Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
Entdeckung des Erlanger Neandertalerbabys zugetragen. War es möglich, dass Gäbelein dabei seine Hand im Spiel gehabt hatte? Schließlich hatte ihm der Sammlungsleiter doch selbst erzählt, dass er in Frankreich geforscht habe? Fieberhaft klickte sich Beaufort durch die Akten, die Schifferli im Universitätsarchiv abfotografiert hatte, und las noch einmal genau die Dokumente, die Gäbelein betrafen. Da! In seinem Lebenslauf stand es schwarz auf weiß: Der Historiker hatte ein Forschungssemester in Laugerie-Haute verbracht, und zwar genau zu der Zeit, als dort die Neandertalerknochen auf so rätselhafte Weise verschwunden waren.
Beaufort sprang auf und legte einen spontanen Tanz hin, der dem eines Torjägers nach erfolgreichem Abschluss nicht unähnlich sah. Nur dass sich danach niemand von seiner Mannschaft siegestrunken auf ihn warf und in den Rasen drückte. Löblein jedenfalls blieb still auf der Parkbank sitzen und sah den motorischen Ausbrüchen seines Fahrgastes mit Erstaunen zwar, doch mit unbeweglicher Miene in bester Chauffeurmanier zu.
»Wir haben ihn. Wir haben den Mörder«, tat Beaufort triumphierend kund, als er sich wieder neben Carl auf die Parkbank plumpsen ließ und sich Luft zufächelte. »Gegen Gäbelein ist unser zurückgetretener Verteidigungsminister ja geradezu ein Waisenknabe. Mit simplem Abschreiben gibt der sich nicht ab. Der fädelt gleich einen Riesenbetrug ein. SeinSensationsfund ist eine Fälschung. Und der Erlanger Neandertaler ist ein Franzose. Tom Schifferli hat das herausgefunden. Wenn er das an die Öffentlichkeit gebracht hätte, wäre Gäbelein auf ganzer Linie erledigt gewesen. Zerstört. Vernichtet. Am Ende. Er musste ihn umbringen, wenn er das verhindern wollte. Verstehen Sie?«
»Ehrlich gesagt, nein. Ich fürchte, mir fehlen da ein paar wesentliche Informationen.«
»Das Büro, in dem wir am Samstag waren, ist das von Schifferli. Der Kurator muss Gäbelein dort am vergangenen Mittwochabend wegen des Betrugs zur Rede gestellt haben. Möglicherweise war es auch umgekehrt, und Gäbelein hat den Kurator aufgesucht, um ihm zuzureden, seine Entdeckung für sich zu behalten. Als das nichts fruchtete, muss der Professor den ahnungslosen Schifferli aus dem Fenster gestoßen haben, schließlich deutete im Büro nichts auf einen Kampf hin. Denn unter normalen Umständen hätte er sich gegen die Angriffe des zwanzig Jahre älteren Gäbelein ja zur Wehr setzen müssen. Nach der Tat besaß der Professor offenbar noch die Kaltblütigkeit, einen kurzen Abschiedsbrief auf dem Computer zu verfassen – im Fälschen hat er ja Erfahrung – und eilig zu verschwinden. Allerdings ohne die ihn belastenden Dokumente.«
»Warum hat er nicht gleich danach gesucht?«
»Wahrscheinlich, weil er möglichst schnell raus musste aus dem Büro. Er wusste ja nicht, ob irgendein Spaziergänger den Fenstersturz beobachtet und die Polizei gerufen hatte. Deshalb musste er die Suche auf später verschieben. Da er in der Kochstraße arbeitet, dürfte es Gäbelein nicht schwergefallen sein, sich heimlich einen Schlüssel zu Schifferlis Büro zu verschaffen. In die Privatwohnung musste er dagegen mit Gewalt eindringen. Wie er sich allerdings einen Schlüssel zu Neudeckers Büro besorgen konnte und warum er es überhaupt durchsucht hat, ist mir noch nicht ganz klar. Er muss gedacht haben, dass Schifferli das belastende Material bei seiner Kollegin versteckthat oder sie sogar in seine Entdeckung eingeweiht war. Wobei – das kann nicht stimmen. Denn dann müsste er es ja auch auf ihr Leben abgesehen haben. Wenn man bedenkt, wie nah wir beide dem Kerl am Sonntag in der Anatomie schon waren. Fast hätten wir ihn uns geschnappt.«
Carl Löblein lächelte still. Den Hinweis, dass der Professor ja vielmehr Beaufort geschnappt und im Leichenkeller festgesetzt hatte, verkniff er sich. Stattdessen fragte er ihn, warum der Leiter der Frühgeschichtlichen Sammlung sich dann nicht gleich aus dem Staub gemacht hatte, sondern in der Nähe der Anatomie stehen geblieben war.
»Gäbelein ist eben ziemlich kaltblütig. Ich nehme an, dass Frau van der Veldt zufällig seinen Weg gekreuzt hat, sie ihm aber ganz gelegen kam. So konnte er unauffällig auskundschaften, was in Neudeckers Büro weiter vor sich ging.«
»Aber wo hat er ihren Computer und das Blasrohr gelassen?«
»Das würde ich auch gern wissen. Am liebsten möchte ich ihn das selbst fragen. Aber ich verständige jetzt besser meinen Freund Ekki, damit er sich um die
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