Tod im Dünengras
Anerkennung guttat. Er
hoffte nur, die Staatsanwältin möge nicht fragen, wie er zu diesen
Ermittlungsergebnissen gekommen war. Er hätte ungern zugegeben, dass dieser
Erfolg eigentlich seiner Schwiegermutter zu verdanken war. Damit hätte er einen
Teil der Anerkennung gleich wieder verloren. AuÃerdem durfte er nicht zulassen,
dass die Staatsanwältin nach einem Gespräch mit Mamma Carlotta verlangte, um
mehr zu erfahren. Die Vorstellung, dass diese beiden Frauen aufeinandertrafen,
verursachte ihm schlagartig Magenschmerzen.
Zum Glück fiel ihm etwas ein, womit er von den eigentlichen
Ermittlungsergebnissen ablenken konnte. »Ich brauche die Dolmetscherin aus
Flensburg. Girotti spricht nur Italienisch, kein Deutsch.«
»Auch kein Englisch?«
Erik schüttelte den Kopf und hoffte, dass er nicht rot wurde. Auf
keinen Fall wollte er der Staatsanwältin gestehen, dass es um seine
Englischkenntnisse derart schlecht bestellt war, dass er den italienischen
Commissario gar nicht darum gebeten hatte, es mit dieser Sprache zu versuchen.
Von Sören wusste er, wie ungern er sich auf Englisch unterhielt, Enno
Mierendorf und Rudi Engdahl brauchte man gar nicht erst zu fragen. »AuÃerdem
ist ja bekannt, wie die Italiener Englisch sprechen«, ergänzte er frech und schaffte
es noch immer, sich seine Verlegenheit nicht anmerken zu lassen.
»Sie müssen es wissen.« Nun lächelte Frau Dr. Speck sogar. »Sie
waren ja mal mit einer Italienerin verheiratet.«
Erik hoffte, dass sie ihm die Erleichterung genauso wenig ansah wie
kurz zuvor sein Schuldbewusstsein. »Sprachliche Barrieren können wir nicht
gebrauchen. Was Girotti uns zu sagen hat, ist wichtig. Es darf keine
Missverständnisse geben.«
Die Staatsanwältin pflichtete ihm bei. »Haben Sie schon eine Idee,
was hinter diesem Mord steckt?« Sie sah nun so aus, als sei sie tatsächlich an
Eriks Meinung interessiert.
»Wir müssen unbedingt die Geldeintreiber finden«, sagte Erik. »Ich
gehe davon aus, dass diese beiden Henner Jesse und Utta Ingwersen auf dem
Gewissen haben. Womöglich sind sie auch für den Tod des Mafioso verantwortlich.
Allerdings liegt das Motiv noch im Dunkeln.«
»Vielleicht ein Erpressungsopfer, das sich gerächt hat?«
Aber Erik wies ihre Vermutung mit so groÃer Sicherheit zurück, dass
sie sie nicht wiederholte. »Würde der Mafioso sich nachts mit einem seiner
Opfer am Strand treffen? Noch dazu ohne Begleitung? Und umgekehrt â würde eines
der Opfer sich mit dem Mafioso nachts an der Buhne 16 verabreden?«
»Vielleicht hat es keine Verabredung gegeben«, überlegte die Staatsanwältin,
»sondern jemand hat den Mafioso zufällig beobachtet und ist ihm heimlich
gefolgt. Und dann hat er seine Chance genutzt.«
»Jemandem heimlich durch die Dünen zu folgen, ist schwer. Und was
ist mit der Tatwaffe? Wer hat schon zufällig etwas bei sich, mit dem man einen
Menschen erschlagen kann?«
Die Staatsanwältin nickte. »Sie haben recht. Die These können wir
vergessen.«
»AuÃerdem fehlt sein Handy. Ich gehe fest davon aus, dass er eins
bei sich trug. Also wird der Mörder es ihm abgenommen haben. Das spricht dafür,
dass es vorher eine telefonische Verabredung geben hat.«
»Und der Name des Mörders befand sich in der Anrufliste«, ergänzte
Frau Dr. Speck.
»Ich glaube eher an ein Motiv innerhalb der Mafia«, fuhr Erik fort.
»Vielleicht ist jemand geschickt worden, der Francesco Corrado umlegen sollte.
Es gibt Spuren, die wir weder neben Henner Jesse noch neben Utta Ingwersen
gefunden haben. Abdrücke sehr groÃer Schuhe. GröÃe siebenundvierzig!«
»Warum sollte der Mafioso umgelegt werden?«
»Vielleicht, weil er seine Kompetenzen überschritten hat? Die
Mafiabosse sind nicht zimperlich.«
»Dann dürften die Geldeintreiber mittlerweile verschwunden sein«,
sagte die Staatsanwältin nachdenklich. »Und der Mann mit den groÃen FüÃen
natürlich auch.«
»Das ist anzunehmen. Wenn wir die Wohnung des Mafioso gefunden
haben, sehen wir vielleicht klarer. Dann werden wir hoffentlich wissen, wie
seine Verbindungen zur Mafia aussehen, welche Pläne er hat, in welchem Auftrag
er agiert. Und vorher das Gespräch mit Neapel! Das wird uns sicherlich auch
weiterbringen.«
»Und wie lange wollen Sie auf den Anruf warten?«
Erik sah sie
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