Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Dünengras

Tod im Dünengras

Titel: Tod im Dünengras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
Vom Netzwerk:
»Wir haben die Wahl. Entweder, wir gehen ins Luzifer zu
einem späten Frühstück und überlegen dort, wie wir weiter vorgehen, oder wir
fahren nach Hause und sehen nach, wie weit meine Schwiegermutter mit dem
Mittagessen ist.«
    Sören entschied sich ohne zu zögern für die zweite Variante. Sie
schwiegen, bis sie in die Maybachstraße eingebogen waren und das Rathaus
passierten. Dann fragte Erik: »Wie weit ist Rudi Engdahl mit seiner Arbeit? Hat
er herausgefunden, wer am Abend, als Utta Ingwersen umgebracht wurde, in der
Muschel I gegessen hat?«
    Sören schüttelte den Kopf. »Zwei oder drei Sylter, die über jeden
Verdacht erhaben sind, alle anderen waren den Kellnern unbekannt. Touristen
eben! Niemand hat sich auffällig verhalten. An südländisch aussehende Männer
kann sich keiner erinnern. Es ist auch niemandem aufgefallen, dass jemand den
Tisch verlassen hat und nicht wiedergekommen ist.«
    Â»Und natürlich hat auch keiner beobachtet, dass sich jemand in die
Perlenmuschel schlich«, ergänzte Erik bitter.
    Â»Schade, dass Mierendorf von Frau Jesse nichts erfahren hat. Aber sie
bleibt bei ihrer ersten Aussage. Die Brieftasche ihres Mannes ist angeblich
verschwunden, sie hat die Kreditkarten sperren lassen.«
    Erik umrundete den Kreisverkehr am Norderplatz so langsam, als
traute er seinem Reifenprofil nicht. Und als sie die ersten Häuser
Wenningstedts erreichten, fuhr er nicht schneller als dreißig.
    Â»Wir werden einen Telebildabgleich machen. Kümmern Sie sich bitte
darum! Schicken Sie das Bild des Toten ans Bundeskriminalamt, die gleichen es
dann mit allen Interpol-Dienststellen ab.«
    Â»Vielleicht können wir den Fall ganz nach Italien abschieben?«,
fragte Sören hoffnungsvoll. »Henner Jesse wurde ein Opfer der Mafia, Utta
Ingwersen ebenfalls, und nun hat’s den Schutzgelderpresser selbst erwischt. Das
ist ein Fall für die Mafia-Jäger, nicht für uns!«
    Â»Er fällt aber in unsere Zuständigkeit«, entgegnete Erik, »und mir
wäre es lieber, wir könnten den Fall lösen, bevor die Staatsanwältin uns eine
Sonderkommission vor die Nase setzt.«
    Das Haus lag ruhig da, die Kinder waren noch in der Schule. Als Erik
die Tür aufgeschlossen hatte, stellte er enttäuscht fest, dass aus der Küche
kein Laut drang. Er sah seinen Assistenten bedauernd an und hob die Schultern.
»Sieht so aus, als hätte meine Schwiegermutter noch nicht mit uns gerechnet.«
    Â»Kein Wunder«, gab Sören zurück. »Es ist noch nicht mal zwölf.«
    Dann aber hörten sie das Geräusch. Es drang aus dem Keller, das war
leicht auszumachen. Beunruhigt stellte Erik fest, dass die Kellertür, die aus
robustem Stahl war und durch die kaum ein Laut drang, geschlossen war. Lucia
hatte im ersten Jahr ihrer Ehe dort unten einmal um Hilfe geschrien, weil ihr
im Wäschekeller eine Maus begegnet war, und Erik hatte es nicht gehört, weil
auch an jenem Abend die Kellertür geschlossen gewesen war. Was an dieser Tür
nicht scheiterte, war laut, sehr laut. Oder aber von einer Frequenz, die sich
überall durchsetzte.
    Â»Was mag das sein?«, flüsterte Erik.
    Mamma Carlotta war gekränkt. Sehr gekränkt sogar! Da
konnte Erik noch so oft versichern, er hätte es nicht so gemeint. Eine
Künstlerin zu verspotten, das war unverzeihlich. Erik konnte von Glück sagen,
dass die Vorbereitungen fürs Essen schon weit fortgeschritten waren, sonst
hätte Mamma Carlotta sich ernsthaft überlegt, die Küche zu bestreiken. Für
Sören hätte es ihr zwar leidgetan, der sich immerhin Mühe gab, seinen Fehler
wiedergutzumachen, aber auch sein breites Grinsen war ihr nicht entgangen und
dass er mühsam ein Lachen unterdrückte, genauso wenig. Also wäre der Verzicht
auf die Fischpastete auch für ihn eine gerechte Strafe gewesen.
    Â»Die Waschküche hat nun mal die beste Akustik«, erklärte sie immer
wieder. »Und Vera hat gesagt, wir müssen lernen, frei heraus zu singen.«
    Das hatte sie getan. Frei heraus mit dem Leid der zwei Königskinder!
»Gefühle zeigen!«, hatte Vera auch gesagt. Also hatte sie das schrecklich tiefe
Wasser besungen, als sollte sie selbst darin ertrinken. Und gerade als die
falsche Nonne die Kerzen auspustete, mit denen die Königstochter ihrem Liebsten
den Weg weisen wollte, hatte ihr Schwiegersohn plötzlich die Tür zur

Weitere Kostenlose Bücher