Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
-Buches überzeugen konnte, dieser aber 30.000 Euro verlange. Sie hatten sich schließlich auf 27.000 Euro in bar geeinigt. Corrodi wollte ihn am Donnerstagabend wieder kontaktieren, um einen Treffpunkt für die Übergabe des bibliophilen Prachtbandes zu vereinbaren. Das lief also alles nach Plan. Die Falle war gestellt. Jetzt musste sie nur noch zuschnappen.
Frau Seidl brachte ihm das Telefon auf die Terrasse. Anne war dran. Sie meldete sich aus dem Auto, und Beaufort wollte sich lieber nicht genau vorstellen, wie das aussah.
»War deine Mission erfolgreich?«
»So einigermaßen schon, aber es war ein harter Brocken Arbeit. Als Erstes bekam ich einen Vortrag darüber zu hören, dass das kein öffentliches Archiv ist, ich einen wissenschaftlichen Forschungsauftrag nachweisen muss, zahlreiche Dokumente aus Personenschutzgründen sowieso nicht einsehbar sind und ich mich überhaupt vorher hätte anmelden müssen.«
»Oh je. Und konntest du ihn knacken?«
»Ja, mit Verständnis für seine verantwortungsvolle Arbeit, Herabsetzung all der Ignoranten da draußen, die das nicht erkennen können, sowie weiblicher Schutzbedürftigkeit. Auf meine erotischen Reize sprang er überhaupt nicht an, weshalb ich schnell einen Blusenknopf wieder zugemacht habe. Er war mehr der väterliche Typ«, sagte sie zuckersüß und ließ unmittelbar darauf ein grobes »Du blöder Idiot!« folgen.
»Bitte?«
»Na, ist doch wahr! Hier ist Tempo 100 erlaubt, ich fahre schon 130, aber der Typ hinter mir hängt fast auf meiner Stoßstange«, schimpfte sie. »Doch da kannst du lange warten,Freundchen! Wenn du an mir vorbei willst, musst du mich schon rechts überholen.«
»Anne, sei bitte vernünftig und mach keine Dummheiten, ja? Sag mir lieber schnell, was du herausbekommen hast, damit du wieder beide Hände ans Lenkrad tun kannst. Dann würde ich mich wohler fühlen.«
»Also gut. Tom Schifferli war tatsächlich im Archiv. Er hat sich die Promotions- und Habilitationsakten einiger Akademiker angeschaut, hauptsächlich wohl der Sammlungsleiter. Hat dem Archivar erklärt, dass er die eventuell für die Ausstellung gebrauchen könnte. Welche das im Einzelnen waren, konnte oder wollte er mir nicht sagen. Und einsehen durfte ich die Akten natürlich auch nicht. Soweit reichte mein Charme dann doch nicht.«
»Da schau her. Warum tut er das, ohne der Neudecker etwas davon zu sagen? Glaubst du, er war einer Promotionsfälschung auf der Spur? Was sagen denn diese Internettypen dazu, die die Doktorarbeiten auf Plagiate überprüfen? Die wolltest du doch kontaktieren.«
»Ich habe denen von den Aufdeckungsplattformen Vroni-Plag und Uniplag E-Mails geschickt, aber noch keine Antwort erhalten. Da muss ich noch mal nachhaken. Was ich dir übrigens noch sagen wollte: Dein Handy ist wieder da. Ich hatte noch ein bisschen Zeit und bin schnell rüber in den Botanischen Garten. Ein Mitarbeiter hat es mir gegeben. Es lag in einem Beet. Du musst es bei der Prügelei mit deinem Kumpel verloren haben.«
»Das ist ja super, danke. Apropos Handy. Wir hören jetzt besser auf, damit du heil in der Wallensteinstraße ankommst. Ruf mich heute Nachmittag an, wenn du im Studio fertig bist.«
»Mach ich. Aber erst muss ich noch diesem Raubritter der Schnellstraße eine Lektion erteilen.«
»Anne!«
Ein kehliges Lachen war die Antwort. »War nur ein Scherz. Ich bin doch schon längst ganz brav rechts rübergefahren.«
Beaufort ging in die Küche, um sich noch einen Eistee und ein Schinkenbrot zu holen. Jetzt hatte er doch Appetit bekommen. Er setzte sich wieder in seine Bibliothek, weil es ihm draußen zu schwül geworden war, und kaute nachdenklich. Was hatte Schifferli in den Promotionsakten gesucht? War er tatsächlich hinter einem Plagiator her? In letzter Zeit waren so einige erschwindelte Doktortitel in der Öffentlichkeit bekannt geworden. Das Universitätssystem konnte schwache Geister durchaus zum Betrug animieren, obwohl die meisten damit rechnen mussten, dass es früher oder später herauskam. Wer im Kampf um internationale Forschungsgelder erfolgreich sein wollte, war vielleicht schon mal versucht, Messreihen ein wenig zu seinen Gunsten zu verändern. Und wer jahrelang promovierte, beschleunigte die Qual vielleicht durch die hohe Kunst des Abschreibens, die von nicht gekennzeichneten Zitaten und dem Verschweigen wichtiger Quellen bis hin zum vollständigen Abkupfern ganzer Teile der Arbeit reichen konnte. Und dann gab es ja noch die Spezialisten, die
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