Tod im Dünengras
wurde nervös. »Aber ⦠konnten
Sie hören, was gesprochen wurde? Hatten die beiden einen Akzent?«
»Zu weit weg.« Fietje steckte die Nase in sein Jever und machte
keinen Hehl daraus, dass ihm Mamma Carlottas Fragen lästig wurden.
Aber sie lieà nicht locker. »Wenn Sie etwas beobachtet haben, dann
müssen Sie meinem Schwiegersohn davon erzählen!«
Fietje tippte sich an die Stirn. »Freiwillig zur Polizei?«
»Aber Sie können doch nicht wollen, dass diese brutalen Kerle
ungestraft davonkommen!«
Statt einer Antwort bestellte Fietje ein weiteres Jever, was so viel
hieà wie: Jeder muss selbst sehen, wo er bleibt.
Ein weiterer Currywurst-Kunde betrat Käptens Kajüte. Dass Tove
abgelenkt war, nutzte Carlotta, um zu insistieren: »Diese Kerle müssen bestraft
werden! Sehen Sie das nicht ein?«
Fietje sah es vielleicht ein, aber wichtiger war ihm, dass er selber
keinen Ãrger bekam.
»Was ist, wenn ich meinem Schwiegersohn nun erzähle, was Sie
beobachtet haben? Dann müssen Sie mit einer Vorladung rechnen.«
Fietje trank sein Jever aus. »Und wie wollen Sie Ihrem Schwiegersohn
dann erklären, warum Sie hier mit mir an der Theke sitzen und heimlich Ihren
Vino trinken?«
Carlotta starrte ihn verblüfft an. »Das würden Sie ihm verraten?«
»Und Sie würden mich zwingen, eine Aussage zu machen?«
Zum Abschied legte er ein paar Münzen auf die Theke und verlieà ohne
ein weiteres Wort die Imbiss-Stube.
Tove sah Mamma Carlotta vorwurfsvoll an. »Sie wollen Fietje
verpfeifen?«
Mamma Carlottas Erregung wurde gefährlich. Sie kippelte auf ihrem
Barhocker herum, warf den Kopf, als sie das Glas austrank, so weit in den
Nacken, dass sie beinahe hintenübergekippt wäre, und knallte es auf die Theke,
dass Tove um seine Ausstattung zu fürchten begann. »So etwas trauen Sie mir zu?
Ich will nur, dass zwei Schläger ihre gerechte Strafe bekommen.«
»Aber Fietje riskiert seinen Job! Wenn morgen in der Zeitung steht,
dass der inselbekannte Spanner sich nachts in den Dünen rumgetrieben hat,
kriegt er Ãrger.« Tove betrachtete sie kopfschüttelnd. »Warum interessieren Sie
sich überhaupt für Henner Jesse und diese beiden Kerle?«
Mamma Carlotta antwortete mit einer Gegenfrage: »Und seit wann
interessiert es Sie, dass Fietje keinen Ãrger bekommt?«
In diesem Augenblick stellte Tove fest, dass sein Mayonnaise-Spender
dringend einer gründlichen Säuberung bedurfte. Und natürlich konnte er sich um
nichts anderes kümmern, als er den Deckel abschraubte, und war zu keiner
Antwort fähig, während er die Ãffnung reinigte, die die Mayonnaise seit Beginn
der Hochsaison nur mühsam passierte, weil irgendeine Verunreinigung sie
aufhielt.
Carlotta beobachtete ihn eine Weile, und wer sie kannte, wusste,
dass ihr Schweigen gefährlich war. »Es stimmt also«, sagte sie plötzlich leise.
Tove fiel auf den Bluff herein und warf den Deckel des
Mayonnaise-Spenders zur Seite. »Was stimmt?«, brummte er. »Dass Fietje ein
Spanner ist, wissen Sie doch. Und dass er schon jede Menge Ãrger deswegen
hatte, wissen Sie auch.«
»Sie wollen nicht, dass die beiden Männer, die Fietje beobachtet
hat, entlarvt werden«, sagte Mamma Carlotta so ruhig, dass sie vor sich selbst
Angst bekam. »Jedenfalls wollen Sie nicht, dass Ihr Name im Spiel ist, wenn sie
gefasst werden.«
»Blödsinn!«, knurrte Tove.
»Es hat Sie noch nie interessiert, ob Fietje seinen Job verliert,
weil er es nicht lassen kann, in fremde Schlafzimmer zu gucken.«
»Jetzt interessiert es mich eben.«
»Und auÃerdem interessiert Sie die Rache der Mafia«, sagte Mamma
Carlotta, ehe der Mayonnaise-Spender zu Boden polterte.
Vera Ingwersen war eine patente Person. Dieser Meinung
waren alle, sogar die eingefleischten Sylter, die ungern eine Frau in ihre
Mitte lieÃen, die jeden zweiten Satz mit »gell« beendete, Dirndl trug und
hartnäckig versuchte, bayerische Küche und bayerisches Ambiente auf der Insel
durchzusetzen.
»Na ja, vielleicht nicht auf der ganzen Insel«, korrigierte Carolin
sich selbst, während sie mit Mamma Carlotta die Braderuper StraÃe
entlangradelte, »aber zumindest in der Muschel II.«
Haarklein erzählte sie ihrer GroÃmutter, wie Vera Ingwersen nach
Sylt gekommen war und sich im Restaurant ihres Mannes schnell
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