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Tod im Dünengras

Tod im Dünengras

Titel: Tod im Dünengras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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hat?«
    Doch Erik hörte ihm nicht zu. »Die Staatsanwältin glaubt nicht an
die Mafia, also können wir diesen Todesfall so behandeln wie alle anderen. Aber
was ist, wenn sie sich irrt? Und wenn wir beide dann in die Schusslinie der
Mafia kommen?«
    Sören sah ihn beunruhigt an. »Ich habe nicht im Kopf, wie viele
Polizistenmorde allein auf das Konto der kalabrischen Mafia gehen.«
    Â»Und was ist mit Harm Ingwersen? Mit der Observierung sind wir zu
spät gekommen. Wie sollen wir den Kerl erwischen, der ihn erpressen wollte? Und
was ist, wenn es Ingwersen über kurz oder lang so geht wie Jesse?«
    Â»Vielleicht genehmigt die Staatsanwältin Personenschutz.«
    Â»Ob das reichen wird?«
    Â»Wir müssen mit anderen Gastwirten reden. Vielleicht finden sich
welche, die bereit sind, auszusagen.« Nun stellte Sören seinen Stuhl sogar auf
ein einziges Bein, indem er sich an der Schreibtischkante festhielt.
    Erik wandte den Blick erneut ab und strich seinen Schnauzer glatt,
wie er es immer tat, wenn er in Sorge war. »Die Bevölkerung darf nicht
verunsichert werden. Es wird Unruhe geben, wenn sich herumspricht, dass die
Mafia sich hier breitmacht. Die Angst wird grassieren.«
    Â»Die, die bisher schweigend gezahlt haben, werden diese Angst schon
kennen.«
    Â»Aber es wäre verdammt peinlich, wenn sich herausstellt, dass die
Staatsanwältin recht hat und ein kleiner Ganove sich als Mafioso aufspielt.«
    Ein Moment der Stille trat ein, Sören kippelte weiter mit seinem
Stuhl, Erik glättete sich den Schnauzer, als würde er dafür bezahlt. Beide
atmeten erleichtert auf, als das Telefon klingelte und sie aus ihren schweren
Gedanken geweckt wurden.
    Eriks Gesicht verlor den grüblerischen Ausdruck nicht, als er abnahm
und sich meldete. Dann wurde seine Miene schlagartig ungeduldig. »Warum rufst
du mich im Dienst an?«
    Plötzlich saß er kerzengerade da. »Was sagst du?«
    Sören, der erneut versuchte, sein Denk- und Kombinationsvermögen auf
einem einzigen Stuhlbein zu trainieren, wurde aufmerksam. Und als er dann
hörte, was geschehen war, passierte zum ersten Mal das, was Erik ihm schon oft
prophezeit hatte: Er fiel rücklings ins Zimmer.

Carlotta Capella hatte sich in einem Tafelservice
versteckt. Zwischen Suppentassen und Saucieren gab es eine Nische, in die hatte
sie sich gedrückt. Dort wurde sie von der Eingangstür nicht erkannt, und sie
selbst musste die Tote nicht sehen, die direkt hinter der Kasse lag, mit
verrenkten Gliedern und weit aufgerissenen Augen. Mamma Carlotta hätte es keine
Minute in der Nähe dieser Augen ausgehalten. Schlimm genug, dass sie sich dem
gebrochenen Blick nicht hatte entziehen können, während sie zum Telefon ging
und Eriks Nummer wählte. Danach hatte sie in aller Eile die Eingangstür
abgeschlossen und sich nach einem Platz umgesehen, an dem sie sich einbilden
konnte, dass alles nur ein fürchterlicher Irrtum oder ein böser Traum war.
Natürlich wäre sie viel lieber aus dem Laden gerannt und hätte Zeter und Mordio
geschrien, aber Erik hatte ihr eingeschärft zu bleiben, wo sie war, und darauf
zu warten, dass er am Tatort eintraf.
    Tatort! Wie war es möglich, dass sie zu einem Geschenkartikelladen
fuhr und an einem Tatort landete? Sie drückte sich noch tiefer in die Nische,
bis sie die Regalwände an beiden Seiten ihres Oberkörpers spürte. Sie wurde
gehalten, das tat ihr gut.
    Allmählich wurde sie ruhiger. Sie war in der Lage, sich umzusehen,
ohne dass ihr die leblose Gestalt Utta Ingwersens unter die Augen kam und die
Blutlache, in der ihr Kopf lag. Die Perlenmuschel bestand aus einem großen und
hohen Raum, der vermutlich in hellstem Licht erstrahlte, wenn die unzähligen
kleinen Scheinwerfer gegen die weißen Regale leuchteten. Im hinteren Teil gab
es eine zweite Ebene, eine Galerie, zu der eine steile Treppe hinaufführte.
Mamma Carlotta konnte dort den Bildschirm eines Computers erkennen und in einem
Regal verschiedene Aktenordner. Dort hatte sich Utta Ingwersen gestern Abend
wohl mit ihrer Umsatzsteuererklärung beschäftigt.
    Vor den Stufen stand ein großer Tisch, auf dem die Waren verpackt
wurden, daneben die Kasse. Unter der Galerie gab es einige Glasvitrinen, die
die Kostbarkeiten der Perlenmuschel enthielten: Armbanduhren, Schmuck,
nautische Geräte und Swarovski-Figuren. Sämtliche Vitrinen waren mit einem
Schloss gesichert,

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