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Tod im Dünengras

Tod im Dünengras

Titel: Tod im Dünengras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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schmurgelte – zumindest, wenn Mamma Carlotta im Hause war.
    Der Gesang der beiden hatte ihn begleitet, während Sören und er die
Treppe zum Gastraum der Muschel II
hinabgestiegen waren. Unten hatte Erik zwei Füße stehen sehen, die in zwei
schwarzen Lederschuhen steckten, höchstens Größe vierundvierzig, eher
dreiundvierzig. Feucht waren sie und wiesen schmutzige Ränder auf. Sie wollten
nicht recht zu dem makellosen schwarzen Anzug Arne Ingwersens passen.
    Er hatte Susanna Larsen streng angesehen. »Es wird Zeit!«
    Susanna hatte sich an ihm vorbeigedrängt und war in den Gastraum
geeilt, ohne ein Wort zu sagen.
    Â»Es war meine Schuld«, hatte
Erik erklärt. »Ich hatte einige Fragen an Ihre Kellnerin, die wirklich wichtig
waren.«
    Diese Auskunft schien Arne Ingwersen nicht zu versöhnen, er sah noch
immer sehr ärgerlich aus. »Gibt’s was Neues?«, hatte er gefragt. »Wissen Sie
nun, wer meine Mutter auf dem Gewissen hat?«
    Erik hatte weder nicken noch den Kopf schütteln wollen, so zuckte er
nur mit den Schultern. »Es fehlen uns noch die Beweise«, sagte er und sah sich
um. Dann entschied er, dass es an dieser Stelle zu viele Zuhörer geben konnte.
»Können wir kurz in Ihr Büro gehen?«
    Es war Arne Ingwersen anzusehen, dass er den Hauptkommissar lieber
verabschiedet hätte, aber er nickte und ging ihm voran auf die Bürotür zu.
Sören verkrümelte sich in den Gastraum, wo er sicher noch den einen oder andern
Blick auf Susanna Larsen erhaschen konnte.
    Arne Ingwersen ließ Erik in sein Büro eintreten, schloss die Tür,
machte aber keinen Schritt in den Raum hinein, sondern blieb, mit der Türklinke
in der Hand, stehen. Es lag ihm anscheinend daran, die Unterredung so kurz wie
möglich zu halten.
    Erik hatte Verständnis für ihn. Der Mann stand unter Druck, das sah
man auf den ersten Blick. Kein Wunder nach der Ermordung seiner Mutter und den
Erpressungen der Mafia, die gar keine gewesen waren. Zumindest diese Sorge
wollte er Arne Ingwersen nehmen. »Mit den Besuchen des Schutzgelderpressers
brauchen Sie nicht mehr zu rechnen«, sagte er. »Die beiden Geldeintreiber
werden auch nicht mehr bei Ihnen erscheinen.«
    Nun wurde Arne Ingwersens Blick unsicher. Er machte einen Schritt
ins Zimmer hinein. »Mein Vater …«,
begann er, brach dann aber hilflos ab und starrte auf seine schmutzigen Schuhe.
    Â»Ja, er tut mir auch sehr leid«, bestätigte Erik. »Sein Mut hat sich
nicht ausgezahlt. Wenn er auf die Erpressungen eingegangen wäre, dann würde
Ihre Mutter noch leben. Er konnte nicht ahnen, dass der Spuk so schnell und
ganz von selbst vorbei sein würde.«
    Â»Wie mag er sich fühlen?«, stieß Arne Ingwersen hervor.
    Â»Sie wissen, dass Ihr Vater ein starker Mann ist«, entgegnete Erik.
»Er erträgt diese Niederlage genauso tapfer wie den Tod Ihrer Mutter und seine
Schuldgefühle.«
    Es hatte Erik gerührt, als er beobachtete, wie die Augen Arne
Ingwersens sich mit Tränen füllten. Er gehörte zu den wenigen Männern, die
nichts von ihrer Attraktivität verloren, wenn sie Schwäche zeigten oder gar
weinten.
    Â»Das hat mein Vater wirklich nicht verdient«, hatte Arne Ingwersen
geflüstert.
    Erik hatte ein paar Augenblicke gewartet. Doch Arne Ingwersen verlor
kein einziges Wort über seine Mutter. Sein Bedauern richtete sich
ausschließlich auf seinen Vater. Kein Wort davon, dass dessen Zivilcourage
seine Mutter das Leben gekostet hatte. Kein Wort davon, dass sie mit ihrem
Leben für etwas zahlen musste, von dem sie nichts geahnt hatte.
    Nach dem Gespräch hatte Erik beobachtet, wie er zu einem Tisch ging,
wo er von Gästen erwartet wurde, die ihm anscheinend ein Kompliment für die
gute Weinauswahl machen wollten. Arne Ingwersens Haltung war aufrecht, wenn
auch ein wenig steif, er lächelte zuvorkommend, wenn auch ohne Herzlichkeit. Er
tat, was sein Vater von ihm erwartete, aber er würde trotzdem niemals so werden
wie sein Vater. Nicht so mutig, nicht so souverän. Eigentlich war er zu
bedauern. Er würde wohl niemals sein eigenes Leben führen, sondern immer nur
versuchen, wie sein Vater zu werden, und nie mit sich zufrieden sein können.
    Erik sah sich noch einmal um, ehe er zusammen mit Sören die Muschel II verließ. Hoffentlich würde Vera am Abend
noch ins Restaurant kommen und ihren Mann auf seine

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