Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
gehört.«
»Bassd scho«, beruhigte ihn der Taxler mit dem Ausspruch, der den Stoizismus der Franken aufs Kompakteste zusammenfasste.
Sie lauschten in die Stille. Dann deutete Beaufort in den rechten Flur. »Das Büro befindet sich hinten auf der linken Seite, gleich bei den Stühlen dort an der Wand. Sie bleiben hier und warnen mich, falls jemand kommt.«
»Und wie soll ich das machen?«
»Keine Ahnung. Vielleicht husten? Oder singen?«
»Ich kann nicht singen. Aber pfeifen kann ich gut.«
»Na also. Pfeifen Sie das Frankenlied, um mich zu warnen.«
Um keine unnötigen Geräusche zu erzeugen, ging Beaufort langsam und vorsichtig den Flur entlang, den er zuletzt vor zweieinhalb Tagen in ganz anderer Stimmung, Geschwindigkeit und Richtung entlanggestürmt war. Schifferlis Tür sollte kein allzu großes Hindernis für ihn sein. Er war schon immer geschickt darin gewesen, verschlossene Pforten zu öffnen. Als er schließlich vor dem Büro des Kurators ankam, erlebte er allerdings eine Überraschung. Das Polizeisiegel war erbrochen und die Tür nur angelehnt. Dabei sollte das Büro erst am Montag offiziell wieder zugänglich gemacht werden, das wusste er von Ekki. Beaufort lauschte angespannt, hörte aber vor allem sein Herz im Hals pochen. Von innen drang kein Geräusch nach außen. Er schlich zwei Schritte zurück und winkte Löblein zu sich. Der setzte sich leise in Bewegung und sah ihn fragend an, als er bei ihm angelangt war.
»Es war schon jemand vor uns da«, flüsterte Beaufort. »Ich glaube kaum, dass er noch drin ist, aber würden Sie mich für alle Fälle doch lieber begleiten?«
Carl nickte stumm. Sie postierten sich nebeneinander vor dem Büro. Mit der Fußspitze stieß Beaufort die Tür auf, sie blickten in ein unordentliches, aber menschenleeres Arbeitszimmer. Halb erleichtert betraten sie es.
Auf dem Fußboden um den Schreibtisch herum lagen allerhand Papiere verstreut, die Schränke waren geöffnet und durchwühlt worden, vor dem Regal hatte der unbekannte Eindringling etliche Bücher auf den Boden gefegt.
»Sieht ja wüst aus. Sie waren doch schon mal hier. Fehlt was?«
Beaufort musterte den Schreibtisch, wo noch immer die alten Bücher, der Gesteinsbrocken und das Glas mit dem schwarzen Erdöl standen. »Die Herbarbelege sind fort. Als ob ich es geahnt hätte. Das waren alte getrocknete Pflanzen«, erläuterte er, als er das verständnissuchende Gesicht des Taxlers sah. »Ansonsten scheint nichts weggekommen zu sein.«
»Bis auf den Computer«, ergänzte Carl.
»Verdammt!«, entfuhr es Beaufort. Da Bildschirm und Tastatur noch auf dem Schreibtisch standen, war ihm nicht gleich aufgefallen, dass der Rechner unter dem Tisch fehlte. Hatte die Polizei ihn mitgenommen, oder war der Mörder hierher zurückgekehrt? Womöglich hatte er Schifferli das Geheimnis doch nicht entreißen können und befand sich weiterhin auf der Suche danach? Oder war eine dritte Person für den Saustall hier verantwortlich? Könnte sich Schifferlis Computer womöglich sogar im schweren Rucksack von Charlotte Neudecker befunden haben? Hineingepasst hätte er zumindest.
»Was machen Sie da?« Eine scharfe Stimme in ihrem Rücken ließ die beiden Männer zusammenzucken. In der Tür stand der erregte Hausmeister, der schon in der Tasche seines Kittels nach seinem Handy nestelte. »Ich rufe die Polizei!«
»Das sollten Sie tatsächlich tun«, sagte Beaufort seelenruhig. »Hier ist nämlich eingebrochen worden.«
*
»Ich wiederhole es gern noch ein viertes Mal. Ich bin nicht in das Büro eingebrochen. Ich habe den Einbruch vielmehr entdeckt.«
»So so. Und was hatten Sie und Ihr Kompagnon dort oben zu suchen?«, fragte ein kräftiger Polizist mit Walrossschnauzer. Sein Kollege tippte jedes Wort in seinen Dienstcomputer.
»Sie sagen das so suggestiv. Herr Löblein ist nicht mein Kompagnon, sondern mein Taxifahrer.« Ein wenig, das musste Beaufort insgeheim zugeben, genoss er die Situation auf der Wache sogar. Er hatte zwar schon mal eine Zeugenaussage bei der Polizei gemacht, aber er war noch niemals richtig verhört worden.
Der Beamte verdrehte die Augen und wechselte mit seinem Kollegen einen vielsagenden Blick. Durch die geöffnete Tür des Amtszimmers drangen aufgeheizte Stimmen aus dem Radio: Es lief die ARD-Schlusskonferenz der Fußball-Bundesliga. Die Uhr an der Wand zeigte 17.05 Uhr.
»Und was haben Sie und Ihr Fahrer dort oben gesucht? Das Taxi etwa?«
»Ich habe gar nicht damit gerechnet, dass Sie auch
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