Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
sich in Acht nehmen musste. Blitzschnell konnte der mit seinem Schnabel zupicken.
»Sieh an, Kollege Harsdörffers Musterschüler. Falls Sie Ihren neu entbrannten Wissensdurst in Archäologie löschen wollen, muss ich Sie leider enttäuschen. Die Sammlung ist geschlossen.«
»Das ist aber schade. Ich hätte sie meinem Bekannten hier so gern gezeigt.«
»Diese Besichtigung werden Sie wohl auf den Herbst verschieben müssen. Wir öffnen erst nach den Semesterferien wieder.«
»Ich dachte, das Semester endet erst übernächste Woche«, insistierte Beaufort.
»Die Ausstellung schließt zwei Wochen früher als die anderen, weil ich auf eine Forschungsreise gehe. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen. Ich reise morgen in aller Frühe ab und habe noch einiges zu packen.« Der Professor wandte sich demonstrativ ab und steckte einen großen, braunen Umschlag in seine Tasche.
»Könnten wir nicht wenigstens schnell einen Blick auf den Erlanger Neandertaler werfen?«
Wieder schnellte Gäbeleins Kopf herum. »Habe ich mich so undeutlich ausgedrückt? Ich sagte: Es ist zu! Gehen Sie doch rüber in die Antikensammlung. Die scheint Ihnen ja auch sehr gut zu gefallen.«
»Wirklich schade, dass Sie keine Zeit für uns haben. Ihre Expertenmeinung hätte uns sehr interessiert. Wir sind nämlich davon überzeugt, dass das fränkische Neandertalerbaby ein französisches Findelkind ist.«
Das Gesicht des Professors, das sich eben noch vor Ärger über die aufdringlichen Besucher leicht gerötet hatte, wechselte schlagartig die Farbe. Es wurde fast so weiß wie sein Hemd. »Wie … Was meinen Sie damit?«, stammelte er.
»Das wissen Sie doch ganz genau.« Beaufort spürte das beruhigend kühle Metall der Pistole an seiner Hüfte und fügte eine Spur zu theatralisch hinzu: »Ihr Spiel ist aus.«
Der Professor griff haltsuchend nach der Tischplatte. Einen Moment taumelte er, und es sah so aus, als würde er wie unter dem Keulenhieb eines Höhlenmenschen zusammenbrechen. »Sie haben mich angelogen«, sagte er mit gepresster Stimme, »Sie sind nie Doktorand bei Harsdörffer gewesen. Sie beide sind von der Polizei, nicht wahr?«
Beaufort und Löblein fixierten ihn und schwiegen. Sie taten nichts, um ihn von dieser irrigen Meinung abzubringen.
Gäbelein ließ sich kraftlos auf einen Stuhl sinken und blickte zu seinen Schuhspitzen hinab. »Irgendwann musste es ja auffliegen«, murmelte er leise. »Wie sind Sie mir auf die Schliche gekommen?«
Beaufort zog sich einen anderen Stuhl heran, setzte sich rittlings darauf und verschränkte seine Arme über der Rückenlehne. Eine Sitzhaltung, die er sich von Fernsehkommissaren beim Verhör abgeschaut hatte. »Bevor wir Ihnen das erklären, sind Sie dran. Am besten, Sie beginnen dort, wo alles anfing: in Frankreich vor siebzehn Jahren. Was genau haben Sie in Laugerie-Haute gemacht?«
Der Professor knetete seine Hände und rang mit sich. Nichts Arrogantes war jetzt mehr an seinem Benehmen. Stockend begann er zu sprechen. »Ich war dort ein halbes Jahr als wissenschaftlicher Assistent beschäftigt und habe Höhlenmalereien freigelegt. Ich hatte mich gerade an der TU Aachen habilitiert und wartete auf eine Berufung auf einen Lehrstuhl. Es war nicht leicht, in dieser Zeit eine Professorenstelle zu ergattern. Darum habe ich versucht, meine Chancen durch Auslandsforschungen zu verbessern. Ich hatte außerdem die Hoffnung, dass es vielleicht in Frankreich mit einer Professur klappen könnte, und wollte dort Kontakte knüpfen. Aber ich bin nicht der Typ, der sich leicht Liebkind macht, und die hochmütigen Franzosen ließen mich schnell spüren, dass meine Sprachkompetenz dafür nicht ausreichte. Was man leistete, interessierte die nicht, Hauptsache, man war in der Lage, es rhetorisch einwandfrei vorzutragen.«
»Und wie ist es Ihnen gelungen, in der Fundstätte etwas zu stehlen? Sie mussten doch bestimmt die Sicherheitsvorkehrungen austricksen?«
»Sicherheitsvorkehrungen? Lächerlich. Als Mitarbeiter hatte man beinahe ungehinderten Zugang zu allen Fundstätten und wurde so gut wie nicht kontrolliert. Es war ganz leicht, da etwas mitgehen zu lassen und rauszuschmuggeln. Die haben es geradezu herausgefordert. Wenn man nicht zu große Fundstücke auswählte, konnte man sie, am Körper versteckt, unbemerkt herausschaffen.«
»Und was haben Sie dort alles mitgenommen?«
»Hauptsächlich Knochen oder Bruchstücke davon. Aber auch Steine und prähistorische Schmuckgegenstände.«
»Hatten
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