wissen Sie was: Ab jetzt sage ich nichts mehr ohne meinen Rechtsbeistand. Der müsste ja bald da sein«, fuhr Beaufort mit ausgesuchter Höflichkeit fort. Fast meinte er Erleichterung in den Augen der beiden wahrzunehmen. Frank hatte natürlich sofort Ekki angerufen. Und der hatte ihm, wütend zwar, aber eben ein echter Freund, zugesagt, schnellstmöglich aufs Erlanger Polizeirevier zu kommen.
Die Polizisten führten Beaufort in die Wachstube zurück, wo er auf einem Stuhl neben Carl Löblein Platz nehmen durfte. Alle in dem Raum hörten gebannt der anscheinend spannenden Fußballreportage zu. Der Club, neunzig Minuten lang ein Unentschieden gegen den Rekordmeister haltend, fing in der letzten Minute doch noch ein Tor ein, was nicht nur vom Stadionpublikum, sondern auch auf der Wache mit einem Aufschrei der Enttäuschung quittiert wurde.
»Der Glubb is a Debb«, erklärte Carl. Aber aus seinem Mund klang die viel zitierte Schmähung fast wie eine Liebeserklärung. Beaufort hatte ihn die Reportage erst zu Ende hören lassen, ehe sie über seine Zeugenaussage redeten. Der Taxifahrer hatte zu Protokoll gegeben, dass Beaufort ein Stammkunde von ihm sei, den er heute in die Sammlungen gefahren habe und der ihm vor der Rückfahrt noch kurz habe zeigen wollen, wo er einst studiert hatte. Dabei sei man auch durch den Flur im dritten Stock gekommen, habe die offene Bürotür entdeckt, war, verwundert über die Verwüstung, eingetreten und dann vom Hausmeister als Einbrecher beschuldigt worden, ehe man selbst die Polizei habe rufen können. Mehr gebe esvon seiner Seite aus dazu nicht zu sagen. Außer dass er gern gewusst hätte, was man ihnen eigentlich vorwerfe, schließlich hätten sie nichts im Büro berührt, geschweige denn etwas von dort fortgenommen. Beaufort lobte die Besonnenheit und Beherztheit seiner Aussage. Doch dann fesselte ihn plötzlich Annes Stimme, die live im Radio zu hören war und die Spielfeldrandinterviews führte.
»Das ist meine Freundin, die die Fragen stellt«, erklärte er Carl stolz. Zuerst entlockte die Journalistin dem untröstlichen Club-Torwart einen emotionalen O-Ton, dann interviewte sie den siegreichen Bayern-München-Stürmer, der in schlechtem Deutsch Plattitüden von sich gab, und schließlich bekam sie sogar den Ehrenpräsidenten der Münchener vors Mikro, den selbst Beaufort kannte. Auf Annes Frage, ob er denn noch an einen glücklichen Ausgang des Spiels für seine Mannschaft geglaubt habe, antwortete der Kaiser in seiner typischen Diktion: »Ja gut, äh, es gab ja nur zwei Möglichkeiten: Sieg, Unentschieden oder äh Niederlage.«
Beauforts Heiterkeitsausbruch wurde jäh gestoppt, als Ekkehard Ertl mit ernster Miene die Wache betrat, Schnappauf im Schlepptau. Zum Glück bog der Kommissar in eines der Büros ab, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
»Du scheinst dich ja prächtig zu amüsieren, aber mir ist ganz und gar nicht nach Lachen zumute, Frank.« Er ließ sich neben seinem Freund nieder. »Hatten wir nicht einen Deal
Weitere Kostenlose Bücher