Tod im Dünengras
aber, wenn man die Unterarme richtig
auf der Theke positionierte, dann doch erstaunlich bequem war. »Woher wissen
Sie, dass ich schon seit drei Tagen auf Sylt bin?«
»Ich habe Sie bei Gosch an der Kliffkante gesehen. Ich hätte Sie
gern angesprochen, aber Sie waren nicht allein.«
»Ja, ich war mit meiner Familie dort.«
»Zum Glück ist mir noch rechtzeitig eingefallen, dass der
Hauptkommissar besser nichts davon erfährt, dass Sie bei mir Ihren Rotwein
trinken.« Er verschwand in seinem Vorratsraum und kam mit einer Flasche zurück.
»Aus Montepulciano! Ich habe gleich nach Ihrem letzten Besuch eine neue Kiste
bestellt.«
Aber Mamma Carlotta winkte ab. »Sie wissen doch: Alkohol
erst nach Sonnenuntergang!«
Doch nachdem Tove Griess ihr die vielen Ausnahmen vorgehalten hatte,
die sie in Käptens Kajüte bereits zugelassen hatte, kam sie zu der Ansicht,
dass es auf eine weitere nicht ankam. »Dâaccordo! Aber nur ein halbes Glas!«
Nachdenklich sah sie zu, wie Tove das Glas randvoll einschenkte,
dann fragte sie: »Hatten Sie seit meinem letzten Besuch etwa Ãrger mit der
Polizei?«
Tove Griess schüttelte den Kopf. »Ein paar Anzeigen wegen
Ruhestörung, das warâs auch schon. Ihr Schwiegersohn hatte wenig Arbeit mit
mir.« Er warf einen Blick zur Tür, auf die Schritte zugeschlurft kamen. »Und
Fietje war seit Ihrem letzten Besuch auch nicht mehr im Bau. Obwohl er dicht
dran war.«
»Schnack kein dummes Zeug«, sagte der Strandwärter, der in diesem
Moment die Imbiss-Stube betrat. Als er Mamma Carlotta erkannte, lüftete er die
Strickmütze mit dem dicken Bommel, die er sommers wie winters auf dem Kopf
hatte und eigentlich nie abnahm. Tove behauptete, er trüge sie sogar im Schlaf.
»Moin, Signora!« Und zu Tove sagte er, ohne ihn anzusehen: »Mir war nichts
nachzuweisen, also bin ich unschuldig, jawoll. Und nun mach mir ein Jever und
schnack nicht von Leuten, die ihre Vorhänge nicht zuziehen und sich dann
beschweren, dass sie gesehen werden.«
»Weil du in ihren Garten eingestiegen bist, du unverbesserlicher
Spanner!«
Mamma Carlotta kannte die Streitereien der beiden zur Genüge und
ging dazwischen, ehe es zu Handgreiflichkeiten kommen konnte. »Finito!«
Fietje Tiensch nickte friedfertig und schob sich neben Mamma
Carlotta auf einen Barhocker. »Heute Morgen war ein Krankenwagen am Strand.
Weià Ihr Schwiegersohn schon, was sich in der Nacht dort ereignet hat?«
Ehe Mamma Carlotta antworten konnte, fuhr Tove dazwischen: »Heute
Nacht? Woher weiÃt du das? Hast du dich bei Dunkelheit in den Dünen
rumgetrieben? Schon wieder Jagd auf Liebespärchen gemacht?«
»Der Strand ist für alle da«, erwiderte Fietje. »Wenn Henner Jesse
sich da mit jemandem trifft und ich beobachte das zufällig ⦠dann
kann mir keiner einen Vorwurf machen.«
Mamma Carlotta fuhr so ruckartig zu ihm herum, dass sie beinahe vom
Barhocker gekippt wäre. »Er hat sich am Strand mit jemandem getroffen? Mitten
in der Nacht?«
Fietje nickte. »Gegen zwölf.« Er grinste. »Geisterstunde! Aber
Geister waren das nicht.«
»Mit wem hat er sich getroffen?«
Fietje hob die Schultern. »Mit zwei Typen, die weià Gott keinen
guten Eindruck machten! Also, ich hätte denen nicht mal bei Sonnenschein
begegnen mögen. Aber so genau hab ich nicht hingesehen. Bin dann ja auch gleich
abgehauen, jawoll.«
»Wie kannst du dann sagen, dass sie keinen guten Eindruck machten?«,
mischte sich Tove wieder ein und stellte Fietje sein Jever hin.
»So was merkt man doch gleich. Wie die sich angeschlichen haben! Der
arme Jesse war zu Tode erschrocken. Obwohl er auf sie gewartet hatte.«
»Das hast du auch gesehen, obwohl du gleich abgehauen bist?«
»Ich habe eben eine schnelle Auffassungsgabe«, erwiderte Fietje
würdevoll.
Tove zeigte seinem Stammgast einen Vogel, aber zum Glück betrat in
diesem Augenblick ein weiterer Gast das Lokal, sodass ein handfester Streit
vermieden werden konnte.
Während Tove sich um die Zubereitung einer Currywurst zu kümmern
hatte, fragte Mamma Carlotta nach: »Wie sahen die beiden Männer aus?« Sie
neigte sich zu Fietje und flüsterte: »Dunkelhaarig? So wie ⦠Italiener?«
Fietje sah sie überrascht an. »Sie meinen, das waren Bekannte von
Ihnen?«
»No! Natürlich nicht.« Mamma Carlotta
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