Tod im Dünengras
angeheirateter Verwandter. AuÃerdem
ist er seit Jahren verschwunden. Niemand weiÃ, was aus ihm geworden ist. Und
eigentlich kann es ja auch gar nicht sein! Ein solcher Zufall!«
Aber Erik merkte, dass sie sich selbst beruhigen wollte. Ein
Mitglied der Familie Capella war ermordet worden? Nein, das durfte nicht sein.
Da mussten sich Gründe finden, die dagegen sprachen. Mamma Carlotta fand viele,
aber nicht einer davon konnte Erik wirklich überzeugen.
Dann fiel ihr etwas ein, was Erik missmutig machte, weil er diese
Idee gern selbst gehabt hätte. »Ich rufe in Chiusi an. Wie lange habe ich schon
nicht mehr mit Giovanna und Maria telefoniert! Es wird höchste Zeit, dass ich
mich mal wieder bei ihnen melde. Und dabei werde ich ganz unauffällig nach
Francesco fragen. Wenn ich dann höre, dass er wieder in Chiusi aufgetaucht ist,
wissen wir, dass ich mich getäuscht habe. Wenn nicht â¦Â« Diesen Satz sprach sie nicht zu Ende, sondern stöhnte: »Dio
mio!« Dann begab sie sich auf die Suche nach der Telefonnummer von Maria, einer
früheren Nachbarstochter, die Carlottas frisch verwitweten Cousin geheiratet
und den missratenen Sohn Francesco mit in die Ehe gebracht hatte.
Der Ãrger über die Kränkung
war vergessen, Mamma Carlotta besaà sogar die Freundlichkeit, sich zunächst um
die Pasta alla rucola zu kümmern, damit Erik und Sören beschäftigt waren,
während sie telefonierte. Damit, dass dieses teure Ferngespräch nicht in fünf
Minuten zu erledigen war, fand Erik sich schon ab, bevor die italienische
Telefonnummer gewählt worden war, ebenso damit, dass Mamma Carlotta nicht zügig
zum Thema kommen würde. Natürlich wurde zunächst ausgiebig bejubelt, dass man
nach so langer Zeit wieder etwas voneinander hörte, dann kamen die Erörterungen
über den Gesundheitszustand jedes Familienmitglieds, über zu erwartende
EheschlieÃungen, über Seitensprünge und zu befürchtende Scheidungen, über
unerwartete Schwangerschaften und bedauerliche Todesfälle â¦
Erik und Sören aÃen schweigend ihre Nudeln. Sie merkten erst auf,
als zum ersten Mal der Name Francesco fiel, und bemühten sich, von Carlottas
Gesicht abzulesen, was sie über das schwarze Schaf der Capellas zu hören bekam.
Eriks Hoffnung fiel schnell in sich zusammen, denn die entzückte Miene seiner
Schwiegermutter und ihr helles Gezwitscher lieÃen darauf schlieÃen, dass es
Francesco gutging, dass er zu einem anständigen Lebenswandel zurückgefunden und
all seine Sünden bereut hatte.
Seine Mutter Maria hatte viele Tränen um ihn geweint, wie Mamma
Carlotta ihnen vor dem Telefonat berichtet hatte. Anscheinend kam der Junge
ganz auf seinen Vater, der ein verantwortungsloser, ja sogar krimineller Kerl
gewesen war. Allerdings auch ein sehr charmanter, gut aussehender, sodass Maria
trotz aller Warnungen auf ihn reingefallen war und sich Hoffnungen gemacht
hatte, über kurz oder lang seine Ehefrau zu werden. Dass er nichts dergleichen
im Sinn hatte, zeigte sich, als Maria schwanger wurde. Der Vater ihres Kindes
verschwand über Nacht und lieà nie wieder etwas von sich hören. Ihre
Bemühungen, seinen Aufenthaltsort herauszufinden, um Alimente von ihm zu
bekommen, verliefen im Sande. Maria war froh, als Carlottas Cousin ihr einen
Heiratsantrag machte und sie endlich die Familie bekam, die sie sich gewünscht
hatte.
Francesco lebte zu diesem Zeitpunkt bei seinen GroÃeltern, da Maria
gezwungen gewesen war, den Lebensunterhalt für sich und ihren Sohn zu verdienen
und keine Zeit für die Kindererziehung hatte. Ihre Eltern führten eine kleine
Pension in der Nähe von Chiusi, dort war Francesco aufgewachsen. Die GroÃeltern
hätten die Verantwortung für den schwer erziehbaren Enkel gern abgegeben, als
Maria heiratete, aber da Francesco schon bald die Erfahrung machte, dass sein
Stiefvater sich nicht auf der Nase herumtanzen lieÃ, lehnte er es ab, bei
seiner Mutter und ihrem Ehemann zu leben. So mussten sich die armen GroÃeltern
weiterhin mit dem Jungen rumplagen, der ständig die Schule schwänzte, in
Schlägereien verwickelt war, immer wieder beim Diebstahl erwischt wurde und
nicht einmal davor zurückschreckte, seinen eigenen GroÃeltern ins Portemonnaie
zu greifen. Dann war er eines Tages verschwunden und mit ihm sämtliche
Ersparnisse der armen Alten. Die hatten seit vielen Jahren Geld
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