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Tod im Jungfernturm

Tod im Jungfernturm

Titel: Tod im Jungfernturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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besprechen.« Arvidsson sah Trygvesson mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an und wich Marias forschendem Blick aus.
    »War das AK4 im Haus?« erkundigte sich der Kommissar.
    »Nein, er hatte die Waffe wahrscheinlich im Auto«, sagte Arvidsson. »Wir müssen also damit rechnen, daß sie weg ist. Ich glaube auch, daß Mona Jacobsson mehr weiß, als sie sagt. Wen schützt sie wohl? Natürlich hatte sie hohes Fieber, aber Maria, du hattest doch den Eindruck, als hätte sie die Waffe irgend jemandem gegeben, nicht wahr? Sie hat auch gesagt: Eine Mutter tut alles für ihren Sohn. Welchen von beiden? Hat sie damit etwas Bestimmtes gemeint, oder war das eine allgemeine Feststellung?«
    Arvidsson lehnte sich zurück und rieb sich die Augen. Trygvesson schloß die Augen. Es war, als würde er mit seiner Müdigkeit alle anderen anstecken. Hartman gähnte diskret hinter vorgehaltener Hand.
    Maria ärgerte sich immer mehr über die phlegmatische Haltung des Kommissars. Er war schließlich nicht der einzige, der müde war, und da sollte er sich mal etwas zusammenreißen, wie alle anderen auch. Maria und Hartman waren die ganze Nacht aufgewesen und hatten laute, betrunkene und weinende Jugendliche befragt, von denen einige nicht einmal in der Lage gewesen waren, auf einfache Ja-oder-nein-Fragen zu antworten. Trygvesson dagegen war nicht im Dienst gewesen und hätte deshalb eine bessere Figur abgeben können, als er es gerade tat.
    »Ich werde Mona Jacobsson befragen, wenn sie wieder zu sich gekommen ist«, sagte er, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Die Leiche von Birgitta Gullberg ist heute morgen in die Gerichtsmedizin geschickt worden. Es wird wohl einen Tag dauern, bis wir ein vorläufiges Ergebnis bekommen. Hat jemand schon ihren Freund befragen können, Arne Folhammar?«
    »Nein, er hat in der Notaufnahme ein Beruhigungsmittel bekommen. Ich glaube, der Krankenhauspfarrer hat ihn nach Hause gebracht. Ich habe ein paar Mal versucht, ihn anzurufen, aber es geht niemand ran«, sagte Arvidsson. »Ich habe vor hinzufahren, wenn wir hier fertig sind.«

    Arne Folhammar stand unschlüssig mitten in der Schmiede. Sein Rücken war dunkel von Schweiß, nachdem er im Gegenwind nach Brissund geradelt war. Er hatte bei jedem Tritt seine ganze Wut in die Pedale gelegt. Birgitta war nicht hier. Und doch erschien sie ihm so nah an diesem Platz, an dem sie gearbeitet hatte. Er fuhr über den Amboß, die Walze und den Eisenhammer. Nur die Zeit hinderte ihre Fingerspitzen daran, sich an diesem Platz, an dem ihre Hände gearbeitet hatten, zu begegnen. Ihre waren dagewesen, seine waren jetzt da. Wenn die Zeit plötzlich stehenblieb, würde er sie erreichen können. Er nahm die silberne Brautkrone aus der Vitrine, drehte sie und beobachtete, wie die durchsichtigen Steine das Licht einfingen. Die Leere in ihm wuchs und füllte den Raum erstickender Sehnsucht.
    Immer wenn er entschieden hatte, daß etwas groß und wichtig war, entglitt es ihm. Einen Augenblick lang hatte er gespürt, daß er für das geliebt wurde, was er war, einen kurzen Augenblick in einem ganzen Leben. Mit Birgitta zusammen hatte es Versöhnung und Großzügigkeit gegeben, wie er sie noch nie erlebt hatte. Ein Augenblick des Glücks und der Heilung, der sich nun in völliges Nichts aufgelöst hatte.

    Arvidsson fand Arne Folhammar nach ein paar Stunden Suche auf dem Fußboden in der Schmiede. Die Tür war aufgebrochen, und vor dem Eingang lag ein achtlos hingeworfenes Fahrrad. Es war ganz still, und die Sonne brach durch die großen Fenster herein. In den Sonnenstrahlen fing sich der Staub, der sonst unbemerkt zu Boden gefallen wäre. Die großen Stoffbahnen bewegten sich sanft im Luftzug.
    Arne schlief nicht, was man zunächst hätte vermuten können. Er lag auf der Seite, die Beine angezogen. Er starrte, ohne etwas zu sehen, über das Meer. Er bewegte sich erst, als Arvidsson die Hand auf seinen Rücken legte. Die Brautkrone fiel ihm aus den Händen und rollte über den Boden.
    »Wie geht es Ihnen?«
    »Ich kann einfach nicht begreifen, daß sie fort ist! Wenn ich sie nicht selbst im Arm gehalten und gesehen hätte, daß sie tot war, würde ich es für eine Lüge halten. Sie hatte so viel Leben in sich. Ich kann es einfach nicht begreifen.«
    »Ich auch nicht.« Da gab es nicht viel mehr zu sagen. Arvidsson hob vorsichtig die Krone auf, setzte sich in den Sessel und wartete.
    »Es ist alles Christoffers Schuld. Er ist auf die Idee gekommen, daß man einen

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