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Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Titel: Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ars vivendi verlag GmbH , Co. KG
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uninteressant war es hier zwar nicht, konstatierte Beaufort bei sich. Und der freundliche Tscheche hatte auch eine gute Art, die Objekte begreifbar zu machen, wenn man ihm denn die Chance gab und zuhörte. Doch anders als Carl Löblein, der aufmerksam bei der Sache war, konnte er sich einfach nicht für das Thema erwärmen. Beaufort gähnte verhalten.
    »Und dann hatten die Rechner früher ja keinen Bildschirm«, erinnerte Libor Paschek. »Wollte ein Student oder Wissenschaftler etwas im Großcomputer der Universität rechnen lassen, musste er erst mal Lochkarten stanzen. Manchmal waren das Hunderte. Dafür benutzte man dieses Gerät hier.«
    Er schaltete eine Maschine mit diversen Knöpfen und Hebeln an und schob eine etwa DIN-A5-große Pappkarte in einen Schlitz, die mit einem kleinen Geräusch eingezogen wurde. Dann schrieb er etwas auf der Tastatur, und das Gerätstanzte verschiedene Löcher in die Karte. Paschek erklärte, dass ein einziger Tippfehler die ganze Karte ungültig machte und man sie erneut schreiben musste. Wenn man in stundenlanger Arbeit alle Karten gestanzt hatte, wurden sie in einer Art Schublade gestapelt und dann in den großen Rechner neben der Stanzmaschine eingelesen. Doch den wollte Paschek lieber nicht anwerfen, da er sehr störanfällig sei. Stattdessen führte er sie in einen Nebenraum, in dem kleinere und neuere Computer ausgestellt waren. Etwa der erste tragbare Rechner für Textverarbeitung, den die Universität Mitte der Achtzigerjahre angeschafft hatte. Dieser Laptop war noch ein echter Schlepptop, denn er wog locker fünfundzwanzig Kilo. Großes Raunen und Entzücken unter den etwas älteren Teilnehmern der Gruppe verursachte aber ein anderer Rechner: der Commodore 64 , der wegen seiner eckigen Form auch liebevoll Brotkasten genannt wurde. Das war der erste Heimcomputer, der massenhaft die Wohnzimmer erobert hatte. Schon wurden nostalgische Erinnerungen an frühe Computerspiele wie Pac-Man oder Tetris ausgetauscht, die Beaufort überhaupt nichts sagten, als sein Handy klingelte. Dankbar für die Störung nahm er ab und hatte Anne in der Leitung. Weil er in dem Stimmengewirr kaum etwas verstand, wechselte er in den anderen Raum zurück. Dafür war hier der Empfang wegen des Großrechners hinterm Gitterzaun ziemlich schlecht, und er musste erst ein wenig herumgehen, um eine Stelle zu erwischen, wo er seine Freundin besser hören konnte. Vor dem Computer mit der Lochkartenschublade hatte er Glück.
    »Verstehst du mich jetzt?«, fragte Frank. »Ich bin mitten in der Informatikführung. Die ist gar nicht mal so langweilig, aber doch ziemlich erschöpfend.« Er gähnte herzhaft. »Was gibt es denn? Ich denke, du hast keine Zeit.«
    »Hab ich auch nicht. Aber mir ist etwas eingefallen, das mich ziemlich beunruhigt. Es geht mir gar nicht mehr aus dem Kopf. Hast du schon mal darüber nachgedacht, waspassieren könnte, wenn der Mörder in Schifferlis Büro oder in seiner Wohnung nicht das gefunden hat, wonach er sucht?«
    »Nicht wirklich. Warum?«
    »Wenn das Geheimnis etwas mit den Sammlungen zu tun hat und du der Mörder wärest: Wo würdest du dann jetzt noch suchen?«
    Beaufort lehnte sich gegen die Maschine und dachte laut nach. »Entweder in den Sammlungen selbst oder dort, wo alle Fäden zusammenlaufen. Und das ist bei …«
    »Charlotte Neudecker. Genau. Langsam fange ich an, deine Position zu teilen und sie für unschuldig zu halten. Aber wenn sie nicht die Täterin ist, könnte sie womöglich das nächste Opfer werden. Du hast mir doch erzählt, dass sie sogar in ihrem Büro schläft. Falls der Mörder auf die Idee kommt, dort nach dem Geheimnis zu suchen, ist sie in Gefahr. Der denkt doch bestimmt, dass er am Sonntag leichtes Spiel hat, weil keiner da ist. Was ist, wenn er dabei auf die Kuratorin trifft? Wir wissen doch, dass er nicht zimperlich ist. Ich mache mir ein wenig Sorgen um sie.«
    »Mensch, du hast recht. Ich ruf bei ihr an, um sie zu warnen.« Beaufort machte im Eifer des Gefechts eine ruckartige Bewegung und stieß mit dem Ellenbogen gegen einen Hebel, woraufhin die Maschine mit einem lauten Schnarren ansprang.
    »Am liebsten wäre es mir, du fährst nachher sicherheitshalber noch vorbei und schaust nach dem Rechten. Bitte, Frank.«
    Beaufort machte erschreckt einen Satz zur Seite. Der Rechner zog die Lochkarten aus der Schublade ein und fing merkwürdig zu rattern an.
    »Versprochen. Ich kümmere mich darum. Jetzt muss ich auflegen. Ich ruf dich wieder an.«

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