Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)
dröhnte aus den Boxen. Selbst der mit allen Wassern gewaschene DJ starrte mit offenem Mund auf die Tanzfläche. Maria tat, als kenne sie das beschwipste Monstrum mit den rudernden Armen nicht, was aber inkonsequent war, denn schließlich hatten sie und Herr Schweitzer sich einst gelobt, auch in schweren Zeiten zusammenzustehen. Nun deuchte ihr auch, warum ihr Liebster sich immerfort mit den fadenscheinigsten Ausreden vor dem Tanzen gedrückt hatte. Sie hatte ihre Lektion gelernt. Als Herr Schweitzer stolz wie Oskar an den Tisch zurückkehrte, bereitete sie schon die Flucht vor. Diesmal war es an Maria, Kniebeschwerden vorzutäuschen. Auch sagte sie sich, Simon besitze so viel innere Werte, daß es auf so ein bißchen Amotorik nicht ankomme. Trotzdem war sie heilfroh, endlich wieder draußen zu sein, nicht mehr die ungläubigen Blicke im Rücken zu spüren. Am Himmelszelt strahlte die silberne Schleppe des Mondes.
„Da seid ihr ja endlich“, wurden sie von Bertha begrüßt. „Ich versuch schon die ganze Zeit, euch zu erreichen. Die Italiener waren da und sind mit einem Treffen einverstanden. Am Sonntag schon. René und Semmler kommen auch gleich vorbei. Wo wart ihr denn?“
„Tanzen“, sagte Herr Schweitzer.
„So ähnlich“, sagte Maria.
„Mit deinem Bauch wär Bauchtanz vielleicht besser“, sagte Bertha.
Mist, dachte Herr Schweitzer und sah an sich herunter, hab ich doch die letzten Tage mein Sportstudio glatt verschwitzt.
Als erster erschien René. „Ab sofort herrscht Alkoholverbot“, verkündete er ohne jede einleitende Begrüßung.
„Haben sie dir ins Hirn geschissen?“ erkundigte sich Bertha.
Herr Schweitzer wandelte auf den Spuren der Wirtin: „Wieso denn das?“
„Weil sich in den nächsten achtundvierzig Stunden alles entscheidet. Da halte ich es für unumgänglich, einen klaren Kopf zu behalten. Ich meine das ernst, wir dürfen uns nicht den geringsten Fehler erlauben, wollen wir überhaupt eine Chance haben. Ich brauche wohl nicht extra zu betonen, wie hundsgemein unsere Gegner sein können.“
Das war vernünftig. Bertha eingeschlossen machte sich eine allgemeine Zustimmung breit, auch wenn
hundsgemein
eher euphemistisch klang.
Zaghaft fragte Maria, die René ob seiner dramatischen Worte sogleich die Chefrolle zubilligte: „Aber austrinken wird man wohl noch dürfen?“
„Natürlich“, antwortete René, der ziemlich geschafft aussah. „Ich habe die letzten Tage ein paar Dinge vorbereitet, die uns sehr nützlich sein können.“
„Was denn?“ wollte Herr Schweitzer wissen.
„So dies und das. Unter anderem habe ich ein paar Jungs damit beauftragt, bei den russischen Hintermännern in die Wohnung einzubrechen.“
Maria: „Wozu das denn?“
René lächelte verschmitzt. „Um dort Heroin zu verstecken.“
Herr Schweitzer: „Kapier ich nicht.“
„Mensch, Simon, ist doch logisch. Während wir übermorgen mit dem Ebbelwei-Expreß beschäftigt sind, durchsuchen die Bullen gleichzeitig die Wohnungen von diesen Pennern. Und was werden sie finden?“
Herr Schweitzer: „Heroin?“
„Genau.“
Bertha: „Arbeiten wir jetzt doch mit den Bullen zusammen? Ich dachte, das bringt nix.“
„Nein, nein. Vom Ebbelwei-Expreß wissen die natürlich nichts, das ist ganz allein unser Ding. Aber bei den Angels mischt auch ein Oberkommissar mit. Dem hab ich vor drei Tagen die Adressen zugesteckt. Der hat das seinen Kollegen dann als anonymen Tipp verkauft. Er mußte mir versprechen, daß die Durchsuchung am Sonntag läuft.“
Herr Schweitzer hatte das Gefühl, von den Ereignissen überrollt zu werden. Eben hatte er noch unbedarft das Tanzbein geschwungen und jetzt ging es auf einmal um Leben und Tod. Er wünschte sich, es wäre schon Montag. Das wäre schön, den ganzen Schlamassel hinter sich zu haben. Gedankenverloren nippte er an seinem Rotwein.
Und dann erschien Buddha Semmler. Was heißt erschien? Glasigen Blickes torkelte er herein. „Hallöchen alle miteinander. Komm gerade von zu Hause.“
Bertha zu René: „Das mit dem Alkoholverbot hast du unserem Semmler wohl vergessen zu sagen, hä?“
„Der darf das.“
Herr Schweitzer: „Fair ist das nicht. Der darf das und wir sitzen gleich auf dem Trockenen.“
Buddha Semmler: „Was darf ich?“
Herr Schweitzer: „Saufen.“
Buddha Semmler: „Ach nee. Hicks. Bertha, eine Flasche Roten für’s Geburtstagskind.“
Maria: „Du hast Geburtstag? Herzlichen Glückwunsch auch.“
„Nein, nein, nein, noch nicht. Am Montag
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