Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Titel: Tod im Ebbelwei-Express (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
Vom Netzwerk:
zweieinhalbtausend Jahren und bedeutet die Kunst zu leben. Komisch, daß ich erst jetzt drauf gestoßen bin. Goenka sagt“, wahrscheinlich ist das der Name der Obergururs, hatte Herr Schweitzer gedacht, „mit Vipassana erlangst du Frieden und Harmonie. Voraussetzung ist die richtige Atemtechnik, die kann man lernen. Spürst du zum Beispiel Ärger herannahen, fängst du sofort mit der richtigen Atemtechnik an. Guck, so.“ Und Laura demonstrierte ihm die richtige Atmung, gleichmäßig und leicht sog sie die Luft ein. Herr Schweitzer fragte sich, ob die Mafia sich trollen würde, sobald er, Herr Schweitzer, zur Abschreckung für alle sichtbar richtig zu atmen begänne. Irgendwie haperte es mit seiner Phantasie, er konnte es nicht so recht glauben. „Und du meinst das reicht?“ hatte er sich vergewissert. „Na klar, Simon, durch die richtige Atmung löst sich automatisch der innere Knoten und du fängst an, dich zu entspannen.“ Okay, hätte er sich auch denken können, dachte Herr Schweitzer, die Mafia würde sich nicht trollen, allenfalls würde er mit einem Lächeln auf den Lippen sterben, weil er innerlich nicht mehr ganz so fürchterlich verknotet war. „Ganz wichtig dabei ist, die sich einstellende Unreinheit des Geistes sofort zu erkennen, Simon, ganz, ganz wichtig.“ Oh, damit habe ich keine Probleme, eine Pistole zu erkennen ist nicht so schwer. „Und wenn du erst einmal so weit bist, Simon, daß du das erkennen kannst, dann ist es nicht mehr weit und du besitzt die Herrschaft über den eigenen Geist. Nehmen wir zum Beispiel die Telefonrechnung.“ Herr Schweitzer nahm die Telefonrechnung, die zufällig heute eingetrudelt war, in die Hand. „Nein, so natürlich nicht, ich meine, du öffnest den Briefumschlag und hast das Gefühl, da haben die von der Telekom dich aber wieder mächtig abgezockt.“ Herr Schweitzer nickte, ja, das sei schon vorgekommen. „Siehst du, und die richtige Atemtechnik bringt dich dazu, die Dinge gelassener zu sehen, weil sie dazugehören und du sie sowieso nicht ändern kannst, so einfach ist das.“ Schade, hatte Herr Schweitzer noch gedacht, Vipassana ist halt doch kein probates Mittel, keine echte Alternative zum Ebbelwei-Expreß, aber nach jahrelangem Zusammenleben wußte er, was Laura zu hören wünschte: „Logo, hört sich gut an, werde ich bestimmt demnächst mal ausprobieren, dieses Vipassana.“
    Und so vermutete er heute richtig, im Nebenzimmer fand Vipassana statt, er hörte es förmlich atmen. Als einfühlsamer Mensch wollte er nicht stören, so verzog er sich mit seinem heißen Kaffee wieder ins Bett. Sitzend ließ er wieder einmal die Frankfurter Skyline auf sich wirken. Das war heute besonders gewinnbringend, denn die liebliche Abendsonne verlieh den Geldpalästen eine fast schon pittoreske Ausstrahlung. Seine Gedanken verfolgten kein bestimmtes Ziel, streiften mal dies, mal jenes. Auf zielorientierte Menschen mag solch ein planloses Freizeitverhalten vielleicht unseriös wirken, für Herrn Schweitzer aber war es eine helle Freude, sich einfach nur treiben zu lassen, auch ohne Vipassana.
    In den letzten Tagen hatte er das Weinfaß gemieden, einfach um Abstand zu gewinnen, und sich lesend hauptsächlich im Bett getummelt. Doch auf Dauer war das langweilig und so befaßten sich seine Gedanken kurz mit dem Thema Abendgestaltung. Zum Kochen hatte er keine große Lust. Vielleicht sollte ich mal wieder zum Griechen gehen, überlegte er, als das Telefon klingelte.
    „Simon Schweitzer, guten Abend.“
    Es war seine Liebste, die vorschlug, heute doch mal tanzen zu gehen, da habe sie großen Bock drauf. Überall gäbe es Veranstaltungen, Tanz in den Mai stand auf den Programmen. Maria präferierte den Südbahnhof, das sei nicht so weit, Simon habe ja auch schon ein paar Jährchen auf dem Buckel.
    In Herrn Schweitzers Dasein hatte die Tanzerei noch nie eine Rolle gespielt, stets hatte ihm Terpsichore ihren Kuß verweigert, was dazu führte, daß selbst ein einfacher Viervierteltakt ihn ins Stolpern bringen konnte. Nur allzugut, als wäre es gestern gewesen, erinnerte er sich an seinen ersten und letzten Tanzkurs, als beim Abschlußball die Mutter der Tanzpartnerin, die zum Walzer aufzufordern er aufgefordert worden war, ihn am Ende des Tanzes gefragt hatte, ob er, junger Mann, denn nicht mal tanzen lernen wolle. Selbstverständlich war der kleine Herr Schweitzer errötet, denn die kein Blatt vor den Mund nehmende Dame hatte in vollem Umfange recht, weil das, was ein

Weitere Kostenlose Bücher